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Leitlinie „Haematoma Block for Distal Radius Fracture Reduction“ der IAEM

veröffentlichende Fachgesellschaft: Irish Association for Emergency Medicine (IAEM)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 14.04.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://iaem.ie/professional/clinical-guidelines/

Grundsätzliches

  • distale Radiusfrakturen sind häufigsten Frakturen bei Erwachsenen mit zwei Altersgipfeln (junge Patient*innen nach Hochrasanztrauma und ältere Patient*innen nach Stürzen mit geringer Energie)
  • distale Radiusfrakturen erfordern oft eine Reposition, um neurovaskuläre Komplikationen zu vermeiden und Schmerzen zu lindern
  • Wahl der Analgesie und des Anästhetikums sind von mehreren Faktoren beeinflusst, weswegen alternative Analgesiemethoden wie der Hämatom-Block oder Inhalationsanästhesie (z.B. Entonox oder Methoxyfluran) in Betracht gezogen werden sollten
  • Hämatom-Block (auch Bruchspaltanästhesie) ist einfache Methode zur schnellen Schmerzlinderung bei der Reposition von distalen Radiusfrakturen, bei dem Lokalanästhetika in das Hämatom zwischen den gebrochenen Knochenfragmenten injiziert werden
  • Hämatom-Block gilt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern als sicher und bietet ggü. der Sedierung mehrere Vorteile, z.B. dass keine Überwachung erforderlich ist

Durchführung

Vorbereitungen

  • Patient*in Verfahren erklären und Zustimmung einholen
  • notwendige Ausrüstung vorbereiten
    • antiseptische Lösung (z.B. Chlorhexidin)
    • 10-mL-Spritze
    • Lokalanästhetikum (2 % Lidocain ohne Adrenalin)
    • Kanüle 22G (blau)
    • Mepore-Verband (Pflaster-Verband)
    • optional: Ultraschall (lineare Sonde), sterile Sondenabdeckung, steriles Sono-Gel
  • Patient*in lagern: Arm gestützt, in Bauchlage und Handgelenk in Neutralosition

Technik

  • Landmarken-Technik
    • entlang des dorsalen Handgelenks nach der Frakturstelle palpieren („Step-off“ ertasten)
    • etwas Lokalanästhetikum oberhalb der Frakturstelle injizieren, dann die Nadel etwa 1 cm proximal der Frakturstelle in einem 30-Grad-Winkel von proximal nach distal in Richtung Hämatom einführen
    • Aspirationsprobe, ob Blut in die Spritze zurückfließt (siehe Bild)
    • langsam bis zu 3 mg/kg Lidocain, max. 200 mg (10 mL 2%iges Lidocain) in das Hämatom und das angrenzende Periost injizieren
    • Druck auf Injektionsstelle und Pflaster-Verband ausüben
Bild zeigt Nadel, die ein Hämatom absaugt, bevor das Lokalanästhetikum infiltriert wird
  • Ultraschall-Technik
    • mit Linearsonde, die in Längsrichtung entlang des distalen Radius platziert wird, die Frakturstelle in der Kortikalis des distalen Radius identifizieren (Abbildung 1)
    • mit In-Plane-Technik die Nadel direkt in die Frakturstelle einführen und langsam 6 – 8 mL 2%iges Lidocain in das Hämatom und um das angrenzende Periost herum injizieren
Sagittale Aufnahme des distalen Radius mit Rissbildung
Sagittale Aufnahme des distalen Radius, die das Eindringen der Nadel in das Hämatom in der Longaxis-Ansicht zeigt

weiteres Vorgehen

  • nach Hämatom-Block 10 – 15 min warten bis die Anästhesie wirkt
    • Ein häufiger Fehler ist es, der LA nicht genügend Zeit zu geben, um zu wirken.
    • Fahren Sie mit der Manipulation fort, wenn der Patient über eine Schmerzlinderung berichtet. Sie können in Erwägung ziehen, die Hämatom-Blockade mit einer Inhalationsanästhesie wie Entonox® oder Methoxyfluran zu ergänzen, um den Patientenkomfort zu erhöhen.
    • Was ist zu tun, wenn es nicht funktioniert hat?
      • Wiederholen Sie die Hämatom-Blockade nicht, wenn sie beim ersten Mal nicht funktioniert hat, da dies das Risiko einer systemischen Lokalanästhesie-Toxizität (LAST) erhöht.
      • Alternative Formen der Analgesie in Betracht ziehen. Wenn der Patient für eine Sedierung in der Notaufnahme nicht geeignet ist, sollte er zur endgültigen operativen Behandlung an das orthopädische Team überwiesen werden.

Post-Hämatom-Block-Vorgehen

  • Gefahr einer Lokalanästhetika-Intoxikation besteht für rund 5 – 30 min nach Lokalanästhetika-Gabe, weshalb die Patient*innen für mind. 30 min lang beobachtet werden sollen

Besonderheiten & Komplikationen

  • systemische Lokalanästhetika-Intoxikation (Local Anaesthetic Systemic Toxicity, LAST)
    • seltene, aber potenziell schwere Komplikation im Zusammenhang mit Lokalanästhetika-Gabe, die typischerweise aus einer hohen Plasmakonzentration des Lokalanästhetikum bei versehentliche intravaskuläre Injektion, einer übermäßigen Dosierung oder einer schnellen Absorption aus stark vaskularisierten Bereichen resultiert
    • LAST kann vermieden werden, indem bei Applikation von Lidocain sorgfältig auf die gewichtsabhängige Dosierung geachtet wird und eine Dosis von 3 mg/kg (max. 200 mg) nicht überschritten wird
    • bei bekannter Nieren- und/oder Leberfunktionsstörung Lidocain-Dosisreduktion um 20 %
  • Kompartment-Syndrom
    • kann nach Fraktur auftreten, wenn die anschließende Schwellung innerhalb eines geschlossenen Muskelkompartiments zu einem erhöhten Druck führt, der die Durchblutung behindert und Nerven- und Muskelzellen schädigt
    • Kompartmentsyndrom nach Hämatom-Block wird in der Literatur extrem selten berichtet
    • bei V.a. Kompartmentsyndrom sofortige Hochlagerung des Armes, Entfernung von Gips/Verband und sofortige Vorstellung in Orthopädie für dringende Fasziotomie
  • Infektion
    • Infektionen an der Frakturstelle können zu Osteomyelitis oder septischer Arthritis führen, was die Genesung und Behandlung erschweren kann
    • Infektionen nach Hämatom-Block werden in der Literatur extrem selten berichtet
    • Risiko sollte durch streng aseptische Technik minimiert werden
    • Patient*innen über Anzeichen einer Infektion aufklären und Nachuntersuchung bei V.a. Infektion anordnen
Published inLeitlinien kompakt

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