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Leitlinie „Acute Extremity Compartment Syndrome (CS) and the Role of Fasciotomy in Extremity War Wounds“ des JTS

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 25.07.2016
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Grundsätzliches

  • klinisches Syndrom, bei dem ein hoher Druck im myofaszialen Raum die Durchblutung und das Gewebes schädigt
  • bis ca. 11 % der zivilen Schienbeinfrakturen führen zu einem Kompartmentsyndrom
  • therapeutische Fasziotomie ist bei nachgewiesenem Kompartmentsyndrom indiziert
  • prophylaktische Fasziotomie erwägen, wenn ein erhebliches Risiko für ein Kompartmentsyndrom besteht
  • wichtigste Bewertungs-Faktoren sind der Schweregrad der Extremiotätenverletzung (v.a. Gefäßverletzungen) und die Gesamtschweregrad aller Verletzung (v.a. Schockzustände)
    • Volumentherapie > 5 L kristalloider Lösungen gilt auch als geringer Risikofaktor
  • Gewebeödem und die anschließende verletzungsbedingte Schwellung erreichen nach 1 bis 2 Tagen den Höhepunkt
    • zusätzliche Schwellungen durch Reperfusion nach Ischämie der Verletzung (z.B. Revaskularisation und Tourniquet-Anlage) können die max. Zeit der Schwellung weiter verzögern
  • hohe Flughöhen tragen grundsätzlich nicht zum Kompartmentsyndrom bei

Diagnostik & Untersuchung

  • verletzungsbedingtes Gewebeödem erreicht nach 24 – 48 h den Höhepunkt
  • Anzeichen/Symptome eines Kompartmentsyndroms (klassische „5 P’s“)
    • Pain (Schmerzen)
      • Schmerzen stehen in keinem Verhältnis zur Verletzung; Schmerzen treten bei passiver Dehnung der Muskelgruppe auf
      • Schmerzsymptomatik meist durch Gesamtumstände (Vigilanzminderung, Bewusstlosigkeit, Sedierung, maschinelle Beatmung) überdeckt
    • palpably tense muscle compartments (spürbar gespannte Muskelpartien)
      • Befund meist sehr subjektiv
    • Paralysis (Lähmungen)
      • kein absolutes Indiz, da sie auch durch ein direktes Trauma entstehen können
    • Paresthesia’s or sensory deficit (Parästhesien oder sensorische Defizite)
      • kein absolutes Indiz, da sie auch durch ein direktes Trauma entstehen können
    • Pulselessness (Pulslosigkeit)
      • spätes und eher unsicheres Zeichen
  • häufigste betroffene Bereiche: Vorderseite des Beins (verursacht durch Tibiafraktur)
    • offene Frakturen, auch mit traumatischer Fasziotomie, haben höhere Kompartmentsyndrom-Raten als geschlossene Frakturen
  • passiver Dehnungsschmerz (z.B. Dorsalflexion des Knöchels), Palpation der Muskeln auf Spannungen und Pulsqualität bilden die Hauptgrundlage für die klinische Beurteilung

Durchführung der Fasziotomie

  • sobald/sofern die Entscheidung für eine Fasziotomie getroffen wurde, muss eine vollständige Fasziotomie durchgeführt werden
  • alle Kompartimente in der betroffenen anatomischen Region werden auf der gesamten Länge freigelegt
    • an Wade/am Bein müssen das anteriore, das laterale, oberflächliche posteriore und das tiefe Kompartiment durch Inzisionen in voller Länge geöffnet werden
    • am Unterarm müssen das oberflächliche und das tiefe Kompartiment durch Inzision, die vom Aponeurosis musculi bicipitis bis zum Karpaltunnel reicht, freigelegt werden; dorsales Kompartiment, falls betroffen, durch separate Inzision öffnen
  • Zweischnitt-Technik bevorzugen
  • bei prähospitaler Fasziotomie ggf. unkontrollierbare Blutungen und iatrogene neurovaskuläre Verletzungen bedenken
Published inLeitlinien kompakt

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