veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S3
Datum der Veröffentlichung: 01.04.2022
Ablaufdatum: 31.03.2027
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/007-063.html
Definition
- Kondylusluxation des nicht frakturierten Unterkiefers ist primär muskulär bzw. neuromuskulär bedingte Dislokation des Kondylus vor das Tuberculum articulare
- fixierten Luxation (fixed dislocation): Rückkehr des Kondylus wird durch Muskelanspannung (sog. Trismus) verhindert; Folge ist Kiefergelenksperre mit Blockade des Kieferschlusses
- nicht fixierte Luxation (non-fixed dislocation/subluxation): tritt im Rahmen einer kondylären Hypermobilität auf; Kondylus lässt spontan selbst reponieren (sogenannte „Kondylussubluxation“)
- akute Luxation (acute dislocation): kürzlich aufgetretene Luxation
- persistierenden (chronic/chronic persistent) Unterkieferluxation: anhaltende Blockade des Kondylus durch das Tuberculum
Symptome
- klinisch leere Gelenkpfanne
- Okklusionsstörung bzw. Unfähigkeit des Kieferschlusses
- Schmerzen
- muskuläre Dysfunktion
- Malnutrition
Diagnostik
- erstmalig auftretende Unterkieferluxation ohne aktuelles Trauma im Gesichtsbereich kann anhand der Anamnese und körperlichen Untersuchung (Inspektion, Palpation) diagnostiziert werden, sofern die Symptomatik hinreichend für eine Kiefergelenkluxation spricht
- Röntgen (optional; wenn die Symptomatik andere Differentialdiagnosen zulässt)
Therapie
- konservative Therapie
- manuelle Unterkieferreposition; jede nicht traumatisch bedingte Kiefergelenkluxation sollte zunächst manuell zu reponieren versucht werden
- je früher manuelle Reposition erfolgt, desto höher sind Aussichten auf erfolgreiche Reposition
- Versuch einer manuellen Reposition zunächst gemäß der Repositionstechnik nach Hippokrates durchgeführt werden
- Gelenke sollten seitengetrennt reponiert werden
- bei intraoraler Reposition Verwendung eines Beißblocks und Tragen von doppelten Handschuhen zum Schutz vor Bissverletzungen und damit einhergehenden Infektionen empfohlen
- während Reposition am sitzenden Patienten dessen Kopf stabilisieren , z.B. gegen eine Kopfstütze oder gegen die Brust des Behandlers
- manuelle Reposition der akuten Luxation kann initial ohne Medikamentengabe
- bei ausbleibendem Erfolg weitere Repositionsversuche unter Medikamentengabe (Muskelrelaxanzien und/oder Analgetika) sowie, falls erforderlich, unter Analogsedierung oder in Narkose
- angemessene Schmerzausschaltung im Rahmen des Repositionsmanövers
- manuelle Unterkieferreposition; jede nicht traumatisch bedingte Kiefergelenkluxation sollte zunächst manuell zu reponieren versucht werden
- bei akuten Luxationen z.B. elastische Binden zur Stabilisierung eingesetzen, um Reluxationen zu vermeiden
- bei rezidivierenden und/oder habituellen Luxationen, stabilisierende Maßnahmen zur Verhinderung der erneuten Luxation durchgeführen
Sonstiges
- vor Intubationsnarkose Patient nach bereits aufgetretenen Luxationen und Risikofaktoren für eine Luxation befragen
- vor und nach jeder Intubation die funktionelle Kieferbewegung überprüfen, um Luxation auszuschließen
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