veröffentlichende Fachgesellschaft: European Society of Anaesthesiology and Intensive Care (ESAIC)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.01.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://journals.lww.com/ejanaesthesiology/fulltext/9900/airway_management_in_neonates_and_infants_.147.aspx
- „unvorhergesehene schwierige Intubation“ = zwei fehlgeschlagene endotracheale Intubationsversuche
- Anamnese und körperlicher Untersuchung zur Vorhersage eines schwierigen Atemwegs (Risikofaktoren sind z.B. Mikro-, Retro-/Prognathie, eingeschränkte Mundöffnung, Gesichtsasymmetrie, eingeschränkte HWS-Mobilität, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und orale/halsnahe Gewebsanomalien)
Vorbereitung & medikamentöse Therapie
- angemessene Sedierung(stiefe) oder Vollnarkose während Atemwegsmanagement
- Muskelrelaxanz vor endotrachealer Intubation, sofern Aufrechterhaltung der Spontanatmung nicht erforderlich ist (Abwägung von Risiken und Vorteilen im Einzelfall)
endotracheale Intubation
- Verwendung eines Video-Laryngoskops mit altersangepassten Standard-Spateln (Macintosh oder Miller) als Vorgehen der 1. Wahl bei endotrachealer Intubation
- apnoische Oxygenierung (mit niedrigem/hohem Flow) während der endotrachealen Intubation bei Neugeborenen, abhängig vom Hypoxämierisiko und der Erfahrung der Intubierenden
- gecuffete sowie ungecuffete Tuben sind sicher verwendbar (CAVE: gecuffete Tuben erst bei Kindern > 3 kg)
- Cuffdruck wie laut Herstelleranweisung (nicht > 20 – 30 cmH2O)
- keine generelle Empfehlung für nasale Intubation bei Neugeborenen & Säuglingen (CAVE: Blutungsrisiko, ggf. topischer Einsatz von Vasokonstriktoren)
- SGA-Einsatz für notfallmäßige Atemwegssicherung, wenn endotracheale Intubation frustran und/oder Maskenbeatmung nicht suffizient
- Entwicklung & Verwendung von kognitiven Hilfsmitteln für die ETI bei Neugeborenen & Kleinkindern
Management des schwierigen Atemwegs
- Vorhaltung von Videolaryngoskop sowie flexiblen bzw. starren/halbstarren Videoendoskop in altersangepassten Größen, zusätzlich zum Standardmaterial für die Intubation wie SGA und Beatmungsbeutel mit Maske
- Begrenzung der ETI-Versuche durch regelmäßige Neubewertung des klinischen Zustands sowie dem Wechsel zu einer anderen Technik nach jedem (frustranen) Versuch
- nach dem 4. Intubationsversuch sollte ein Intubationsabbruch erwogen werden und, falls möglich, die Patient*innen aufgeweckt werden
- keine ausreichende Evidenz für Empfehlung hinsichtlich des bevorzugten Patient*innenkollektivs für die Intubation mit hyperangulierten Spateln
- bei frustraner Intubation mit Standardspatel und/oder schwierigem Atemweg Verwendung von Alternativen wie hyperangulierten Spateln oder flexible/starre Bronchoskopie allein/mit Video-Laryngoskopie oder flexible Bronchoskopie über SGA
- Nutzung von Führungsstäben bei der Verwendung von hyperangulierten Laryngoskopspatel
- keine routinemäßige Nutzung von Führungsstäben (CAVE: Verwendung von Bougies in geeigneter Größe bei schwieriger Intubation oder zur Erleichterung des Einführen des Tubus)
- bei eingeschränkter Mundöffnung Nutzung von flexibler Bronchoskopie über die Nase
- Möglichkeit der fiberoptischen ETI über SGA oder über die Nase bei gleichzeitiger Sauerstoffgabe über das andere Nasenloch erwägen
- Verwendung eines starren Bronchoskops bei Schwellung, die Kehlkopfeingang blockiert, oder Verengung der oberen Atemwege (CAVE: am besten im multidisziplinären Team mit HNO-Ärztin/Arzt)
- chirurgische Atemwegssicherung (Luftröhrenschnitt) bei frustraner ETI, O2-Gabe sowie Beatmung über SGA, insuffizienter Maskenbeatmung oder nicht wiederherstellbarer Spontanatmung (CAVE: keine Empfehlung bzgl. der Technik der chirurgischen Atemwegssicherung; chirurgische Krikothyreoidotomie und perkutane Nadelkrikothyreoidotomie sind bei Neugeborenen und Säuglingen ungeeignet)
- ECMO als Notfallmaßnahme bei schwierigem Atemweg und bei Nicht-Rückgängigmachen der Narkose erwägen, wenn Expertise und Ausrüstung vorhanden
Bestätigung der erfolgreichen ETI
- nach erfolgreicher Intubation sofortige Überprüfung von selbiger anhand klinischer Beurteilung (beidseitige & symmetrische Atemgeräusche) und etCO2 (CAVE: bei schwieriger Intubation Second Look mit Video-Laryngoskopie, etCO2-Messung und Sonografie)
- Überprüfung der Tubusposition bei schwierigem Atemweg und/oder Patient*innen mit anhaltender klinischer Instabilität durch Thorax-Röntgen, Visualisierung der Carina mit flexibler Fiberoptik und/oder Thorax-Sonografie
Extubation
- Nutzung von Indikatoren wie Grimassieren, zielgerichteten Bewegungen, Augenöffnung sowie Augenbewegung beider Augen in eine horizontale/vertikale Richtung zur Prädiktion einer erfolgreichen Extubation (ggf. zusätzlich zur Unterstützung Gabe von AZV > 5 mL/kg)
- bei jeder Extubation Bereithaltung der Ausrüstung für sofortige Reintubation, v.a. bei schwieriger Intubation/schwierigem Atemweg und zuvor fehlgeschlagener Extubation
- Einsatz von Kortikosteroiden intraoperativ und/oder Epinephrin vernebelt zur Prävention/Therapie von Stridor nach Extubation, v.a. bei erheblicher Atemwegsmanipulation
- Verwendung von High Flow Nasal Oxygen (HFNO), CPAP oder nasale intermittieren Überdruckbeatmung (NIPPV) zur Atemunterstützung nach Extubation, wenn klinisch indiziert
- Entfernung von SGA oder Endotrachealtubus unter tiefer Narkose zur Minimierung von Komplikationen abhängig von folgenden Faktoren erwägen:
- Erfahrung der Verantwortlichen
- Atemwegskomplikationen bei Einleitung, bei schwieriger Intubation oder Maskenbeatmung (z.B. Bronchospasmus oder Laryngospasmus)
- Gesamtrisiko für Atemwegskomplikationen o.Ä. (z.B. Infektion obere/untere Atemwege, Asthma, Atemwegsanomalien, verminderte pulmonale Sauerstoffreserve, thorako-abdominale Asynchronität, Beatmungsfrequenz, konjugierter Blick, Rachentonus, hoher Sauerstoffbedarf)
- andere Komorbiditäten & Risikofaktoren (z. B. Herz- & Stoffwechselerkrankungen, Sepsis, aktuelle oder frühere Frühgeburten)
- Art des chirurgischen Eingriffs (z.B. Kiefer-, Gesichts-, HNO-, Neuro oder plastische Chirurgie) und Art der Anästhesie (totale i.v.- oder Inhalationsanästhesie)
- hohes Aspiration-Risiko (z.B. Notoperation)
- Verfügbarkeit von Ressourcen & Material zur Gewährleistung der Patient*innensicherheit
- vollständige Erholung von Sedativa- und Muskelrelaxanz-Gabe
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