veröffentlichende Fachgesellschaft: Queensland Hospital and Health Service
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 22.04.2024
Ablaufdatum: 12.04.2028
Quelle/Quelllink: https://www.childrens.health.qld.gov.au/for-health-professionals/queensland-paediatric-emergency-care-qpec/queensland-paediatric-clinical-guidelines/meningitis
Grundsätzliches
- bakterielle Meningitis seltener als virale Meningitis
- bakterielle Meningitis ist jedoch ernstere Erkrankung, die zu neurologischen Folgeerscheinungen oder sogar zum Tod führen kann
Unterscheidung
bakterielle Meningitis
- Sterblichkeitsrate: zw. 2 % bei Kindern und 20 % bei Neugeborenen
- bei 1/3 der Überlebenden vorübergehende oder dauerhafte neurologische Folgen
- > 90 % der Fälle bei Kindern < 5 Jahre
- bei Betroffenen < 3 Monate i.d.R. Infektion während der Geburt durch Aspiration von Darm- und Genitalsekreten der Mutter
- häufigste Erreger
- B-Streptokokken (Subtyp III)
- gramnegative enterische Bazillen (Eschericha coli, Klebsiella und Enterobacter)
- bei ungeimpften Säuglingen Haemophilus influenzae
- Listeria monocytogenes (Serotyp IVb)
virale Meningitis
- i.d.R. Diagnose nach Ausschluss bakterieller Meningitis
- häufigste Erreger
- Enteroviren
- Coxsackie-Viren
- Parechoviren (v.a. bei Säuglingen < 3 Monate)
- Herpes-simplex-Meningitis (HSV-Meningitis) sehr selten, dafür besonders verheerende Form der Herpesinfektion mit erheblicher Morbidität und Mortalität, bei unbehandeltem Verlauf
- fokale neurologische Zeichen, z. B. Dysphasie oder Hemiparese
- fokale Krampfanfälle
- Lymphozyten im Liquor
- KEINE Hautläsionen
- veränderter Bewusstseinszustand, d.h. ungewöhnliches Verhalten, Verwirrung, Persönlichkeitsveränderungen oder emotionale Labilität
Risikofaktoren
- kürzlicher Kontakt mit Fall von bakterieller Meningitis
- kürzlicher Kontakt mit HSV-„Fieberbläschen“ oder bestätigter Enterovirus-Infektion
- kürzliche Auslandsreisen
- mütterliche Streptokokken-Gruppe B-Kolonisierung (v.a. bei Säuglingen < 3 Monate)
- immungeschwächte Patient*innen
- neurochirurgische Eingriffe oder penetrierende Kopfverletzungen in jüngerer Vergangenheit
- Cochlea-Implantat
- nicht geimpfte Personen
Symptome
- akutes Auftreten (innerhalb von Stunden bis 1 – 2 Tagen) oder schleichend über mehrere Tage
- bei bis zu 75 % vorausgegangener oberer Atemwegsinfekt
- CAVE: Besserung nach Paracetamol-Gabe ist kein Ausschluss einer Meningitis
- häufig unspezifische Symptome und nicht der klassische Trias aus Fieber, Kopfschmerzen & Nackensteifigkeit (typischer Trias nur in < 50 % der Fälle bei älteren Kindern und Jugendlichen)
- bei bakterieller Meningitis
- Fieber
- Übelkeit und/oder Erbrechen
- Lethargie oder Reizbarkeit
- Photophobie und/oder Kopfschmerzen
- Anorexie
- Nackensteifigkeit (oft nicht vorhanden, insbesondere bei Kleinkindern und Säuglingen)
- positives Kernig- oder Brudzinski-Zeichen
- veränderter Bewusstseinszustand
- Schock
- Krampfanfälle
- fokale neurologische Defizite
- petechialer Hautausschlag (anfangs kann ein erythematöser makulopapulöser Ausschlag vorhanden sein)
- bei Säuglingen < 3 Monate
- vorgewölbte Fontanelle
- hochfrequentes Schreien
- schlechte Nahrungsaufnahme
- Atemstillstand
- Krampfanfälle
- Erbrechen
- Hypothermie oder instabil-schwankende Temperaturen
- Fieber bei Neugeborenen (Alter: < 29 Tage)
- bei älteren Kindern und Jugendlichen
- makulopapulöser, petechialer oder purpuröser Hautausschlag (oft unspezifisch; eher bei Viruserkrankung)
- Symptome der oberen oder unteren Atemwege
- Myalgien
- Bauchschmerzen
- bei HSV-Meningoenzephalitis auch spezifischere Symptome wie
- fokale neurologische Symptome (z.B. Dysphasie oder Hemiparese)
- fokale Krampfanfälle
- veränderter Bewusstseins-/Geisteszustand (z.B. ungewöhnliches Verhalten, Verwirrung, Persönlichkeitsveränderungen oder emotionale Labilität)
Differentialdiagnosen
- jeweils bakterielle oder virale Enzephalitis
- Vorhandensein von Viren im Blut (Virämie)
- Sepsis
- intrakranielle Ansammlungen (z.B. subdurales Empyem und Hirnabszess)
- eosinophile Meningitis
- akute disseminierte Enzephalomyelitis
- andere Infektionskrankheiten (z.B. Lungenentzündung, Otitis media, Gastroenteritis, Sinusitis und Pharyngitis)
Anamnese & Diagnostik
- Ziel von Anamnese & Diagnostik ist frühzeitige Erkennung von Kindern mit Meningitis
- angesichts der Relevanz einer frühzeitigen Antibiose am sichersten, bis zum Beweis des Gegenteils von einer bakteriellen Ursache auszugehen (v.a. bei Kindern < 5 Jahre)
- endgültigen Unterscheidung zwischen viraler und bakterieller Meningitis erst mit Laboruntersuchungen (Blut und Liquor) möglich
- Abklärung des aktuellen Impfstatus (reduziert Infektionsrisiko, aber kein Ausschluss)
- frühere Einnahme oraler Antibiotika (CAVE: Veränderung klinischer Merkmale und des Liquorbefundes)
- Abklärung der o.g. Risikofaktoren
- Vorhandensein offensichtlicher Erklärung für Fieber, wie Pharyngitis, Harnwegsinfektion oder Mittelohrentzündung, schließt Meningitis nicht aus
- hoher Verdacht bzgl. Meninigitis bei
- allen kranken, fiebrigen oder unterkühlten Neugeborenen (mit/ohne der o.g. Symptome)
- allen Kindern mit Fieber und Krämpfen, insbesondere Kinder < 2 Jahre
kritische Vitalparameter in Abhängigkeit des Alters
< 1 Jahr | 1 – 4 Jahre | 5 – 11 Jahre | > 12 Jahre |
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AF > 50/min | AF > 40/min | AF > 40/min | AF > 30/min |
HF < 90/min oder > 170/min | HF < 80/min oder > 160/min | HF < 70/min oder > 150/min | HF < 50/min oder > 130/min |
RRsys < 65 mmHg | RRsys < 70 mmHg | RRsys < 75 mmHg | RRsys < 85 mmHg |
SpO2 < 93 % bei O2-Therapie oder < 85 % bei Raumluft | SpO2 < 93 % bei O2-Therapie oder < 85 % bei Raumluft | SpO2 < 93 % bei O2-Therapie oder < 85 % bei Raumluft | SpO2 < 93 % bei O2-Therapie oder < 85 % bei Raumluft |
GCS ≤ 12 | GCS ≤ 12 | GCS ≤ 12 | GCS ≤ 12 |
Therapie
- Therapie gemäß ABCDE-Schema mit
- Sicherung der Atemwege
- Stabilisierung der Atmung
- Stabilisierung des Kreislaufs
- Therapie neurologischer Symptome wie Krampfanfälle, Hypoglykämie etc.
- frühzeitige Antibiotika-Gabe
- bei V.a. Meningitis und Kontraindikation hinsichtlich Lumbalpunktion oder Verzögerung > 30 min von selbiger, antimikrobielle Therapie i.v.
- antivirale Therapie bei HSV-Meningoenzephalitis in Betracht ziehen
- Gabe von Kortikosteroiden bei V.a. bakterielle Meningitis bei Patient*innen > 3 Monate in Betracht ziehen (am besten vor oder unmittelbar nach erster Antibiotika-Gabe)
- 0,15 mg/kg/Dosis Dexamethason i.v. (max. 10 mg/Dosis)
- darf Antibiotikagabe nicht verzögern
- Volumentherapie
- anhängig von klinischer Indikation
- sorgfältiges Flüssigkeitsmanagement und Elektrolytgleichgewicht
- keine Flüssigkeitsrestriktion in den ersten 48 h
- 20 mL/kg NaCl 0,9 % als Bolus; ggf. Wiederholung, wenn klinisch indiziert (Erhaltungsdosis: NaCl 0,9 % + Glucose 5 %)
- Transport-/Einweisungsindikationen
- Kinder mit bestätigter Meningitis sowie bei Verdacht oder wenn nicht ausschließbar
- Verdacht auf Sepsis
- Verdacht auf erhöhten ICP
- Schock
- kürzlich erlittener Krampfanfall
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