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Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung“ der DIVI

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 04.11.2021
Ablaufdatum: 03.11.2026
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/040-012.html

Definition

  • Kohlenmonoxidvergiftung liegt vor, wenn Kohlenmonoxid eingeatmet wurde und entsprechende Symptome bestehen
  • Konzentration des Kohlenmonoxids in Atemluft, Dauer der Exposition und Atemminutenvolumen haben Einfluss auf aufgenommene Menge
  • Unterscheidung in akut und chronisch

Symptomatik

  • Symptome einer Kohlenmonoxidvergiftung können durch vorbestehende Komorbiditäten beeinflusst werden
  • Symptome einer akuten Kohlenmonoxidvergiftung
    • klinisches Erscheinungsbild variier erheblich
  • leichte, unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Verwirrung, Sehstörungen, Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Bauchschmerzen, Atemnot und Brustschmerzen bis hin zu Bewusstlosigkeit, Hypotension, schwerer Azidose und akutem Kreislaufversagen
  • häufigste auftretende Symptome sind
    • Kopfschmerz
    • Übelkeit, Erbrechen
    • Dyspnoe
    • Schwindel und Synkopen
  • Anzeichen einer schweren Kohlenmonoxidvergiftung
    • Orientierungsstörungen
    • Bewusstseinsstörung
    • Krampfanfall
    • Angina pectoris
    • Herzrhythmusstörungen
    • Dyspnoe, Tachypnoe
    • Lungenödem
    • EKG-Veränderungen oder pathologische kardiale Biomarker
    • metabolische Azidose
    • sehr hohe CO-Hb Werte (BGA-Wert bei Expositionsende)

Diagnostik

  • Diagnose einer Kohlenmonoxidvergiftung erfordert klinische Symptome und eine nachgewiesene oder wahrscheinliche Exposition mit Kohlenmonoxid
  • Diagnosestellung sollte nach klinischer Symptomatik im Vordergrund stehen, gestützt auf Anamnese, Auffindesituation und Symptomen
  • negativer CO-Hb Nachweis soll nicht zum Ausschluss einer Kohlenmonoxidvergiftung führen, wenn Anamnese und Symptome übereinstimmend sind
    • Symptomen entsprechende Differentialdiagnosen müssen dabei berücksichtigt werden
  • Verdachtsdiagnose präklinisch durch CO-Pulsoximetrie weiter evaluieren
    • negative Messung, insbesondere bei Vorliegen von Symptomen, soll nicht zum Ausschluss einer Kohlenmonoxidvergiftung führen
  • schon präklinisch sollte eine venöse, arterielle oder kapilläre Blutentnahme für die CO-Hb Bestimmung mittels BGA erfolgen
  • Monitoring mit Pulsoximetrie, Atemfrequenz, EKG und nichtinvasiver Blutdruckmessung (NIBD)

Therapie

  • bei erkannter oder vermuteter Kohlenmonoxidumgebung ist ein Vorgehen unter Atemschutz durch die Einsatzkräfte der Feuerwehr erforderlich
  • bei Verwendung von Kohlenmonoxid-Warngeräten im Rettungsdienst sollte in Abhängigkeit von der angezeigten Konzentration einsatztaktisch mehrstufig vorgegangen werden
  • bei Verdacht auf eine Kohlenmonoxidvergiftung soll sofort mit 100% Sauerstoffatmung oder -beatmung beginnen
  • Sauerstoffgabe ist die wichtigste Maßnahme der präklinischen Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung:
    • unabhängig von der Sauerstoffsättigung (SpO2) soll unverzüglich mit höchstmöglicher Konzentration Sauerstoff appliziert werden:
      • Masken-CPAP (NIV)
      • Demand-Ventil
      • Konstantdosierung (high-flow) über dicht abschließende Maske mit Reservoirbeutel
      • invasiv mittels geeigneter Atemwegssicherung bei unzureichenden Schutzreflexen
  • therapeutischen Effektivität einer hyperbaren Sauerstofftherapie (HBOT) einer Kohlenmonoxidvergiftung im Kindesalter ist unzureichend belegt
    • Übertragung der ebenfalls durch reduzierte Evidenz gekennzeichneten Erfahrungen im Erwachsenenalter ist aufgrund pädiatrischer Besonderheiten nicht ohne weiteres zulässig
  • HBOT bei Kohlenmonoxidvergiftung im Kindesalter nur in besonderen Einzelfällen erwägen
  • bei Kohlenmonoxidvergiftung im Kindesalter ist frühestmögliche kontinuierliche Verfügbarkeit pädiatrischintensivmedizinischer Expertise unabdingbar
  • Patienten in der Präklinik oder in der Notaufnahme können nach CO-Exposition und eingehenden klinischen Untersuchung ohne jegliche Symptome und apparativer Diagnostik, nach Abwägen der individuellen Risikokonstellation und Evaluation relevanter möglicher Differentialdiagnosen als Betroffene vor Ort belassen oder aus der Notaufnahme nach Hause entlassen werden

Vorgehensweise zur Entscheidung der Krankenhauseinweisung für Patienten mit akuter Kohlenmonoxidexposition:

  • sympt. Patienten: immer Krankenhauseinweisung empfohlen!
  • asymptomatische Patienten:
    • bis 5 % CO-Hb (bei Rauchern: 10 %): keine Krankenhauseinweisung empfohlen
    • bei Schwangeren und Kindern sollte eine Krankenhauseinweisung erwogen bzw. angeboten werden

Vergleich von Empfehlungen für das einsatztaktische Vorgehen von Einsatzkräften unerwarteter Exposition mit Kohlenmonoxid

Published inLeitlinien kompakt

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