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Leitlinie „Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care – Part 4 – Pediatric Basic and Advanced Life Support“ der AHA

veröffentlichende Fachgesellschaft: American Heart Association
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 21.10.2021
Ablaufdatum: 20.10.2025
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000901

Einleiten der Reanimation

  • bei Säuglingen und Kindern ohne Lebenszeichen bis zu 10 Sekunden lang nach einem Puls suchen und dann mit der Herzdruckmassage beginnen, solange kein eindeutiger Puls zu spüren ist

Herz-Lungen-Wiederbelebung

  • nach jeder Kompression den Brustkorb vollständig entlasten
  • Kompressionsfrequenz von ≈ 100 – 120/min
  • Brustkorb mindestens um ein Drittel des anterior-posterioren Durchmessers des Brustkorbs zusammendrücken
    • bei Säuglingen etwa 4 cm
    • bei Kindern 5 cm
  • sobald Kinder die Pubertät erreichen Kompressionstiefe für Erwachsene von mindestens 5 cm, aber nicht mehr als 6 cm
  • etwa alle 2 Minuten Rhythmuskontrolle durchführen, die nicht länger als 10 Sekunden dauert
  • während der HLW Gabe von 100 % Sauerstoff
  • bei HLW ohne gesicherten Atemwege im Verhältnis von 30:2 (Kompression zu Beatmung) alleine und bei zwei Helfern im Verhältnis von 15:2 reanimieren
  • bei HLW von Säuglingen und Kindern mit gesicherten Atemwegen unter Berücksichtigung des Alters und des klinischen Zustands eine Atemfrequenz von 1 Atemzug alle 2 – 3 Sekunden (20 – 30 Atemzüge/min) anstreben
    • Atemfrequenzen, die diese Empfehlungen überschreiten, können die Hämodynamik beeinträchtigen
  • bei Säuglingen das Brustbein mit zwei Fingern oder zwei Daumen knapp unterhalb einer gedachten Linie zwischen beiden Brustwarzen zusammendrücken
    • bei Säuglingen wird die 2-Daumen-Technik und Technik den Brustkorb mit den Händen zu umschließen empfohlen, wenn die HLW von zwei Helfern durchgeführt wird
  • wenn der Brustkorb des Patienten nicht mehr mit den Händen umschlossen werden kann, Brustkorb mit 2 Fingern zusammendrücken
  • Herzdruckmassage entweder mit der 1- oder 2-Hand-Technik durchführen, je nach Physiognomie des Kindes
  • falls die empfohlene Drucktiefe nicht erreicht werden kann (min. 1/3 des anterior-posterioren Durchmessers des Brustkorbs) ggf. Handballenbereich verwenden
  • Herzdruckmassage auf fester Unterlage durchführen
  • im Rahmen einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung CPR-Feedback-Geräte zur Optimierung der angemessenen Kompressionsrate und -tiefe einsetzen

Atemwegsmanagement & Beatmung

  • sofern kein Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule besteht, Atemwege mit einem Esmarch-Handgriff öffnen
  • bei Traumapatienten mit Verdacht auf eine HWS-Verletzung Anheben des Kiefers ohne Überstrecken des Kopfs zur Öffnung der Atemwege
  • bei Traumapatienten mit Verdacht auf HWS-Verletzung, wenn das Anheben des Kiefers den Atemweg nicht öffnet, den Esmarch-Handgriff anwenden
  • Beutel-Masken-Beatmung im Vergleich zu erweiterten Maßnahmen zur Sicherung der Atemwege (SGA und ETI) bei der Behandlung von Kindern mit Herzstillstand im außerklinischen Bereich sinnvoll
  • etCO2-Überwachung zur Beurteilung der Qualität der Herzdruckmassage (CAVE: bei Kindern wurden noch keine spezifischen Werte zur Steuerung der Therapie ermittelt) sowie zur Bestätigung der Endotrachealtubus-Platzierung verwenden
  • bei Endotrachealtubus mit Cuff auf die Endotrachealtubus-Größe, Position und den Cuffdruck (normalerweise < 20 – 25 cm H2O) achten
    • Endotrachealtuben mit Cuff ggü. Endotrachealtuben ohne Cuff bevorzugen.
  • Krikoiddruck während der Beutel-Masken-Beatmung in Betracht ziehen, um die Mageninsufflation zu reduzieren
  • keine routinemäßige Verwendung des Krikoiddrucks bei endotrachealen Intubation
    • Krikoiddruck sofort unterlassen, wenn er die Beatmung oder die Geschwindigkeit der Intubation beeinträchtigt
  • Atropin als Prämedikation zu verwenden, um eine Bradykardie bei Notfallintubationen zu verhindern, wenn ein höheres Bradykardierisiko besteht (z. B. bei der Verabreichung von Succinylcholin)
    • Atropin als Prämedikation für eine Notfallintubation in einer Dosis von 0,02 mg/kg Atropin ohne Mindestdosis

Medikamente

  • intravenöse/intraossäre Applikation ist der Verabreichung über einen Endotrachealtubus vorzuziehen
  • erste Dosis Epinephrin innerhalb von 5 Minuten nach Beginn der Herzdruckmassage verabreichen
  • Epinephrin alle 3-5 Minuten verabreichen bis ROSC/TOR
  • bei therapieefraktärer VF/pVT entweder Amiodaron oder Lidocain
  • routinemäßige Verabreichung von Natriumbicarbonat bei pädiatrischem Herzstillstand nicht empfohlen, wenn keine Hyperkaliämie oder Natriumkanalblockern-Intoxikation (z. B. trizyklische Antidepressiva) vorliegt
  • routinemäßige Verabreichung von Kalzium wird bei einem pädiatrischen Herzstillstand nicht empfohlen, wenn keine Hypokalzämie, Überdosierung von Kalziumkanalblockern, Hypermagnesiämie oder Hyperkaliämie vorliegt
  • Dosierung der Medikamente mittels des Körpergewichts des Kindes berechnen und dabei die für Erwachsene empfohlene Dosis nicht überschreiten
  • Einbeziehung des Körperhabitus kann die Genauigkeit des auf der Länge basierenden geschätzten Gewichts verbessern
  • wenn Gewicht des Kindes nicht bekannt, können Maßbänder zur Schätzung des Gewichts oder andere Hilfsmittel zur Berechnung der Dosierung und Verabreichung von Medikamenten in Betracht gezogen werden

Defibrillation

  • Anfangsdosis von 2 – 4 J/kg für die Defibrillation (monophasisch oder biphasisch); zur Erleichterung ggf. Anfangsdosis von 2 J/kg in Betracht ziehen
  • bei refraktärer VF Defibrillationsdosis auf 4 J/kg erhöhen
    • ggf. können höhere Energiestufen in Betracht gezogen werden, welche 10 J/kg oder die Höchstdosis für Erwachsene nicht überschreiten
  • HLW durchführen bis Defibrillator/AED bereit zur Schockabgabe ist
  • ein einzelner Schock gefolgt von einer sofortigen Herzdruckmassagebei Kindern mit VF/pVT
  • Herzdruckmassage so wenig wie möglich unterbrechen
  • Verwendung der größten Paddles oder selbstklebenden Elektroden, die auf die Brust des Kindes passen und gleichzeitig einen guten Abstand zwischen den Pads/Paddles gewährleisten
    • entw. anterior-laterale oder anterior-posteriore Platzierung
    • Paddles und selbstklebende Pads als gleich wirksam anzusehen
  • wenn weder ein manueller Defibrillator noch ein AED mit der Möglichkeit der Schockabgabe bei Kindern verfügbar ist, kann auch jeder andere AED verwendet werden

ROSC-Management

  • kontinuierliche Messung der Kerntemperatur (zielgerichtetes Temperaturmanagment)
  • 32°C – 34°C gefolgt von 36°C – 37,5°C oder nur 36°C – 37,5°C bei komatösen Säuglingen und Kindern zwischen 24 Stunden und 18 Jahren
  • Verwendung von parenteralen Flüssigkeiten und/oder vasoaktiven Medikamenten, um einen systolischen Blutdruck über dem fünften Perzentil des Alters des Patienten zu halten
  • Normoxämie anstreben, die auf die Grunderkrankungen des jeweiligen Patienten angepasst ist
  • ggf. Sauerstoff reduzieren, um eine Sauerstoffsättigung zwischen 94 % und 99 % zu erreichen
  • Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2) anstreben, der dem jeweiligen Zustand des Patienten angemessen ist und die Gefahren ggü. schwerer Hyperkapnie oder Hypokapnie berücksichtigt
  • Krampfanfälle nach einem Herzstillstand behandeln

Betreuung der Angehörigen

  • Familienmitgliedern nach Möglichkeit die Möglichkeit anbieten bei der Wiederbelebung ihres Säuglings oder Kindes anwesend zu sein
  • wenn Familienmitglieder bei der Reanimation anwesend sind, ist es von Vorteil, wenn ein bestimmtes Teammitglied die Familie tröstet, Fragen beantwortet und sie unterstützt
  • wenn die Anwesenheit von Familienmitgliedern nachteilig ist/sein könnte, sollten die Familienmitglieder in respektvoller Weise gebeten werden die direkte Einsatzstelle temporär zu verlassen

Schock

  • Reevaluation nach jedem Flüssigkeitsbolus, um festzustellen, ob es Ansprechen auf die Flüssigkeit und/oder Anzeichen für eine Hyperinfundierung gibt
  • isotonische kristalloide oder kolloide Flüssigkeiten als Mittel 1. Wahl (balanciert oder unbalanciert)
  • Gabe von 10 mL/kg der 20 mL/kg als Bolus bei Patienten mit septischem Schock
  • Gabe von Epinephrin oder Norepinephrin bei Säuglingen und Kindern mit flüssigkeitsrefraktärem septischem Schock
  • bei Säuglingen und Kindern mit Sepsis und Herzstillstand Vorgehen nach pALS-Standardalgorithmus
  • ggf. Gabe einer Stressdosis Kortikosteroide bei Säuglingen und Kindern mit septischem Schock, die nicht auf Flüssigkeiten ansprechen und vasoaktive Unterstützung benötigen
  • Dopamin in Betracht ziehen, wenn Epinephrin oder Norepinephrin nicht zur Verfügung stehen, bei Säuglingen und Kindern mit flüssigkeitsrefraktärem septischem Schock kann
  • Gabe von Epinephrin, Dopamin, Dobutamin oder Milrinon bei Säuglingen und Kindern mit kardiogenem Schock
  • sofern verfügbar Gabe von Blutprodukten ansteller kristalloider Lösung bei Säuglingen und Kindern mit hypotensivem hämorrhagischem Schock nach einem Trauma, sofern diese verfügbar sind

Management des respiratorischen Versagens

  • Beatmung bei Säuglingen und Kindern mit Puls, aber fehlender oder unzureichender Atmung
  • bei Säuglingen und Kindern mit Puls, aber fehlender oder unzureichender Atemanstrengung alle 2 bis 3 Sekunden einen Atemhub geben (20 – 30 Atemzüge/min)
  • bei leichter Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper hat, Patient die Atemwege durch Husten freimachen lassen, weiterhin auf Anzeichen einer schweren Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper achten
  • Durchführung von Bauchkompressionen (Heimlich-Manöver) bei Kindern mit schwerer Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper so lange bis das Objekt ausgestoßen wurde oder das Kind nicht mehr reagiert
  • Wiederholung von 5 Rückenschlägen, gefolgt von 5 Herzdruckmassagen bei Patienten mit schwerer Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper bis der Gegenstand ausgestoßen ist oder das Kind nicht mehr reagiert
  • Beginn der HLW, wenn das Kind mit schwerer Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper nicht mehr reagiert (keine Pulskontrolle durchführen)
  • Entfernung aller sichtbaren Fremdkörper bei Kindern mit Atemwegsobstruktion durch einen Fremdkörper, die eine HLW erhalten, um sie zu beatmen
  • kein blindes Ausräumen der Atemwege mit den Fingern durchführen

opioid-bedingter Atem- und Herzstillstand

  • bei Patienten mit Atemstillstand die Atmung mittels Beutelmaskenbeatmung aufrechterhalten bis die Spontanatmung wieder einsetzt; ALS-Standardmaßnahmen fortsetzen, wenn die Spontanatmung nicht wieder einsetzt
  • bei Patienten mit (vermutetem) Herzstillstand sollten in Ermangelung eines nachgewiesenen Nutzens von Naloxon die Standardreanimationsmaßnahmen Vorrang vor der Verabreichung von Naloxon haben (Schwerpunkt auf qualitativ hochwertiger HLW)
  • bei einem Patienten mit Verdacht auf Opioidüberdosierung mit tastbaren Puls, aber abnormaler oder keuchender Atmung/Schnappatmung (= Atemstillstand) zusätzlich zum ALS Naloxon i.m./i.n. verabreichen

Bradykardie-/Tachykardie-Management

  • Atropingabe, wenn Bradykardie auf erhöhten Vagustonus oder primären atrioventrikulären Erregungsleitungsblock zurückzuführen ist (d. h. nicht sekundär auf Faktoren wie Hypoxie)
  • mit HLW beginnen, wenn Herzfrequenz < 60/min bei kardiopulmonaler Beeinträchtigung trotz effektiver Sauerstoffbeatmung beträgt
  • Epinephrin i.v. oder i.o., wenn Bradykardie nach Behebung anderer Faktoren (z. B. Hypoxie) anhält oder nur vorübergehend darauf anspricht
    • wenn kein i.v./i.o.-Zugang vorhanden ist, endotracheal verabreichen, falls vorhanden
  • transkutanes Pacing in Betracht ziehen, wenn die Bradykardie auf ein komplettes Blockbild oder eine Sinusknotenfunktionsstörung zurückzuführen ist und es kein Ansprechen auf Beatmung, Sauerstoffgabe, Herzdruckmassage und Medikamente gibt, insbesondere bei Kindern mit angeborenen oder erworbenen Herzerkrankungen
  • Adenosin-Gabe zur Behandlung der SVT
  • ggf. sinnvoll zunächst vagale Stimulation zu versuchen, es sei denn, der Patient ist hämodynamisch instabil oder die medikamentöse oder elektrische synchronisierte Kardioversion wird dadurch verzögert
  • Durchführung synchronisierter elektrischer Kardioversion bei hämodynamisch instabilen Patienten mit SVT und Anzeichen einer kardiovaskulären Beeinträchtigung (z. B. verändertes Bewusstsein, Anzeichen eines Schocks, Hypotonie)
    • Kardioversion beginnend mit einer Dosis von 0,5 – 1 J/kg; wenn dies nicht erfolgreich ist, Dosis auf 2 J/kg zu erhöhen
  • Gabe von Procainamid oder Amiodaron bei Patienten mit instabiler SVT, die nicht auf vagale Manöver, Adenosin i.v. oder elektrisch synchronisierte Kardioversion ansprechen
  • vor der Verabreichung von Antiarrhythmika bei hämodynamisch stabilen Patient mit einer Breikomplex-Tachykardie Beratung durch Experten einholen
  • Durchführung synchronisierter elektrischer Kardioversion bei hämodynamisch instabilen Patienten mit Breitkomplex-Tachykardie und Anzeichen einer kardiovaskulären Beeinträchtigung (z. B. verändertes Bewusstsein, Anzeichen eines Schocks, Hypotonie)
    • Kardioversion beginnend mit einer Dosis von 0,5 – 1 J/kg; wenn dies nicht erfolgreich ist, Dosis auf 2 J/kg zu erhöhen

Behandlung der Myokarditis oder Kardiomyopathie

  • frühzeitige Verlegung von Kindern mit akuter Myokarditis, die Herzrhythmusstörungen, ein Blockbild, ST-Strecken-Veränderungen und/oder ein niedriges Herzzeitvolumen auf die Intensivstation zur Überwachung und Therapie
  • Einsatz von ECLS oder einer mechanischen Kreislauf-Unterstützung vor dem Herzstillstand kann bei Kindern mit Myokarditis oder Kardiomyopathie und refraktär niedriger Herzleistung von Vorteil sein, um die Endorgane zu unterstützen und einen Herzstillstand zu verhindern
  • frühzeitige Erwägung der eCPR in Anbetracht der Herausforderungen, die eine erfolgreiche Reanimation von Kindern mit Myokarditis und Kardiomyopathie mit sich bringt

Behandlung des Kindes mit pulmonaler Hypertonie

  • inhalatives Stickstoffmonoxid oder Prostazyklin als Initialtherapie zur Behandlung pulmonaler hypertensiver Krisen oder akuter Rechtsherzinsuffizienz infolge eines erhöhten pulmonalen Gefäßwiderstands
  • bei hohem Risiko für pulmonale Hypertoniekrisen sind passende Analgetika, Sedativa und neuromuskuläre Blocker bereitzustellen
  • Verabreichung von Sauerstoff und eine Alkalose durch Hyperventilation oder Verabreichung von Alkali als Erstbehandlung, während pulmonalspezifische Vasodilatatoren verabreicht werden
  • ECLS in Betracht ziehen bei Kindern, die trotz optimaler medikamentöser Therapie eine refraktäre pulmonale Hypertonie mit Anzeichen von niedrigem Herzzeitvolumen oder tiefem Atemversagen entwickeln

Management des traumatischen Herz-Kreislauf-Stillstands

  • mögliche reversible Ursachen wie Blutungen, Spannungspneumothorax und Perikardtamponade sind zu diagnostizieren und zu behandeln
  • bei pädiatrischem Herzstillstand infolge von penetrierenden Verletzungen mit kurzer Transportzeit kann es sinnvoll sein eine lebensrettende Thorakotomie durchzuführen
Published inLeitlinien kompakt

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