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Leitlinie „Mechanical Ventilation during Critical Care Air Transport (CCAT)“ des JTS

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 14.12.2021
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Bestimmung der Flugstabilität der Patient*innen

  • Flugstabilität ist eine multifaktorielle Entität
  • bei PEEP > 14 cmH2O und/oder FiO2 > 70 % sorgfältige Abwägung von Risiken und Nutzen
    • wenig Spielraum, um FiO2 oder mittleren Atemwegsdruck bei Verschlechterung zu erhöhen
      • berücksichtigen, dass bei allen Patienten, einschließlich beatmeter, der pO2-Wert sinkt, wenn der Umgebungsdruck sinkt
    • Patienten mit geringem Gasaustausch benötigen während des Fluges zusätzliche Unterstützung
    • Beschränkung der Flughöhe verringert die Auswirkungen auf den Gasaustausch
  • berücksichtigen, dass gleichzeitige hämodynamische Beeinträchtigungen oder traumatische Hirnverletzungen das Beatmungsmanagement erschweren
  • Erfahrung des RTH-Personal passend zum spezifischen Patientenkollektiv?
  • Flugcharakteristik
    • Flugdauer
    • Luftfahrzeugtyp
    • Patientenlast und Komplexität
    • Beschränkung der Flughöhe

Vorbereitung vor dem Flug

Beatmungsgerät

  • Beatmungsgerät sollte volumengesteuerte oder druckgesteuerte Beatmung ermöglichen
  • Beatmungsgerät sollte höhenkompensierend sein
  • Beatmungsgerät sollte für Patienten mit einem Gewicht von 5 kg und mehr ausgelegt sein

Sauerstoff

  • Sauerstoffbedarf vor Abflug berechnen & Bestand prüfen

Vorbereitung der Patient*innen

  • Tiefe des ETT bzw. Zahnreihe notieren
  • ETT zusätzlich sichern
  • Atemwege während der Umstellung des Beatmungsgeräts nicht dem atmosphärischen Druck aussetzen, wenn der PEEP ≥ 10 cm H2O ist
  • ETT abklemmen, während das Beatmungsgerät gewechselt wird
  • Wärme-Feuchtigkeits-Austauscher bei allen beatmeten Patienten
  • Cuff-Druck vor Abflug prüfen (Ziel: 20 – 30 cmH2O (15 – 22 mmHg)
  • Kopfende um mindestens 30° erhöhen, außer bei Kontraindikationen
  • kontinuierliche etCO2-Überwachung
    • bei Interpretation des absoluten Wertes ist Vorsicht geboten, da dieser möglicherweise nicht den genauen PaCO2 widerspiegelt
    • Differenz zwischen PaCO2 und ETCO2 spiegelt den Totraum wider, der sich bei schwerkranken Patienten schnell ändern kann
  • Anlage Magensonde zur Magendekompression vor Abflug
    • Oro-Magensonde ist der nasalen Magensonde vorzuziehen
  • Sondennahrung, die nicht über Dünndarmsonde verabreicht wird, vor dem Flug absetzen

grundlegendes Management des Beatmungsgeräts

Beatmungsparameter

  • Tidalvolumen bei…
    • … Volumenkontrolle
      • mit VT von 6 cm³/kg beginnen
      • bei Bedarf verringern, um inspiratorischen Spitzendruck (PIP) ≤ 35 (vorzugsweise ≤ 30) zu erreichen
      • nicht unter VT = 4 cm³/kg
    • … Druckkontrolle
      • mit PIP von 30 – 35 cmH2O beginnen (Differenz zwischen PEEP und PIP bestimmt die VT und wird als Antriebsdruck oder ΔP bezeichnet)
      • ΔP schrittweise verringern (durch Verringerung des PIP und/oder Erhöhen des PEEP) bis VT = 6 cm³/kg erreicht ist
      • akzeptabel ein niedriges VT von 4 cm³/kg anzustreben, wenn notwendig, um PIP ≤ 30 – 35cmH2O aufrechtzuerhalten
    • VT auf Grundlage des reellen Körpergewichts berechnen
    • VT = 8 cm³/kg bei spontan atmenden Patienten, die gegen das Beatmungsgerät ankämpfen, akzeptabel, solange der PIP oder Einstelldruck ≤ 35 mmHg (vorzugsweise ≤ 30 mmHg) bleibt
    • VT nicht zur Kontrolle des pCO2 erhöhen
  • Atemfrequenz (AF)
    • zwischen 6 – 35/min
    • so wählen, dass der pH-Wert ≥ 7,3 ist
    • aktueller pCO2-Wert nicht wichtig, nur pH-Wert (Nicht anwendbar auf TBI-Patienten)
      • respiratorische Azidose i.d.R. sehr gut toleriert
      • CAVE: Versuch, den pCO2-Wert zu normalisieren, verschlimmert die durch das Beatmungsgerät verursachte Lungenschädigung
  • PEEP und FiO2
    • Mindest-PEEP beträgt 5 cmH2O
    • PEEP und FiO2 titrieren, um SaO2-Wert von 92 – 96 % zu erreichen
    • PIP und VT nach jeder Änderung des PEEP prüfen; VT oder ΔP nach Bedarf anpassen
      • Erhöhung des PEEP kann PIP erhöhen und Verringerung der VT bei volumenkontrollierter Beatmung erforderlich machen

Alarme

  • Alarme so einstellen, dass das Team auf Fehler oder physiologische Veränderungen aufmerksam wird, ohne zu häufige Fehlalarme zu verursachen
  • empfohlene Anfangseinstellungen
    • Hochdruckalarm 50 % über dem Basis-PIP (1,5 x aktueller PIP)
    • Niederdruckalarm 50 % unter dem Basis-PIP (0,5 x aktueller PIP)
    • Alarm für zu hohe AF 10 über der AF der Patient*innen
    • Alarm für zu niedrige AF 10 unter der AF der Patient*innen
    • Alarm für Minutenvolumen 50 % unter der Basis-Minutenbeatmung eingestellt werden (0,5 x aktuelle Minutenbeatmung)

weiteres Management

Absaugung

  • Absaugung alle 4 Stunden ist angemessen, wenn keine massive Sekretion oder Schleimverstopfungen besteht
  • zu häufiges Absaugen kann zu De-Rekrutierung der Lunge führen und den Gasaustausch bei Patienten mit ARDS verschlechtern

ETT-Cuffdruck

  • beim Auf- und Abstieg können signifikante Veränderungen auftreten (Druck steigt beim Aufstieg, sinkt beim Abstieg)
  • Druck vor Abflug, auf Reiseflughöhe, während des Sinkflugs und nach Landung mit Manometer überprüfen

Mundpflege

  • regelmäßige Mundpflege senkt das Risiko beatmungsbedingter Lungenentzündungen
  • Chlorhexidin als bevorzugtes Mittel
  • alle 4 Stunden empfohlen

Überwachung und Anpassung der Beatmungsparameter

  • bedenken, dass Lungenmechanik und Gasaustausch sich während langer Transporte erheblich verändern können
  • überhöhte VT- und Inspirationsdrücke sind schädlich
    • bei volumenkontrollierter Beatmung VT schrittweise alle 10 min um 50 cm³ senken bis gewünschte Werte erreicht sind
    • bei druckgesteuerter Beatmung PIP alle 10 min schrittweise um 2 cmH2O senken bis gewünschte Werte erreicht sind
  • SaO2-Wert durch Titrieren von FiO2 und PEEP zwischen 92 – 96 % halten
    • FiO2-Werte können schnell nach oben oder unten korrigiert werden, da etwaige nachteilige Auswirkungen durch Umkehrung schnell behoben werden können
    • rasche Senkung kann zur Rekrutierung der Lunge führen, die schädlich und schwer umkehrbar ist
    • PEEP in Zeitraum von 6 h nicht um > 3 cmH2O verringern
    • Erhöhung des PEEP kann zur Verringerung des Herzzeitvolumens führen
    • bei steigendem PEEP kann Volumenbelastung erforderlich sein, insbesondere wenn der PEEP 10 cmH2O überschreitet

Management bei Entsättigung

  • anhand etCO2 prüfen, ob ETT in Trachea liegt
  • bei schwerer Entsättigung sofort manuelle Beutel-Maske-Beatmung mit hohem Sauerstofffluss und PEEP-Ventil
  • Gerätefehlfunktion, Verlust der O2-Versorgung, Unterbrechung der Schäuche/Leitungen ausschließen
  • Atemweg absaugen (gleichzeitige Beutel-Maske-Beatmung in Betracht ziehen), um Durchgängigkeit zu überprüfen und ggf. Schleimpfropfen zu entfernen
  • Erhöhung der Sedierung oder Muskelrelaxation bei Dyssynchronität des Beatmungsgerätes erwägen
  • Pneumothorax/Hämothorax in Betracht ziehen
    • Trend des Spitzendrucks bei Volumen-kontrollierter Beatmung überprüfen
    • VT-Trend bei Druck-kontrollierter Beatmung überprüfen (VT sinkt bei signifikantem Pneumothorax und ΔP verändert sich nicht)
    • vorhandene Thoraxdrainagen auf Funktionstüchtigkeit prüfen
    • ggf. Nadeldekompression und/oder Anlage Thoraxdrainage bei V.a. Pneumothorax und gleichzeitiger hämodynamischer Beeinträchtigung
  • Rekrutierungsmanöver erwägen und ggf. PEEP erhöhen
    • klassische Rekrutierungsmanöver besteht aus einer Inflation auf 30-40 cm H2O für 30-40 Sekunden; schwer durchführbar in RTHs
    • Rekrutierungsmanöver ggf. mit manueller Beatmung mit Beutel-Maske durchführen
      • PEEP-Ventil am Beutelventil auf 15 – 20 cmH2O einstellen und fünf aufeinander folgende Atemzüge, die Sie jeweils 5 – 8 sec lang sind, abgeben
        • Blutdruck genau beobachten und Manöver sofort abbrechen, wenn sich eine Hypotension entwickelt
      • ETT während Wechseln zwischen Beatmungsgerät und Beatmungsbeutel abklemmen (Exposition ggü. atmosphärischem Druck führt schnell zur Derekrutierung der Lunge, Hypoxämie und verstärkter beatmungsbedingter Lungenschädigung

Überwachung des Sauerstoffverbrauchs

  • verbrauchte Sauerstoffmenge regelmäßig überprüfen
  • bedenken, dass Sauerstoffverbrauch von Beatmungsgerät zu Beatmungsgerät variieren kann, selbst bei gleichen Einstellungen
  • bedenken, dass undichte Stellen im System übermäßigen Sauerstoffverbrauch verursachen können
  • Vergleich des tatsächlichen mit dem vorhergesagten Sauerstoffverbrauch ermöglicht die frühzeitige Erkennung eines übermäßigen Verbrauchs
Published inLeitlinien kompakt

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