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Leitlinie „Asthma Management and Prevention“ der GINA (Update 2024)

veröffentlichende Fachgesellschaft: Global Strategy for Asthma Management and Prevention
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.05.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://ginasthma.org/reports/

Grundsätzliches

  • heterogene Erkrankung, i.d.R. durch chronische Entzündung der Atemwege gekennzeichnet
  • häufige, chronische Atemwegserkrankung, von der 1 – 29 % der Bevölkerung betroffen sind
  • durch variable Symptome wie Stridor, Kurzatmigkeit, thorakales Engegefühl und/oder Husten sowie durch variable Einschränkung des exspiratorischen Luftstroms gekennzeichnet
  • Schwankungen werden häufig durch Faktoren wie körperliche Anstrengung, Exposition ggü. Allergenen oder Reizstoffen, Wetterumschwünge oder virale Atemwegsinfektionen ausgelöst

Asthma-Definitionen

  • mildes Asthma: Asthma, das mit niedrig dosierter Behandlung gut kontrollierbar ist
  • moderates Asthma: Asthma, das mit Behandlung der Stufe 3 oder 4 gut kontrollierbar ist
  • schweres Asthma: Asthma, das trotz optimierter Behandlung mit hochdosierten ICS-LABA unkontrollierbar bleibt oder das hochdosierte ICS-LABA erfordert, um zu verhindern, dass es unkontrollierbar wird
  • schwer behandelbares Asthma: Asthma, das auf unzureichende oder ungeeignete Behandlung, anhaltende Probleme mit der Therapiecompliance oder Komorbiditäten wie chronische Rhinosinusitis oder Adipositas zurückzuführen ist, da diese eine ganz andere Behandlung erfordern als Asthma, das relativ refraktär auf hochdosierte ICS-LABA oder sogar orale Kortikosteroide (OCS) reagiert
  • unkontrolliertes Asthma: schlechte Symptomkontrolle und/oder häufige Exazerbationen (≥ 2/Jahr), die orale Kortikosteroide (OCS) erfordert, oder schwere Exazerbationen (≥ 1/Jahr), die KH-Aufenthalt erfordert
  • Asthma-Exazerbation: Asthma-Episode, die durch fortschreitende Zunahme von Symptomen wie Kurzatmigkeit, Husten, Stridor oder Brustenge und fortschreitende Abnahme der Lungenfunktion gekennzeichnet sind

Asthma-Phänotypen

  • allergisches Asthma (häufig in der Kindheit beginnend und mit früherer und/oder familiärer Vorbelastung durch allergische Erkrankungen wie Ekzeme, allergische Rhinitis oder Nahrungsmittel- oder Arzneimittelallergien einhergehend)
  • nicht-allergisches Asthma (Asthma, das nicht mit Allergie verbunden ist)
  • Husten dominiertes Asthma (Husten kann einziges Symptom von Asthma sein, und außer bei bronchialen Provokationstests keine Anzeichen für variable Einschränkung des Luftstroms)
  • Asthma im Erwachsenenalter (Spätasthma; insbesondere bei Frauen; CAVE: Ausschluss berufsbedingtes Asthma)
  • Asthma mit anhaltender Einschränkung des Luftstroms (anhaltende oder nicht vollständig reversible Einschränkung des Luftstroms nach langjährigem Asthma)
  • Asthma mit Adipositas (ausgeprägte Atemsymptome und geringe eosinophile Entzündung der Atemwege bei einigen adipösen Asthmapatienten)

Symptome

  • Atemwegssymptome wie Stridor, Kurzatmigkeit, Husten und/oder thorakales Engegefühl
  • meistens (insbesondere bei Erwachsenen) treten mehr als eines der Symptome auf
  • Symptome häufig nachts oder am frühen Morgen schlimmer
  • Symptome variieren im Laufe der Zeit und in ihrer Intensität
  • Symptome werden durch Virusinfektionen (Erkältungen), Bewegung, Allergenexposition, Wetterwechsel, Lachen oder Reizstoffe wie Autoabgase, Rauch oder starke Gerüche ausgelöst

Anamnese

  • Zeitpunkt des Auftretens und Ursache der gegenwärtigen Exazerbation (falls bekannt)
  • Schwere der Asthmasymptome, einschließlich etwaiger Einschränkungen der körperlichen Betätigung oder Schlafstörungen
  • Symptome einer Anaphylaxie
  • alle Risikofaktoren für asthmabedingten Tod
  • alle derzeitigen Medikamente

körperliche Untersuchung

  • Anzeichen für Schweregrad der Exazerbation sowie Vitalparameter (z. B. Bewusstseinsgrad, Temperatur, Pulsfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck, Fähigkeit, Sätze zu vervollständigen, Einsatz der akzessorischen Muskeln, Stridor)
  • komplizierende Faktoren (z.B. Anaphylaxie, Pneumonie, Pneumothorax)
  • Anzeichen für andere Erkrankungen, die die akute Atemnot erklären könnten (z.B. Herzversagen, eingeatmeter Fremdkörper oder Lungenembolie)
  • Pulsoxymetrie (CAVE bei SpO2-Werten < 90 %)

Differentialdiagnosen

AlterKrankheitsbild & Symptome
6 – 11 Jahre– chronischer Reizhusten (Niesen, Juckreiz, verstopfte Nase, Räuspern)
– eingeatmeter Fremdkörper (plötzlicher Symptombeginn, einseitiger Stridor)
– Bronchiektasie (wiederkehrende Infektionen, produktiver Husten)
– primäre ziliäre Dyskinesie (wiederkehrende Infektionen, produktiver Husten, Sinusitis)
– kongenitale Herzerkrankung (Herzgeräusche)
– bronchopulmonale Dysplasie (Frühgeburt, Symptome seit der Geburt)
– zystische Fibrose (übermäßiger Husten und Schleimproduktion, gastrointestinale Symptome)
12 – 39 Jahre– chronischer Reizhusten (Niesen, Juckreiz, verstopfte Nase, Räuspern)
– induzierte laryngeale Obstruktion (Dyspnoe, inspiratorisches Stridor)
– Hyperventilation, dysfunktionale Atmung (Schwindel, Parästhesien, Röcheln)
– Bronchiektasie (produktiver Husten, wiederkehrende Infektionen)
– Mukoviszidose (übermäßiger Husten und Schleimproduktion)
– angeborene Herzerkrankung (Herzgeräusche)
– Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (Kurzatmigkeit, Emphysem in der Familienanamnese)
– eingeatmeter Fremdkörper (plötzliches Auftreten der Symptome)
> 40 Jahre– induzierte laryngeale Obstruktion (Dyspnoe, inspiratorischer Stridor)
– Hyperventilation, dysfunktionale Atmung (Schwindel, Parästhesien, Röcheln)
– COPD (Husten, Sputum, Dyspnoe bei Anstrengung,
Rauchen oder Schadstoffexposition)
– Bronchiektasie (produktiver Husten, wiederkehrende Infektionen)
– Herzinsuffizienz (Dyspnoe bei Anstrengung,
nächtliche Symptome, Beinödeme)
– medikamentenbedingter Husten (Behandlung mit einem Angiotensin-konvertierenden Enzym, z.B. ACE-Hemmer)
– parenchymale Lungenerkrankung (Dyspnoe bei Anstrengung, unproduktiver Husten, Fingerverkrümmung)
– Lungenembolie (plötzlich einsetzende Dyspnoe, Brustschmerzen)
– zentrale Atemwegsobstruktion (Dyspnoe, die nicht auf Bronchodilatatoren anspricht)
alle Altersgruppen– Tuberkulose (chronischer Husten, Bluthusten, Dyspnoe und/oder Müdigkeit, Fieber, (nächtliche) Schweißausbrüche, Anorexie, Gewichtsverlust)
– Pertussis (länger andauernde Hustenanfälle, manchmal Stridor)
Quelle: Global Initiative for Asthma. Global Strategy for Asthma Management and Prevention, 2024.
Updated May 2024. Available from: www.ginasthma.org

Trigger für Asthma-Exazerbation

  • virale Atemwegsinfektionen, z.B. Rhinovirus, Influenza, Adenovirus, Keuchhusten, RSV
  • Allergenexposition, z.B. Gräserpollen und andere Pollen, Sojastaub, Pilzsporen
  • Nahrungsmittelallergie
  • Luftverschmutzung im Freien
  • saisonale Veränderungen und/oder Rückkehr in die Schule im Herbst nach den Ferien
  • schlechte Compliance bzgl. ICS-Therapie

Risikofaktoren für Exazerbationen

  • schlechte Kontrolle der normalen Asthmasymptome
  • komorbide allergische Erkrankungen
  • suboptimale Medikamenteneinnahme
  • Armut

Faktoren für Risikoerhöhung eines asthmabedingten Todes

  • Asthma in der Vorgeschichte, das fast tödlich endete und Intubation sowie mechanische Beatmung erforderte
  • Krankenhausaufenthalt oder Besuch der Notaufnahme wegen Asthma im letzten Jahr
  • aktuelle Verwendung oder kürzliche Beendigung der Verwendung oraler Kortikosteroide
  • aktuell keine inhalativen Kortikosteroide-Anwendung
  • übermäßiger Gebrauch von kurzwirksamen Beta-2-Agonisten
  • schlechte Therapie-Compliance
  • psychiatrische Erkrankung oder psychosoziale Probleme in der Vorgeschichte
  • Nahrungsmittelallergie bei Patienten mit Asthma
  • mehrere Begleiterkrankungen, wie Lungenentzündung, Diabetes und Herzrhythmusstörungen

Schweregrad/Symptome der Asthma-Exazerbation

Erwachsene, Jugendliche und Kinder > 6 Jahre

  • milde & moderate Exazerbation
    • Sprechen von vollen Sätzen möglich
    • eher sitzende anstatt liegender Position
    • AF erhöht
    • kein Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
    • HF zw. 100 – 120/min
    • SpO2 (bei Raumluft): 90 – 95 %
  • schwere Exazerbation
    • nur Sprechen von einzelnen Wörtern möglich
    • nach vorne gelehnte Haltung
    • Agitation
    • AF > 30/min
    • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
    • HF > 120/min
    • SpO2 (bei Raumluft): < 90 %
  • lebensbedrohliche Exazerbation
    • Schläfrigkeit
    • Verwirrtheit
    • Silent Chest

Kinder < 6 Jahre

  • frühe Symptome für Exazerbation
    • Auftreten von Symptomen einer Atemwegsinfektion
    • akute oder subakute Zunahme von Stridor/Keuchen und Kurzatmigkeit
    • verstärkter Husten, v.a. im Schlaf
    • Lethargie oder verminderte körperliche Belastbarkeit
    • Beeinträchtigung der täglichen Aktivitäten, inkl. Nahrungsaufnahme
    • schlechtes Ansprechen auf hustenlindernde Medikamente
  • milde & moderate Exazerbation
    • Atemnot, Agitation
    • HF < 180/min (0 – 3 Jahre) oder < 150/min (4 – 5 Jahre)
    • SpO2 > 92 %
  • schwere & lebensbedrohliche Exazerbation
    • keine Möglichkeit zu Sprechen
    • Agitation, Verwirrtheit oder Schläfrigkeit
    • zentrale Zyanose
    • Verwirrung & Asphyxie
    • AF > 10/min
    • SpO2 < 92 %
    • Silent Chest
    • HF > 180/min (0 – 3 Jahre) oder > 150/min (4 – 5 Jahre)

Therapie der Exazerbation

Erwachsene, Jugendliche und Kinder > 6 Jahre

  • O2-Gabe mit SpO2-Ziel von 93 – 95 % (bei Kindern: 94 – 98 %)
  • Gabe von 1 – 2 mg/kg Prednisolon (max. 40 mg)
  • Gabe von bis zu 4 – 10 SABA-Sprühstöße bzw. 2,5 mg SABA vernebelt (z.B. Salbutamol) alle 20 min während der ersten Stunde sowie Ipratropiumbromid vernebelt
  • orale Glukokortikosteroid-Gabe bei milden/moderaten Symptomen
  • Glukokortikosteroid-Gabe i.v. oder ggf. oral bei schweren Symptomen
  • ggf. Magnesiumsulfat i.v.
  • ggf. High-Dose-Glukokortikosteroide inhalativ
  • keine Antibiotika-Gabe empfohlen
  • kein routinemäßiges Thorax-Röntgen
  • Adrenalin i.m. bei akutem Asthma mit Anaphylaxie und Angioödem (keine routinemäßige Gabe bei anderen Asthmaexazerbationen

Kinder < 6 Jahre

  • O2-Gabe mit SpO2-Ziel von 94 – 98 %
  • Gabe von 2,5 mg SABA (z.B. Salbutamol) sowie 250 μg Ipratropiumbromid vernebelt alle 20 Minuten während der ersten Stunde erwägen
  • Gabe von 1 – 2 mg/kgKG Prednisolon (max. 20 mg bei < 2 Jahre; max. 30 mg bei > 2 Jahre)
  • 150 mg Magnesiumsulfat vernebelt; ggf. bis zu 3 Gaben in der ersten Stunde (> 2 Jahre)
  • Einweisungsindikationen
    • Reden & Trinken nicht möglich
    • Zyanose
    • AF > 40/min
    • SpO2 < 92 % bei Raumluft
    • Silent Chest bei Auskultation
    • fehlendes Ansprechen auf erste bronchiodilatative Behandlung
      • fehlendes Ansprechen auf 6 Sprühstöße inhalatives Salbutamol (2 getrennte Sprühstöße, dreimal wiederholt) über 1 – 2 h
      • anhaltende Tachypnoe trotz dreimaliger Gabe von inhalativen SABA, auch wenn das Kind andere klinische Anzeichen einer Besserung zeigt
Published inLeitlinien kompakt

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