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Leitlinie „Reanimation“ der GRC bzw. „Adult advanced life support“, „Cardiac arrest in special circumstances“, „Post-resuscitation care“, „Newborn resuscitation and support of transition of infants at birth“ und „Paediatric Life Support“ der ERC

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutscher Rat für Wiederbelebung bzw. European Resuscitation Council
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 25.03.2021
Ablaufdatum: 24.03.2026
Quelle/Quelllink: https://www.grc-org.de/wissenschaft/leitlinien bzw. https://cprguidelines.eu/

ALS-Algorithmus

Quelle: https://www.grc-org.de/downloads/ALS%20Algo%20GRC%2015.08.2022.pdf

manuelle Defibrillation

  • so früh wie möglich defibrillieren
  • minimale Unterbrechungen der Thoraxkompression < 5 Sekunden
  • bei Anzeichen für ROSC ggf. Unterbrechung der Thoraxkompression erwägen, um Puls zu kontrollieren und Rhythmus zu analysieren
  • Sauerstoff min. 1 Meter von Brust des Patienten entfernt
  • anterolaterale Padposition ist die Position der Wahl für die initiale Padplatzierung
  • Schockabgabe bei mechanischer Reanimationshilfe ohne Unterbrechung der Thoraxkompressionen
  • 3 initiale Defibrillationen in Betracht ziehen bei einem beobachteten Kreislaufstillstand mit Kammerflimmern bzw. pulsloser ventrikulärer Tachykardie (VF/pVT) als Anfangsrhythmus und bei sofortiger Verfügbarkeit eines Defibrillators
  • bei biphasischer Impulsformen erster Schock mit min. 150 J
  • Schockenergie nach unwirksamen Schock und bei Patienten mit Refibrillation erhöhen
  • bei refraktärem VF ggf. anteriorposteriore Padposition erwägen

Atemwege und Beatmung

  • Atemwegs-Basismanagement und dann schrittweises Intensivieren der Maßnahmen je nach Erfahrung bis effektive Beatmung erreicht
  • erweiterte Atemwegstechniken (ETI etc.) nur durch Helfern mit großer Intubationserfahrung
  • Thoraxkompression für endotracheale Intubation für < 5 Sekunden unterbrechen
  • Verwendung von Video- oder direkter Laryngoskopie für ETI
  • Kapnografie zur Positionskontrolle des Endotrachealtubus sowie zur Überprüfung der CPR-Qualität
  • höchstmögliche Sauerstoff-Konzentration
  • mehr als 1 Sekunde Zeit lassen, bis sich der Brustkorb hebt
  • wenn ET oder SGA etabliert, Beatmung mit AF von 10/min und keine Beatmungspausen bei Thoraxkompressionen
  • bei SGA mit Leckage und unzureichender Beatmung wieder Kompressionsunterbrechung und zum 30:2-Verhältnis wechseln

Medikamente und Infusionen

  • primär i.v.-Zugang; i.o-Zugang nur, wenn i.v.-Zugang nicht erfolgreich oder nicht möglich
  • keine routinemäßige Gabe von „großen“ Volumina, wenn Genese des Arrests nicht klar hypovoläm ist
  • Gabe von 1 mg Adrenalin i.v. (i.o.) so schnell wie möglich
    • wiederholende Gabe von 1 mg Adrenalin i.v. (i.o.) alle 3 – 5 Minuten
  • bei Erwachsenen mit Kreislaufstillstand, die nach 3 Defibrillationen noch im VF/pVT sind, Gabe von 300 mg Amiodaron i.v. (i.o.)
    • bei Erwachsenen mit Kreislaufstillstand, die nach 5 Defibrillationen noch im VF/pVT sind, Gabe von 150 mg Amiodaron i.v. (i.o.)
    • alternativ zu Amiodaron 100 mg Lidocain i.v. (i.o.); nach 5 Defibrillationsversuchen 50 mg
  • kristalloide Infusionen i.v./i.o

Sonographie/POCUS

  • POCUS nur durch qualifizierte Untersucher
  • POCUS darf keine zusätzlichen oder längeren Unterbrechungen der Thoraxkompression verursachen
  • isolierte rechtsventrikuläre Dilatation kein absolutes Anzeichen für massive Lungenembolie
  • Beurteilung der Kontraktilität des Myokards kein alleiniger Indikator für Beendigung der CPR

mechanische Reanimationshilfen

  • mechanische Thoraxkompressionen nur in Betracht ziehen, wenn qualitativ hochwertige manuelle Thoraxkompressionen nicht praktikabel sind oder die Sicherheit des Teams beeinträchtigen
  • mechanische Reanimationsgeräte nur durch geschultes Personal verwenden, um die Unterbrechungen der Thoraxkompression zu minimieren

ROSC

Atemwege und Atmung

  • ggf. weitere Sicherung der Atemwege und Beatmung
    • Atemzugvolumen von 6 – 8 ml/i kgKG (ideales Körpergewicht in kg)
  • Patienten mit kurzzeitigem Kreislaufstillstand, die sofort wieder normale Gehirnfunktion und normale Atmung aufweisen, benötigen meist keine endotracheale Intubation, jedoch Sauerstoffgabe über Gesichtsmaske, wenn SpO2 < 94 %
  • Hypoxämie (PaO2 < 8 kPa bzw. < 60 mmHg) und Hyperoxämie vermeiden
  • Ziel-Sauerstoffsättigung (SaO2) von 94 – 98 %
  • normalen arteriellen Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2) anstreben (PaCO2 4,5 – 6,0 kPa bzw. 35 – 45 mmHg)
  • zielgerichtetes Temperaturmanagement (TTM)
    • Zieltemperatur für mindestens 24 Stunden konstant zwischen 32 °C und 36 °C halten
    • Fieber für min. 72 Stunden vermeiden
      • ggf. kalte i.v.-Infusionen zu Kühlung

Kreislauf

  • EKG (Diagnostik bzgl. ST-Erhöhungen)
  • Vermeidung Hypotonie (< 65 mmHg)
  • während TTM von 33°C kann Bradykardie unbehandelt bleiben
  • Perfusion mit Volumen, Noradrenalin und/oder Dobutamin patientenadaptiert aufrechterhalten
  • keine routinemäßige Steroidegabe
  • Hypokaliämie vermeiden (CAVE: ventrikuläre Arrhythmien
  • mechanische Kreislaufunterstützung (intraaortale Ballonpumpe (IABP), linksventrikuläres Assist Device (LAD) oder ECMO erwägen, wenn bei einem andauernden kardiogenen Schock, die Behandlung mit Volumen, Inotropika und vasoaktiven Pharmaka unzureichend ist

Neurologie

  • Krampfanfälle nach einem Kreislaufstillstand mit Levetiracetam oder Natriumvalproat als First-line-Antiepileptika zusätzlich zur Gabe von Sedativa behandeln
  • keine routinemäßige Anfallsprophylaxe
  • kurz wirksame Sedativa und Opioide verwenden
  • keine routinemäßige Gabe von Muskelrelaxanzien
  • routinemäßig Medikamente zur Stressulkusprophylaxe
  • Blutzuckerspiegel von 5–10 mmol/l (90–180 mg/dl) anpeilen
  • keine routinemäßige prophylaktische Antibiotikagabe

Zielkrankenhaus

  • Erwachsene mit nichttraumatischem OHCA in Cardiac Arrest Zentrum

Beendigung der Reanimation

  • nur in Betracht ziehen, wenn qualitativ hochwertige manuelle Thoraxkompressionen nicht praktikabel sind oder die Sicherheit des Anwenders beeinträchtigen
  • keine Reanimation wenn dies nicht den Wünschen des/der Patient:in enspricht, bei sicheren Todeszeichen oder nicht dem Leben vereinbarer Verletzung oder bei Gefahr für Helfende
  • Abbruch erwägen bei persistierender Asystolie > 20 Minuten trotz ALS und fehlendem reversiblen Faktor oder bei unbeobachtetem Stillstand mit initial-nicht schockbarem Rhythmus und schwerer Co-Morbidität/zuvor bereits deutlich eingeschränkter Lebensqualität

Tachykardie

  • elektrische Kardioversion bevorzugte Therapieoption für Tachyarrhythmien bei instabilen Patienten mit potenziell lebensbedrohlichen Symptomen
    • wache Patienten vorher anästhesieren bzw. sedieren
  • um atriale oder ventrikuläre Tachyarrhythmien zu konvertieren, muss Schock R-Zacke-synchronisiert erfolgen
  • bei Vorhofflimmern ist initialer synchronisierter Schock ist bei maximaler Defibrillatorenergie anstelle eines eskalierenden Ansatzes, eine anerkannte Strategie
  • bei Vorhofflattern und paroxysmaler supraventrikulärer Tachykardie
    • initiale Schock mit 70 – 120 J
    • Energie ggf. schrittweise erhöhen
  • bei ventrikulärer Tachykardie mit Puls
    • initialer Schock mit 120–150 J
    • Energie ggf. schrittweise erhöhen
  • falls Kardioversion frustran und Patient weiterhin instabil
    • Gabe von 300 mg Amiodaron über 10 – 20 Minuten i.v., dann erneute elektrische Kardioversion; ggf. anschließend Amiodaron-„Loading Dose“ mit Infusion von 900 mg über 24 Stunden
  • falls Kardioversion frustran und Patient stabil
    • medikamentöse Behandlung ggf. möglich

Bradykardie

  • 500 μg (0,5 mg) Atropin i.v. (i.o.) und dies, wenn nötig alle 3 – 5 Minuten wiederholen (max. 3 mg)
  • falls Atropin unwirksam Isoprenalin (5 μg/min als initiale Dosierung) oder Adrenalin (2 – 10 μg/min)
  • ggf. Theophyllin (100–200 mg langsam i.v.), wenn Bradykardie bedingt durch inferioren Myokardinfarkt, nach Herztransplantation oder bei Rückenmarksverletzung
  • Gabe von Glukagon erwägen, wenn Betablocker oder Kalziumkanalblocker als Ursache der Bradykardie in Frage kommen
  • Schrittmachertherapie, die auf medikamentöse Therapie nicht ansprechen
  • falls P-Wellen-Asystolie im EKG, regiert diese anders als bei echter Asystolie wahrscheinlich auf kardiale Stimulationstherapie
  • falls Atropin wirkungslos und transkutane Schrittmachertherapie nicht unverzüglich verfügbar, ggf. Faustschlagstimulation versuchen

besondere Umstände

Hypoxie

  • Standard-ALS-Algorithmus folgen und Patienten mit asphyktischem Kreislaufstillstand wiederbeleben
  • Behandlung der Ursachen der Asphyxie bzw. Hypoxämie hat höchste Priorität
  • effektive Beatmung mit höchstmöglicher inspiratorischer Sauerstoffkonzentration bei Patienten mit asphyktischem Kreislaufstillstand

traumatischer Kreislaufstillstand (TCA)

  • sofortige, gleichzeitige Behandlung reversibler Ursachen hat Vorrang vor Thoraxkompressionen (Thoraxkompression darf Behandlung reversibler Ursachen nicht verzögern)
  • TCA (hypovolämischer Schock, obstruktiver Schock, neurogener Schock) unterscheidet sich vom Kreislaufstillstand aus medizinischer Ursache
  • Sonografie nutzen, um die zugrunde liegende Ursache für den Kreislaufstillstand zu identifizieren und Wiederbelebungsmaßnahmen gezielt einzusetzen
  • Blutungen mit äußerem Druck, hämostatischer Gaze, Tourniquets und einer Beckenschlinge behandeln
  • Don’t pump an empty heart“ – Volumentherapie!
  • Reanimationsthorakotomie (RT) relevant bei der TCA und der traumatischen Periarrest-Situation

Anaphylaxie

  • Abarbeitung gemäß ABCDE-Konzept
  • primär 0,5 mg Adrenalin i.m. in anterolateralen Oberschenkel; ggf. Wdh. nach 5 min
  • ggf. Adrenalin-i.v.-Bolus (20–50 µg) oder eine Adrenalini.v.-Infusion bei therapierefraktärer Anaphylaxie
  • alternative Vasopressoren wie Vasopressin, Noradrenalin, Metaraminol, Phenylephrin bei therapierefraktärer Anaphylaxie erwägen
  • Glukagon i.v. bei Patienten, die Betablocker einnehmen, erwägen

Sepsis

  • „Surviving Sepsis Guidelines Hour-1-Bundle“ zur initialen Reanimation bei Patienten mit Sepsis und septischem Schock befolgen
  • Gabe von Breitbandantibiotika und frühzeitige Ursachensuche
  • schnellen Infusion von 30 mL/kgKG Kristalloiden bei Hypotonie
    • initialer i.v.-Bolus von 500 mL Kristalloide bei Reanimation; weitere Boli erwägen
  • Vasopressoren applizieren, wenn der Patient während oder nach der Flüssigkeitsgabe hypoton ist, um einen mittleren arteriellen Druck (MAP) von ≥ 65 mmHg aufrechtzuerhalten
  • Gabe von Sauerstoff mit maximal möglicher inspiratorischer Konzentration
  • ggf. endotracheal intubieren

Hypo-/Hyperkaliämie und andere Elektrolytstörungen

  • EKG, ggf. weitere rasche Diagnostik
  • Abarbeitung gemäß ABCDE-Konzept
  • korrigieren aller Anomalien
  • Anlage i.v.-Zugang

Hypothermie

  • Kerntemperatur mit einem für niedrige Temperaturen geeigneten Thermometer feststellen
  • Vitalfunktionen bis zu einer Minute überprüfen
  • präklinisch sind Isolationsdecke, Triage, schneller Transport in ein Krankenhaus und Wiedererwärmung die Schlüsselinterventionen
  • hypotherme Patienten mit Risikofaktoren für bevorstehenden Kreislaufstillstand, d.h. Kerntemperatur < 30 °C, ventrikuläre Arrhythmie, systolischer Blutdruck < 90 mmHg, und Patienten im Kreislaufstillstand idealerweise zur Wiedererwärmung direkt in ECLS-Zentrum bringen
  • wenn Kammerflimmern (VF) nach 3 Schocks persistiert, mit weiteren Defibrillationsversuchen warten bis die Kerntemperatur > 30 °C
  • mit Adrenalingaben warten bis Kerntemperatur < 30 °C ist
    • bei Kerntemperatur > 30 °C Verlängerung Doseirungsintervall auf 6 – 10 Minuten
  • bei hypothermen Patienten im Kreislaufstillstand < 28 °C kann die CPR verzögert begonnen werden, wenn sie vor Ort zu gefährlich oder nicht durchführbar ist (intermitierend reanimieren, wenn kontinuierliche CPR nicht möglich)
  • bei hypothermem Kreislaufstillstand Wiedererwärmung mit ECLS durchgeführen, vorzugsweise mit ECMO über kardiopulmonalen Bypass (CPB)

Lawinenrettung

  • Kreislaufstillstand initial mit 5 Beatmungen behandeln, da Hypoxie die wahrscheinlichste Ursache ist
  • Standard-ALS, wenn die Verschüttungszeit < 60 Minuten ist
  • alle Reanimationsmaßnahmen, einschließlich ECLS-Wiedererwärmung, durchführen bei Lawinenopfern mit einer Verschüttungszeit > 60 Minuten ohne Zeichen für eine Atemwegsverlegung oder zusätzliche Verletzungen
  • CPR bei einem Kreislaufstillstand mit einer Verschüttungszeit von > 60 Minuten und zusätzlichen Hinweisen auf einen verlegten Atemweg als sinnlos betrachten
Quelle: https://www.grc-org.de/downloads/ICPR%20Algo%20GRC%2004.04.2022.pdf

Hyperthermie

  • Hitzeesynkope
    • Patienten in eine kühle Umgebung bringen
    • passiv abkühlen lassen
    • orale isotone oder hypertone Flüssigkeiten bereitstellen
  • Hitzeerschöpfung
    • Patienten in eine kühle Umgebung bringen
    • flach lagern
    • isotone oder hypertone Flüssigkeit i.v. verabreichen, zusätzlich Elektrolytersatztherapie mit isotoner Flüssigkeit in Betracht ziehen (Ersatz mit 1 – 2 L Kristalloiden mit 500 mL/h ist häufig ausreichend)
    • einfache externe Kühlmaßnahmen normalerweise nicht erforderlich, das wären Wärmeleitung, Wärmeströmung und Verdunstung (siehe Abschnitt 10 – Erste Hilfe)
  • Hitzschlag („Cool and Run“ empfohlen)
    • Patienten in eine kühle Umgebung bringen
    • Flachlagerung
    • sofortige aktive Kühlung durch komplette Körperimmersion (vom Hals abwärts) in Wasser (1 – 26 °C) bis zu einer Kerntemperatur < 39 °C
      • wenn kein Eintauchen in Wasser möglich ist, sofort mit der aktiven oder passiven Technik beginnen, die die schnellste Abkühlgeschwindigkeit verspricht
  • isotone oder hypertone i.v.-Infusionen (mit Serumnatrium 130 mmol/l bis zu 3×100 ml NaCl 3 %)
    • zusätzlichen Elektrolytersatz durch isotone Flüssigkeiten erhebliche Flüssigkeitsmengen erforderlich können sein.
  • bei Hitzschlag unter Belastung Abkühlgeschwindigkeit von mehr als 0,10 °C pro Minute sicher und wünschenswert

maligne Hyperthermie

  • auslösende Agens sofort stoppen
  • Sauerstoffgabe
  • Normokapnie durch Hyperventilation anstreben
  • Korrektur der schweren Azidose mit Natriumbikarbonat (1 – 2 mmol/kgKG) erwägen
  • Hyperkaliämie (Kalzium, Glukose/Insulin, Hyperventilation) behandeln
  • aktive Kühlung

Thrombose

Lungenembolie

  • ABCDE-Schema
  • O2-Gabe
  • 12-Kanal-EKG (Ausschluss ACS, Zeichen rechtsventrikuläre Belastung) sowie weiterer Ausschluss von Pneumothorax und Anaphylaxie
  • Gabe von 80 IE/kgKG Heparin i.v. (CAVE: Kontraindikationen beachten!)
  • Gabe von Thrombolytika bei OHCA
  • bei sich schnell verschlechternden Patienten notfallmäßig eine Thrombolyse durchführen
  • Reanimation bei LE/LAE
    • üblicherweise als pulslose elektrische Aktivität (PEA)
    • niedrige etCO2 -Werte (< 1,7 kPa/13 mmHg) unter sehr guten Thoraxkompressionen können Diagnose einer Lungenembolie stützen
    • Notfallechokardiografie erwägen
    • Thrombolytika-Gabe, wenn eine LE als Ursache vermutetdann min. 60 – 90 min reanimieren

Koronarthrombose

  • Symptome, die auf eine Koronarthrombose hindeuten
    • Brustschmerz vor dem Kreislaufstillstand
    • bekannte koronare Herzkrankheit
    • initialer Rhythmus: VF, pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT)
    • ST-Hebung im 12-Kanal-EKG nach Reanimation
  • Patienten mit dauerhaftem ROSC
  • PCI ≤ 120 Minuten nach Diagnose
  • Druchführung prähospitale Thrombolyse, wenn primäre PCI in ≤ 120 Minuten nicht möglich, danach Transport in PCI-Zentrum

Herzbeuteltamponade

  • Dekomprimierung des Perikards mittels Notfallthorakotomie, bestenfalls nach Diagnose mittels PoC-Sonographie

Spannenpneumothorax

  • Diagnostik aufgrund Klinik des Patienten und/oder POCUS
  • sofortige Thoraxdekompression durch Thorakostomie bei Kreislaufstillstand oder schwerer Hypotonie
  • Nadeldekompression als Sofortmaßnahme mit spezieller Nadel (immer gefolgt von Thorakostomie oder Thoraxdrainage)
    • Nadeldekompression hat Vorrang vor anderen Maßnahmen

Vergiftung

  • hypertensive Intox-Notfälle mit Benzodiazepinen, Vasodilatatoren und reinen Alphaantagonisten behandeln
  • arzneimittelbedingte Hypotonie spricht normalerweise auf i.v.-Flüssigkeitsgabe an
  • frühzeitig erweitertes Atemwegsmanagement planen
  • so bald wie möglich Antidota applizieren
  • keine Mund-zu-Mund-Beatmung bei Intoxikation mit Zyanid, Schwefelwasserstoff, Ätzmitteln und Organophosphaten
  • Temperaturmessung, da bei Intoxikationen Hypo- oder Hyperthermie auftreten kann
  • ggf. länger als sonst reanimieren, da die Toxinkonzentration nur langsam sinkt, da das Toxin während langdauernder Reanimationsmaßnahmen metabolisiert oder ausgeschieden wird
  • Kontakt mit regionalen oder nationalen Giftzentren aufnehmen

Ertrinken

  • dynamische Risikobewertung durchführen
  • lebensbedrohliche Hypoxie mit 100 % Sauerstoff therapien, bis die Sauerstoffsättigung (SpO2) oder der Sauerstoffpartialdruck (PaO2) zuverlässig messbar ist
    • arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) von 94 – 98 % als Ziel
  • bei Atemnot eine nichtinvasive Beatmung erwägen, falls durchführbar
  • ECMO erwägen, wenn Reaktion auf invasive Beatmung schlecht
  • Monitoring mit HF, RR und EKG
  • Anlage pVK und i.v.-Infusion und/oder vasoaktive Pharmaka erwägen
  • Messung Körperkerntemperatur –> Hypothermie-Algorithmus, wenn die Kerntemperatur < 35 °C
  • Reanimation
    • Beginn mit Beatmung und Thoraxkompression ggf. schon im Wasser
    • initial 5 Beatmungen mit 100 % inspiratorischem Sauerstoff
      • falls Patient weiterhin bewusstlos -> (p)ALS-Reanimation

Großschadensfall

  • Risiken identifizieren und Unterstützung anfordern
  • Eigenschutz beachten (angemessene PSA, ggf. kugelsichere Weste, Atemschutzmaske, langärmeligen Schutzkittel, Augen- und Gesichtsschutz)
  • lokal gültiges Triage-System verwenden
    • lebensrettende Maßnahmen bei Patienten durchführen, die als „sofort therapieren“ (höchste Priorität) eingestuft wurden

Ashtma und COPD

  • Abarbeitung gemäß ABCDE-Konzept
  • Sauerstoffgabe bei lebensbedrohlicher Hypoxie
    • SpO2-Zielwerte: 94-98 % bei Asthma, 88-92 % bei COPD
  • Beurteilung AF, Gebrauch Atemhilfsmuskulatur, Fähigkeit ganze Sätze zu sprechen, SpO2, Perkussion und Auskultation
  • Verneblung Bronchodialatatoren (z.B. Salbutamol)
  • Steroide i.v. (Prednisolon 40–50 mg oder Hydrokortison 100 mg)
  • MgSO4 i.v. erwägen
  • Beurteilung HF, Blutdruck und EKG
  • Anlage pVK
  • Reanimation
  • 100 % Sauerstoffgabe
  • Beatmung mit AF von 8 – 10/min und ausreichendem AZV bis Brust sich hebt
  • Prüfen auf Spannungspneumothorax (ggf. therapieren)
  • Gabe von Infusion i.v.

Schwangerschaft

  • Lagerung in linkslateraler Position oder Uterus manuell vorsichtig nach links schieben
  • pulsoxymetriegesteuerte O2-Gabe
  • Gabe Flüssigkeitsbolus (Hypotonie, Hypovolämie)
  • zugrunde liegende Ursache des Kreislaufstillstand, z. B. Blutungen oder Sepsis, klären und behandeln
  • bei postpartaler Blutung 1g TXA
  • bei Rea > 20 SSW Lagerung
    • Uterusverlagerung manuell nach links
    • wenn mgl. Patientin leicht nach links drehen (15-30 °); effektive Thoraxkompression und bei Bedarf Kaiserschnitt muss weiterhin möglich sein
  • frühzeitig Notfallhysterostomie vorbereiten; Kind muss entbunden werden, wenn Reanimation nicht sofort, innerhalb von 4 Minuten, gelingt
  • wenn Gestitationsalter > 20 Wochen oder Uterus über Nabelniveau tastbar und Reanimation innerhalb von 4 Minuten misslingt, Fötus durch einen Notfallkaiserschnitt in Zeitfenster von 5 Minuten entbinden
  • Defibrillator-Pads so standardisiert wie möglich platzieren

Neugeborenen Life Support (NLS)

Material und Umgebung

  • notwendiges Material und alle Geräte regelmäßig überprüfen
  • Checklisten können eine effektive Vorbereitung erleichtern
  • Versorgung eines Neugeborenen soll in einer warmen, gut beleuchteten, zugluftfreien Umgebung
    • Kind vor Zugluft schützen
    • Raumtemperatur von 23 bis 25 °C
    • bei Frühgeborenen < 28+0 SSW Raumtemperatur > 25 °C

Wärmemanagement

  • Körpertemperatur nach der Geburt regelmäßig beurteilen
  • Temperatur von Neugeborenen zwischen 36,5°C und 37,5°C halten
  • Hypothermie (≤ 36,0°C) als auch Hyperthermie (> 38,0°C) vermeiden
  • therapeutische Hypothermie nach erfolgreicher Reanimation in Betracht ziehen
  • Kind sofort nach der Geburt sorgfältig abtrocknen
  • um weiteren Wärmeverlust zu vermeiden, Kopf und Körper des Neugeborenen, unter Aussparung des Gesichts, mit einem warmen, trockenen Tuch bedecken
  • falls keine Wiederbelebung notwendig, nacktes Neugeborenes auf Brust der Mutter legen und beide zudecken
  • Frühgeborene vor 32+0 SSW unter Aussparung des Gesichts komplett in durchsichtige Plastikfolie hüllen; vorher nicht abtrocknen
    • Neugeborenes verzögert abnabeln

Abnabeln

  • verzögert, frühestens nach 1 Minute, abnabeln, wenn das Neugeborene keine Reanimationsmaßnahmen benötigt
  • Abnabeln idealerweise erst nach Belüftung der Lunge
  • wenn verzögertes Abnabeln nicht möglich, Ausstreifen der Nabelschnur bei Neugeborenen ab 28+0 SSW in Betracht ziehen

initiale Beurteilung

  • initiale Beurteilung des Neugeborenen nach Geburt ggf. bereits vor Abnabelung
    • Muskeltonus (und Hautkolorit)
    • Qualität der Spontanatmung
    • Herzfrequenz
  • regelmäßige Wiederbeurteilung von Atmung und Herzfrequenz ist erforderlich, um möglichst rasch und effektiv zu erkennen, ob das Neugeborene eine physiologische Anpassung zeigt
  • Neugeborenes sanft stimulieren, indem man über Fußsohlen streicht oder über Rücken reibt; aggressive Stimulation unbedingt vermeiden
  • Hautkolorit ist nur sehr schlecht zur Beurteilung der Sauerstoffsättigung geeignet; Zyanose grundsätzlich schwer zu erkennen
    • ausgeprägte Blässe ggf. Zeichen auf Schock, selten auf Blutverlust oder Hypovolämie
  • Atemfrequenz, Atemarbeit/Anstrengungen bzw. Atemtiefe beurteilen und auf symmetrische Bewegungen des Brustkorbs achten, um die Spontanatmung zu bewerten (suffizient; insuffizient/pathologische Atemmuster – wie Schnappatmung oder Stöhnen; fehlend)
  • Herzfrequenz mit Stethoskop und Sättigungsmonitor +/- EKG bestimmen
    • schnell (> 100/min) –> normal
    • langsam (60 – 100/min) –> mögl. Hypoxie
    • sehr langsam/nicht vorhanden (< 60/min) –> kritisch, Hypoxie wahrscheinlich

Reanimation

  • initiale Beurteilung und erste Maßnahmen zur Atemunterstützung wie Beatmung fortsetzen, wenn
    • Neugeborenes keine suffiziente und regelmäßige Spontanatmung entwickelt
    • Herzfrequenz weiter unter 100/min liegt
  • Reanimationsmaßnahmen beginnen, wenn initiale Beurteilung zeigt, dass das Neugeborene keine suffiziente Spontanatmung oder Herzfrequenz < 100/min hat
  • initial Öffnen und das Offenhalten der Atemwege, um Einsetzen einer suffizienten Spontanatmung zu unterstützen
    • Lagerung in Rückenlage mit Kopf in Neutralposition
    • Vorziehen des Unterkiefers (Esmarch-Handgriff);
    • Durchführung des Esmarch-Handgriffs mit zwei Händen ermöglicht besseres Vorziehen des Unterkiefers
    • ggf. Guedel-/Wendl-Tubus bei reifen Neugeborenen
    • Absaugen der oberen Atemwege nur erforderlich, wenn – nach Ausschluss aller anderer Ursachen für eine insuffiziente Beatmung – unter direkter Sicht Schleim, Käseschmiere, Mekonium oder Blutgerinnsel als die Ursache der Atemwegsobstruktion im Pharynx identifiziert werden können
      • kein routinemäßiges tracheales Absaugen, da dies Beatmung verzögert
  • Maskenbeatmung, idealerweise innerhalb der ersten 60 Sekunden nach der Geburt, so schnell wie möglich beginnen bei apnoeischen oder nicht suffizient atmenden Neugeborenen
    • Maske in passender Größe verwenden
    • Beatmungshilfe, die eine Überdruckbeatmung ermöglicht, zusammen mit einer Maske passender Größe mit guter Passform verwenden
    • fünf initiale Beatmungshübe mit einer verlängerten Inspirationszeit von 2 – 3 Sekunden
    • bei reifen Neugeborenen Spitzendruck von 30 cm H2O und 21 % O2 (Raumluft); bei Frühgeborenen < 32+0 SSW Spitzendruck von 25 cm H2O und 21-30 % O2
    • rascher HF-Anstieg (innerhalb von 30 Sekunden) oder stabil-hohe Herzfrequenz sind bester Hinweis für erfolgreiche Belüftung der Lungen und Oxygenierung
    • Überprüfung auf regelgerechte Thoraxexkursionen
    • Beatmung fortsetzen bis HF > 100/Minute plus suffiziente Spontanatmung
    • Beatmung mit AF von 30/min und Inspirationszeit < 1 sec
    • Spitzendruck reduzieren, wenn Thorax sich ausreichend hebt
    • Herzfrequenz und Atmung min. alle 30 sec überprüfen
    • Atemwegssicherung (Larynxmaske/Tubus) erwägen, wenn Neugeborenes auch unter langer Beatmung keine suffiziente Spontanatmung entwickelt oder Maskenbeatmung (trotz Maßnahmen zur Optimierung der Maskenbeatmung, wie 2-Hände-Esmarch-Handgriff und Verwendung von Atemwegshilfen, s.u.) nicht effektiv ist
    • bei keinem HF-Anstieg und fehlender Thoraxexkursion trotz Beatmung Equipment überprüfen, Kopfposition überprüfen und Unterkiefer vorziehen sowie Größe, Position und Dichtigkeit der Beatmungsmaske überprüfen
    • zunächst Atemunterstützungbmittels CPAP, entweder über Maske oder nasale Prongs erwägen
  • Larynxmaske
    • bei Neugeborenen > 34+0 SSW (ca. 2000 g); wobei Larynxmasken auch bei Frühgeborenen ab 1500 g erfolgreich eingesetzt werden konnten
    • wenn Beutel-Maske-Beatmung nicht suffizient gelingt
    • als Alternative zu trachealer Intubation
  • endotracheale Intubation
    • tracheale Intubation erwägen
      • wenn alle Manöver zur Optimierung der Maskenbeatmung nicht erfolgreich sind
      • ͧbei längerer Beatmung, um den Atemweg zu sichern
      • ͧwenn Absaugen der unteren Atemwege notwendig erscheint, um eine vermutete Obstruktion der Trachea zu beseitigen
      • unter länger andauernden Reanimationsmaßnahmen
      • unter besonderen Umständen (z. B. bei einer angeborenen Zwerchfellhernie oder zur Surfactantgabe)
    • etCO2-Messung zur Überprüfung der Tubuslage
    • adäquates expiratorisches Tidalvolumen von etwa 5 bis 8 mL/kg KG)
    • Verwendung der Videolaryngoskopie
  • Raumluft/Sauerstoff
    • Sauerstoffmischer und Pulsoximetrie verwenden
    • innerhalb der ersten 5 Minuten nach der Geburt soll das Neugeborene eine Sauerstoffsättigung zeigen, die über der 25. Perzentile für gesunde Neugeborene liegt (siehe untere Tabelle)
    • Sauerstoffkonzentration stufenweise erhöht werden, um eine ausreichende präduktale Sauerstoffsättigung zuerreichen, wenn trotz effektiver Beatmungen kein Anstieg der Herzfrequenz erfolgt oder die Sättigung niedrig bleibt
    • inspiriatorische Sauerstoffkonzentration verringern, wenn die präduktale (rechte Hand) Sättigung 95% überschreitet
    • Reanimationsmaßnahmen sollen je nach Gestationsalter mit Raumluft oder mit niedriger Sauerstoffkonzentration begonnen werden:
      • ≥ 32+0 SSW: 21 %
      • 28+0 bis 31+6 SSW: 21 – 30 %
      • < 28+0 SSW: 30 %
Zeit nach Geburt (min)unterer SpO2-Grenzwert (%)
265
585
1095
  • Thoraxkompressionen
    • Verhältnis 3 zu 1 Thoraxkompression zu Beatmung
    • Kompressionsfrequenz soll etwa bei 120/min liegen
      • ca. 15 Zyklen von Thoraxkompressionen und Ventilationen in 30 Sekunden
    • für Thoraxkompressionen nach Möglichkeit den Thorax umgreifen und 2-Daumen-Technik verwenden
    • Druckpunkt unterhalb der gedachten Linie zwischen den Mamillen
    • Kompressionstiefe etwa 1/3 des Thoraxdurchmessers
    • Beurteilung aller Maßnahmen alle 30 Sekunden
  • Gefäßzugang und Medikamente
    • während der Reanimation eines Neugeborenen nach der Geburt ist der periphervenöse Zugang für die Verabreichung von Medikamenten wahrscheinlich schwierig etablierbar und insgesamt suboptimal
    • Nabelvene bietet bei Neugeborenen einen schnellen Gefäßzugang (Methode der ersten Wahl)
      • Nabelvenenkatheter vor Verwendung entlüften und als „geschlossenes System“ verwenden
      • korrekte Lage durch Aspiration von Blut über Katheter prüfen bevor Medikament oder Flüssigkeit appliziert wird
      • im Notfall kann saubere und nicht zwingend sterile Arbeitsweise ausreichend sein
    • intraossäre Zugang (i.o.) stellt eine alternative Methode für den Notfallzugang dar
  • Medikamente
    • Adrenalin i.v./i.o. bei HF < 60/min trotz suffizienter Beatmung und Thoraxkompression
      • 10 – 30 µg/kg KG (0,1 – 0,3 mL/kg KG 1: 10.000 Adrenalin [1000 µg in 10 mL])
      • tracheale Dosis: 50 – 100 µg/kg KG (falls i.v./i.o. nicht mgl.)
      • wiederholte Gaben alle 3 – 5 Minuten, wenn die Herzfrequenz < 60/min bleibt
    • Glucose i.v./i.o. zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Hypoglykämie unter prolongierter Reanimation
      • 250 mg/kg KG als Bolus (2,5 mL/kg KG 10%ige Glukoselösung)
    • Volumentherapie i.v./i.o. bei Verdacht auf Blutverlust oder Schock
      • 10 mL/kg KG Rh-negatives Blut der Gruppe 0 oder isotonische kristalloide Lösung
    • Natriumbikarbonat i.v./i.o., um eine intrakardiale Azidose günstig zu beeinflussen
      • 1 – 2 mmol/kg KG Natriumbikarbonat (2 – 4 mL/kg KG 4,2%ige Lösung
      • langsame intravenöse Gabe
    • Naloxon i.m. bei Neugeborene von Müttern, bei welchen eine Opioidgabe bekannt ist, welche trotz gutem HZV apnoisch bleiben
      • 200 µg als Initialdosis
      • Naloxon ist nur kurz wirksam, daher ist im Verlauf ein kontinuierliches Monitoring der Atmung entscheidend
  • ROSC-Management
    • Überwachung Glukosespiegel bzw. Verhinderung großer Schwankungen der Blutglukosewerte bzw. Verhinderung hyper- und hypoglykämische Phasen
      • ggf. Glucoseinfusion
    • Körperkerntemperatur zwischen 36,5°C und 37,5°C halten
      • ggf. therapeutische Hypothermie von 33 – 34°C bei Neugeborene, die klinische und/oder biochemische Hinweise auf ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer mittelschweren oder schweren hypoxischischämische Enzephalopathie aufweisen

Kommunikation mit den Eltern

  • Entscheidungen zur aktiven Versorgung eines Neugeborenen mit komplizierter Symptomatik in enger Absprache mit den Eltern und erfahrenen Pädiatern, Hebammen- und Geburtshelfern, wenn möglich
  • Eltern und engen Bezugspersonen ermöglichen bei unterstützende Maßnahmen bzw. Reanimationsmaßnahmen anwesend zu sein, wann immer die Situation und die Infrastruktur dies zulassen
    • dabei sowohl Bedürfnisse der Eltern als auch des Teams berücksichtigen
    • unabhängig davon, ob Eltern bei Reanimation anwesend sind, muss sichergestellt sein, dass die Eltern über den Zustand des Kindes und die Behandlung wann immer möglich informiert und aufklärt werden, warum diese notwendig waren
    • wenn es die Situation zulässt, kann es hilfreich sein, wenn ein Mitglied des Teams die Eltern während der Reanimation betreut und immer wieder über den Zustand des Kindes und die durchgeführten Maßnahmen informiert
  • den Eltern, so bald wie möglich nach der Entbindung oder auch einer Reanimation, selbst wenn Wiederbelebungsmaßnahmen nicht erfolgreich waren, ermöglichen ihr Kind zu halten bzw. Haut-zu-Haut-Kontakt mit ihrem Neugeborenen herzustellen
  • alle Ereignisse und auch alle nachfolgenden Gespräche mit den Eltern gut dokumentieren
  • Eltern auch im weiteren Verlauf Gespräche anbieten, die den Eltern helfen sollen, die Ereignisse zu reflektieren, zu begreifen und in der Folge auch aufarbeiten zu können; ggf. auch zusätzliche psychologische oder seelsorgerische Unterstützung hinzuziehen

Verzicht auf und Beendigung von Reanimationsmaßnahmen

  • Verzicht oder Beendigung von Reanimationsmaßnahmen muss grundsätzlich immer auf Basis aktueller nationaler und regionaler Outcomedaten interpretiert und getroffen werden
  • Wann immer Reanimationsmaßnahmen abgebrochen, zurückgenommen oder begründet vorenthalten werden, muss das Therapieziel auf das Wohlbefinden und ein Sterben in Würde für das Neugeborene und dessen Familie geändert werden.
  • Entscheidungen idealerweise immer unter Einbeziehung erfahrener NeonatologInnen bzw. KinderärztInnen treffen
  • wenn bei einem gerade geborenen Neugeborenen die Herzfrequenz länger als 10 Minuten nicht nachweisbar ist, beurteilen Sie alle klinischen Faktoren (z. B. Schwangerschaftswoche, Fehlbildungen), und überprüfen Sie die Effektivität der Reanimationsmaßnahmen
  • Beendigung der Wiederbelebungsmaßnahmen zu erwägen, wenn die Herzfrequenz eines Neugeborenen nach der Geburt länger als 20 Minuten nicht nachweisbar ist, obwohl alle Reanimationsmaßnahmen technisch korrekt durchgeführt werden und reversible Ursachen ausgeschlossen wurden
  • wenn lebenserhaltende Behandlungen nicht durchgeführt oder beendet werden, muss eine angemessene palliative Therapie („Comfort Care“) im Vordergrund stehen
  • Entscheidungen über das Nicht-Durchführen lebenserhaltender Maßnahmen idealerweise nur in Absprache mit den Eltern und auf Basis aktueller nationaler und regionaler Outcomedaten treffen

Pediatric Life Support (PLS)

Erkennen kritisch kranker Kinder

  • pädiatrische Beurteilungsdreieck oder ein ähnliches „QuickLook-Tool“ verwenden, um ein gefährdetes Kind frühzeitig zu erkennen
  • Airway (Atemweg): Öffnen und Offenhalten der Atemwege
  • Breathing (Atmung): Prüfung von
    • Atemfrequenz (altersadaptierte Werte; Trend informativer als einzelne Messwerte)
    • Atemarbeit, z.B. Einziehungen, Stöhnen, Nasenflügeln etc.
    • Atemzugvolumen (Tidalvolumen, VT), die Belüftung klinisch (Thoraxhebung; Qualität des Schreiens) oder durch Auskultation
    • Oxygenierung (Hautkolorit, Pulsoxymetrie); Hypoxie nicht immer offentsichtlich
    • Kapnografie erwägen
    • Thoraxsonografie erwägen
  • Circulation (Zirkulation): Überprüfung von
    • Pulsfrequenz (altersadaptierte Werte; Trend informativer als einzelne Messwerte)
    • Pulsstärke
    • periphere und Endorganperfusion, Kapillarfüllung („capillary refill time“, CRT), Urinausscheidung, Bewusstseinsniveau
    • Bewertung der Vorlast: Halsvenen, Lebergröße, Rasselgeräusche
    • Blutdruck (altersadaptierte Werte)
  • Disability (Neurologie): Prüfen des neurologischen Status
    • AVPU-Score (Alert-Verbal-Pain-Unresponsive), (pädiatrische) Glasgow-Koma-Skala (pGCS) oder GCS-Motor-Score
    • Pupillengröße, Symmetrie und Lichtreaktion
    • Vorhandensein von Haltungsreflexen oder fokale Zeichen
    • ggf. Krampfanfälle
    • Blutzuckerspiegel bei Bewusstseinsveränderungen überprüfen

Behandlung kritisch kranker Kinder

Management des Atemstillstands

  • adäquates Lagern von Kopf und Körper
  • Hals überstrecken und Kinn anheben oder Esmarch-Handgriff
  • sorgfältiges Absaugen von Sekreten
  • Oropharyngealtubus bei bewusstlosen Kindern erwägen, die keinen Würgereflex haben
    • richtige Größe = mittlere Schneidezähne bis zum Unterkieferwinkel
  • Nasopharyngealtubus bei bewusstseinsgetrübten Kindern erwägen
    • nicht bei V.a. basale Schädelfraktur oder Koagulopathie
    • richtige Einführtiefe = Abstand Nasenlöcher bis Tragus
  • Sauerstoffgabe mit möglichst geringer inspiratorischer Sauerstofffraktion (FiO2), wenn Sauerstoffsättigung (SpO2 ) < 94 %, um SpO2 > 94 % zu bewirken
    • keine präventive Sauerstoffgabe ohne Hypoxie-Zeichen
  • Beatmung
    • Atemzugvolumen von 6 – 8 mL/ikgKG (idealem Körpergewicht; IBW) unter Berücksichtigung des physiologischen Totraums und des Totraums des Geräts
    • auf normale Thoraxhebung achten
    • Hyper- wie Hypoventilation Vermeiden
    • Normokapnie anstreben; etCO2-Messung verwenden
    • korrekte Kopfposition und Maskengröße sowie eine gute Abdichtung zwischen Maske und Gesicht bei Masken-Beutel-Beatmung sicherstellen
    • das Alter geeigneten Beatmungsbeutel verwenden
    • ausreichend lange Inspirationszeit (ca. 1 Sekunde); Hyperinflation vermeiden
    • 2-Helfer-Beatmung verwenden, insbesondere wenn die Beatmung schwierig ist oder das Risiko einer Krankheitsübertragung besteht; Atemwegshilfen erwägen
    • frühzeitig die Anlage eines supraglottischen Atemwegs (SGA) oder eine endotracheale Intubation (TT), wenn die Beutel-Maske-Beatmung die Sauerstoffversorgung und/oder Beatmungssituation nicht verbessert oder vermutlich lange dauern wird
      • endotracheale Intubation nur durch erfahrenen Anwender
      • Trachealtuben mit Cuff verwenden (außer vielleicht bei kleinen Säuglingen)
      • Cuffdruck messen (< 20–25 cm H2O)
      • längere Laryngoskopie und/oder Mehrfachversuche vermeiden
        • ggf. Videolaryngoskopie
      • Bestätigung der richtigen Tubusposition durch Kapnografie
    • supraglottische Atemwege (SGA, wie I-Gel, LMA) können weitere Möglichkeit zur Atemwegssicherung und -beatmung sein

Management des Status epilepticus

  • für ein angenehmes Umfeld und angenehme Körperhaltung sorgen
  • Sedativa, auch bei Unruhe, vermeiden
  • titrierte Sauerstoffgabe, um SpO2 von 94 – 98 % zu erreichen
  • Gabe kurzwirksamer Beta-2-Agonisten (SABA) z.B. über Vernebler (z.B. Salbutamol 2,5 – 5 mg bzw. 0,15 mg/kgKG); ggf. Dosisanpassung und Wiederholung (bis zur kontinuierlichen Gabe in der ersten Stunde)
    • CAVE: Risiko von Elektrolytstörungen, Hyperlaktatämie und vor allem Kreislaufversagen
  • zusätzlich Gabe kurz wirkender Anticholinergika (z. B. Ipratropiumbromid 0,25 – 0,5 mg) vernebelt
  • Gabe systemischer Kortikosteroide innerhalb der ersten Stunde entweder oral oder i.v. (z.B. Prednisolon 1 – 2 mg/kgKG, maximal 60 mg/Tag i.v.)
  • Magnesium i.v. bei schwerem und lebensbedrohlichem Asthma erwägen
    • Einzeldosis von 50 mg/kgKG über 20 Minuten (max. 2 g)
    • alternativ isotones Magnesiumsulfat vernebelte (2,5 mL der 250-mmol/L-Lösung; 150 mg)
  • zusätzlich z.B. i.v.-Ketamin, i.v.-Aminophyllin etc. erwägen
  • keine routinemäßige systemische oder lokale Adrenalingabe
  • nichtinvasive Beatmung oder High-FlowNasenkanüle bei Kindern mit Status asthmaticus, falls verfügbar, in Betracht ziehen
  • Indikationen für eine endotracheale Intubation
    • starke Erschöpfung
    • Bewusstseinsverschlechterung
    • schlechte Inspiration
    • sich verschlechternde Hypoxämie und/oder Hyperkapnie
    • Kreislaufstillstand
  • Beatmung
    • Atemhubvolumen und Atemfrequenz begrenzen
    • längere Exspirationszeit verwenden

Management der Anaphylaxie

  • weitere Exposition gegenüber dem Auslöser vermeiden
  • sofortige Adrenalin-Gabe i.m. (0,01 mg/kgKG) in die anterolaterale Mitte des Oberschenkels (nicht subkutan!)
    • ggf. zweite Dosis nach 5 – 10 Minuten
    • bei refraktärer Anaphylaxie Adrenalin i.v./i.o. erwägen
  • bei Atemproblemen an eine frühe Intubation denken
  • weitere medikamentöse Therapie
    • inhalierte Beta-2-Agonisten (und/oder inhaliertem Adrenalin) beim Bronchospasmus
    • H1- und H2-Antihistaminika i.v. oder oral zur Linderung subjektiver Symptome (insbesondere Hautsymptome)
    • Glukokortikosteroide (z.B. Methylprednisolon 1 – 2 mg/kgKG) nur für Kinder, die länger beobachtet werden

Management bei Kreislaufversagen

  • Behandlung gemäß ABCDE-Konzept
  • periphere i.v.-Zugänge sind die erste Wahl
    • max. 2 Versuche in höchstens 5 Minuten, sonst i.o.-Zugang als Alternative
  • Flüssigkeitstherapie
    • Flüssigkeitsboli von 10 mL/kgKG mit Vollelektrolyten als erste Wahl für Flüssigkeitsboli, wenn nicht verfügbar ist Kochsalz eine akzeptable Alternative
      • Albumin zweite Wahl bei Sepsis, insbesondere bei Malaria oder Dengue-Fieber
    • wiederholte Flüssigkeitsboli bis zu 40 – 60 mL/kgKG in der ersten Stunde beim (septischen) Schock
    • Boli reevaluieren und Boli-Gabe beenden, wenn Zeichen des Perfusionsmangels zurückgehen
    • bei Kindern mit hypovolämischem, nichthämorrhagischem Schock muss die Flüssigkeitsgabe schnell gehen, sonst Flüssigkeitskorrektur schrittweise (bis z.B. 100 mL/kgKG über 8 Stunden)
    • beim hämorrhagischen Schock nur wenige kristalloide Boli (max. 20 mL/kgKG)
      • frühzeitig Blutprodukte oder, falls verfügbar, Vollblut erwägen
  • bei schwerem Trauma mit Transfusionsbedarf Gabe von Tranexamsäure (TXA) in den ersten 3 Stunden nach Verletzung und/oder signifikanter Blutung
    • TXA bei Kindern mit isoliertem mittelschwerem SHT (GCS 9 – 13) ohne Pupillenanomalien erwägen
    • „Loading Dose“ von 15 – 20 mg/kgKG (max. 1 g), danach Infusion von 2 mg/kgKG/h für min. 8 h oder bis Blutung steht (max. 1 g)
  • bei Kindern mit Kreislaufversagen frühzeitig mit der Gabe von vasoaktiven Pharmaka als kontinuierliche Infusion beginnen
    • Medikamente auf der Basis eines Ziel-MAP, der sich je nach Pathologie, Alter und Wirkung titrieren
    • Noradrenalin oder Adrenalin als Inotropika und Vasokonstriktoren der ersten Wahl
    • Dobutamin oder Milrinon als Inotropika und Vasodilatatoren der ersten Wahl
    • Dopamin nur in Betracht ziehen, wenn weder Adrenalin noch Noradrenalin verfügbar sind
  • septischer Schock
    • erste Dosis von Hydrokortison (Stressdosis, 1 – 2 mg/kgKG) bei Kindern mit septischem Schock erwägen, die auf Volumengabe und vasoaktive Therapie nicht ansprechen
  • obstruktiver Schock
    • Sonografie nutzen, um die Diagnose Spannungspneumothorax oder Perikardtamponade zu bestätigen, wenn dies die Behandlung nicht verzögert
    • sofortige Behandlung des Spannungspneumothorax durch Notfallthorakostomie oder Nadelthorakozentese
      • primäre Punktionsstelle für beide Techniken den 4. oder 5. ICR etwas vor der mittleren Axillarlinie
      • bei Kindern ist der 2. ICR medioklavikulär eine akzeptable Alternative
      • so bald wie möglich auf Thoraxdrainage wechseln
    • sofortige Dekompression der Perikardtamponade durch Perikardiozentese, Thorakotomie oder (Re)sternotomie, je nach Umständen und verfügbaren Fachwissen
  • instabile primäre Bradykardie
    • Atropin (20 µg/kgKG; max. 0,5 mg pro Dosis) nur bei Bradykardie erwägen, die durch einen erhöhten Vagotonus verursacht wird
    • transthorakale Notfallschrittmachertherapie in seltenen Fällen mit Kreislaufversagen aufgrund einer Bradykardie durch einen AV-Block 3. Grades oder eine abnormale Sinusknotenfunktion in Betracht ziehen
  • instabile primäre Tachykardie
    • sofortige elektrische Kardioversion mit einer Energie von 1 J/kgKG bei Kindern mit Kreislaufdekompensation durch supraventrikuläre (SVT) oder ventrikuläre Tachykardie (VT)
    • Energie für jeden weiteren Versuch bis maximal 4 J/kgKG verdoppeln
    • angemessene Analgosedierung für noch nicht bewusstlose Kinder
    • Vagusmanöver bei Kindern mit vermuteter SVT, die noch nicht dekompensiert ist, versuchen (z. B. Eis, modifizierte Valsalva-Techniken)
      • falls wirkungslos mit Adenosin i.v. fortfahren (schneller Bolus von 0,1 – 0,2 mg/kgKG (max. 6 mg) über eine große Vene mit Infusion einspülen)
      • bei jüngeren Kindern sind höhere Anfangsdosen vorzuziehen
      • bei persistierender SVT Adenosin-Gabe nach min. 1 min in einer höheren Dosis (0,3 mg/kgKG, max. 12 – 18 mg) wiederholen
    • Breitkomplextachykardien können VT oder SVT mit Linksschenkelblock oder antegrader Überleitung über zusätzliche Leitungsbahn sein
      • falls Arrhythmie-Ursprung nicht vollständig klar, soll Breitkomplexarrhythmie als VT behandeln
      • Reaktion auf Vagusmanöver kann Hinweis auf Arrhythmiemechanismus sein
      • auch bei stabilen Patienten sollte immer eine elektrische Kardioversion erwogen werden
      • bei Torsade-de-pointes-VT Magnesium 50 mg/kgKG i.v.
    • Rhythmusstreifen für eine spätere Expertenbewertung schreiben

Management des Status epilepticus

  • Differenzialdiagnosen und Auslöser wie Hypoglykämie, Elektrolytstörungen, Intoxikationen, Enzephalitis und neurologische Erkrankungen ebenso wie systemische Komplikationen z.B. Atemwegsobstruktion, Hypoxämie oder Schock identifizieren
  • Benzodiazepin-Gabe, wenn Krampfanfall länger als 5 min
    • Midazolam i.m. 0,2 mg/kgKG (max. 10 mg)
    • Midazolam i.n 0,3 mg/kgKG
    • Midazolam i.v. 0,15 mg/kgKG (max. 7,5 mg)
    • Lorazepam 0,1 mg/kgKG i.v. (max. 4 mg)
    • Diazepam 0,5 mg/kg rektal (max. 20 mg) oder 0,2 – 0,25 mg/kgKG i.v. (max. 10 mg)
  • weitere Benzodiazepin-Dosis verabreichen, wenn Krämpfe nach 5 min weiter anhalten
  • spätestens 20 min nach Krampfbeginn Antiepileptika der zweiten Wahl geben
    • Levetiracetam 40 – 60 mg/kgKG i.v. (neuere Publikationen schlagen eine höhere Dosis vor; max. 4,5 g, über 15 Minuten)
    • Phenytoin 20 mg/kgKG i.v. (max. 1,5 g über 20 Minuten; oder alternativ Phosphenytoin)
    • Valproinsäure 40 mg/kgKG i.v. (max. 3 g über 15 Minuten); nicht bei vermutetem Leberversagen, Stoffwechselerkrankungen oder bei schwangeren Teenagern
    • Phenobarbital 20 mg/kgKG über 20 Minuten i.v. (sinnvolle Second-Line-Alternative, wenn keines der 3 empfohlenen Pharmaka verfügbar ist)
  • wenn Krämpfe weiter anhalten zusätzliches Medikament der zweiten Wahl in Betracht ziehen, nachdem erstes Medikament der zweiten Wahl verabreicht wurde
  • spätestens 40 min nach Krampfbeginn Anästhesie mit Midazolam, Ketamin, Pentobarbital/Thiopental oder Propofol in Betracht ziehen, vorzugsweise unter kontinuierlicher EEG-Überwachung; zusätzlich angemessene Unterstützung der Oxygenierung, Belüftung und Perfusion

Management der Hypoglykämie

  • leichte asymptomatische Hypoglykämie mit langsamer Glukoseinfusion (6 – 8 mg/kgKG/min i.v.) oder durch schnell wirkende Glukose oral (0,3 g/kgKG Tabletten oder Äquivalent) behandeln
  • schwere pädiatrische Hypoglykämie (< 50 mg/dL) mit Glukose-i.v.-Bolus 0,3 g/kgKG, vorzugsweise als 10%ige (100 mg/mL; 3 mL/kgKG) oder 20%ige Lösung (200 mg/ mL; 1,5 mL/kgKG), behandeln
  • Blutzucker 10 Minuten nach der Behandlung erneut prüfen und ggf. weitere Glucose-Gabe erwägen
  • vernünftige Ziel ist Anstieg von min. 50 mg/dL (2,8 mmol/L) und/oder eine Zielglykämie von 100 mg/dL (5,6 mmol/L)
  • ggf. i.v.-Glukoseerhaltungsinfusion mit 6 – 8 mg/kgKG/min erwägen, um Katabolismus rückgängig zu machen und ausreichenden Blutspiegel aufrecht zu erhalten

Hyperthermie

  • Hitzschlag: zentrale Körpertemperatur ≥ 40 – 40,5 °C mit ZNS-Funktionsstörung
  • zentrale Körpertemperatur so schnell wie möglich messen (rektal, ösophageal, Blase, intravaskulär)
  • präklinische Behandlung
    • vollständige Untersuchung gemäß ABCDE-Konzept und entsprechenden Maßnahmen
    • schnelle aggressive Kühlung
    • Kind aus der Hitze bringen, ausziehen und feuchte kalte Luft vernebeln
    • Eisbeutel auflegen
    • frühzeitig Verdunstungskälte verwenden
    • bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Immersion in kaltes Wasser

Fremdkörperaspiration/Atemwegsobstruktion beim Kind

  • von Fremdkörperverlegung ausgehen, wenn Symptombeginn sehr plötzlich war, keine anderen Krankheitszeichen vorliegen und es anamnestische Hinweise gibt (unmittelbar zuvor gegessen oder mit kleinen Gegenständen gespielt)
  • Kind hustet effektiv (voll ansprechbar, lauter Husten, vor dem Husten Luft holt, weint oder spricht
    • kein Eingreifen erforderlich
    • Kind weiter zum Husten ermutigen und kontinuierlich überwachen
  • Kind hustet ineffektiv und ist bei Bewusstsein (abnehmendes Bewusstsein, leiserer Husten, Unfähigkeit zu atmen oder zu sprechen, Zyanose)
    • Bewusstseinsgrad bestimmen
    • Durchführung von jeweils fünf Rückenschlägen und Thoraxkompression bei Säuglingen bzw. abdominelle Kompressionen bei Kindern im Wechsel bis Fremdkörper ausgestoßen oder Kind bewusstlos ist
      • falls Fremdkörper ausgestoßen, klinischen Zustand beurteilen und überprüfen, ob noch Teile des Fremdkörpers in den Atemwegen verblieben sind
      • abdominelle Kompressionen bedürfen einer dringenden medizinischen Nachsorge
  • Kind ist bewusstlos
    • mit pBLS-Algorithmus fortfahren
    • ggf. Verwendung einer Magill-Zange erwägen, um Fremdkörper zu entfernen
Quelle: https://www.grc-org.de/downloads/FBAO%20Algo%20GRC%2015.08.2022.pdf

Reanimation

Lebensrettende Maßnahmen bei Kindern

  • Wenn das Kind nicht reagiert…
    • Atemwege öffnen; ggf. Hals überstrecken und Kinn anheben oder bei Trauma Esmarch-Handgriff; falls nötig, Hals vorsichtig überstreckt halten bis Atemwege geöffnet sind
  • Wenn das Kind nicht reagiert und keine normaler Atmung hat…
    • fünf initiale Beutel-Maske-Beatmung (BMV), ggf. mit Sauerstoff, mit ca. 1 sec Inspirationslänge, sodass sich die Brust hebt
    • bei Säuglingen Kopf in Neutralposition; bei älteren Kindern stärkere Neigung des Kopfes
    • ggf. alle sichtbaren Hindernisse entfernen
    • ggf. Kopf neu lagern und Methode zum Öffnen der Atemwege korrigieren
    • falls erfolglos, zu Thoraxkompressionen übergehen
  • mit 15 Thoraxkompressionen fortfahren
    • 100 – 120/min für Säuglinge und Kinder
    • Drucktiefe: min. 1/3 des anteroposterioren Durchmessers des Brustkorbs (nicht tiefer als 6 cm)
    • 2-Daumen-Thoraxkompression unter Umfassen der Brust; alternativ die 2-Finger-Technik
      • bei Kindern > 1 Jahr je nach Größe entweder 1-Hand- oder 2-Hand-Technik abhängig von eigener Handgröße
    • auf Thoraxentlastung achten
    • Kleidung nur ausziehen, wenn sie die Thoraxkompressionen stark behindert
  • auf 15 Kompressionen sollen 2 Beatmungen folgen (15:2-Zyklus)
    • CPR nie, außer bei ROSC, Rhyhtmusüberprüfung oder Schockabgabe, unterbrechen (Minimierung Hand-off-Zeiten)

erweiterte Maßnahmen zur Reanimation von Kindern (EPALS)

  • mit pBLS beginnen oder fortfahren
  • so bald wie möglich kardiales Monitoring mit EKG-Elektroden oder selbstklebenden Defibrillator-Pads (oder Defibrillationspaddeln) etablieren
    • nichtschockbare Rhythmen sind pulslose elektrische Aktivität (PEA), Bradykardie (< 60/min) und Asystolie
    • schockbare Rhythmen sind pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT) und Kammerflimmern (VF)
  • Herzrhythmus alle 2 Minuten(nach letztem Schock) überprüfen, dabei auch Helferwechsel
  • Defibrillation
    • Schockabgabe, sobald schockbarer Rhythmus festgestellt wird
    • Schockabgabe mit 4 J/kgKG, weitere Schocks mit 4 J/kgKG, wenn schockbarer Rhythmus anhält
    • keine Dosen zu verwenden, die über den für Erwachsene empfohlenen liegen (120–200 J, abhängig vom Defibrillatortyp)
    • bei refraktärem VF/pVT (d.h. > 5 Defibrillationen erforderlich), Dosis schrittweise bis zu 8 J/kgKG oder max. 360 J erhöhen
    • bei selbstklebende Pads verwenden, Thoraxkompression fortsetzen während der Defibrillator lädt
    • Pads entweder anterolateral oder anteroposterior positionieren
      • AL-Position: ein Pad unter rechtem Schlüsselbein und anderes unter linker Achselhöhle
      • AP-Position: vorderes Pad in der Mitte der Brust unmittelbar links vom Brustbein und hinteres in der Mitte des Rückens zwischen den Schulterblättern platzieren
  • Atmung, Beatmung und Sauerstoff
    • hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentration (100 %) verwenden
    • erweiterte Atemwegssicherung (Endotrachealtubus, SGA) für einen Transport unter CPR oder eine längere Wiederbelebung erwägen, wenn Fachkompetenz vor Ort
    • wenn Beutel-Maske-Beatmung nicht möglich, frühzeitig erweiterte Atemwegssicherung in Betracht ziehen
    • erweiterte Atemwegssicherung durch etCO2-Monitoring überwachen; zusätzlich Kontrolle/Überprüfung Tubuslage
    • Hyperventilation (durch zu hohe AF und/oder zu hohes AZV) vermeiden
    • bei CPR mit Überdruckbeatmung über ET kann Beatmung asynchron und Thoraxkompression kontinuierlich sein
      • an altersspezifischenAtemfrequenz orientieren: 25/min (Säuglinge), 20/min (> 1 Jahr), 15/min (> 8 Jahre), 10/min (> 12 Jahre)
  • Medikamente
    • so schnell wie möglich Anlage pVK, falls nicht möglich i.o.-Zugang
    • nach jeder Medikamentengabe mittels Infusion einschwemmen
    • bei nichtschockbaren Rhythmen so bald wie möglich Adrenalin i.v. (10 µg/kgKG, max. 1 mg)
    • unmittelbar nach dem dritten Schock Adrenalin (10 µg/kgKG, max. 1 mg) und Amiodaron (5 mg/kgKG, max. 300 mg) i.v./i.o.
    • Lidocain i.v. (1 mg/kgKG) als Alternative zu Amiodaron
    • nach 5. Schock zweite Dosis Adrenalin (10 µg/kgKG, max. 1 mg) und Amiodaron (5 mg/kgKG, max. 150 mg), wenn schockbarer Rhythmus anhält
    • Adrenalintherapie alle 3 – 5 Minuten
  • ggf. Point-of-Care-Ultraschall, um reversible Ursachen für Kreislaufstillstand zu identifizieren
    • Einsatz darf „Hands-off“-Zeit nicht verlängern und Qualität der CPR nicht beeinträchtigen
  • frühzeitige Identifizierung und korrekte Behandlung reversibler Ursachen hat Priorität
    • 4H‘s: Hypoxie; Hypovolämie; Hypo- oder Hyperkaliämie/-kalzämie/-magnesiämie und Hypoglykämie; Hypo- oder Hyperthermie
    • HITS: Herzbeuteltamponade; Intoxikation; Thromboembolie (Herz, Lunge); Spannungspneumothorax
  • Unterkühlung
    • pALS-Maßnahmen dem Grad der Unterkühlung gemäß Kapitel „besondere Umstände“ der Erwachsenen-Reanimation anpassen
    • bei stark unterkühlten Kindern (< 28 °C), verzögerte oder intermittierende CPR in Betracht ziehen
    • schnellmöglicher Transport in (pädiatrisches) Referenzzentrum mit ECLS- oder kardiopulmonaler Bypassmöglichkeit
  • keine definierten Kriterien für Abbruch der Wiederbelebung

traumatisch bedingter Kreislaufstillstand (TCA)

  • pCPR/ALS starten, währenddessen nach reversiblen Ursachen für TCA suchen und diese behandeln
  • externe Blutungskontrolle, einschließlich Verwendung von Tourniquets bei Massivblutungen aus Verletzungen der Extremitäten
  • bilaterale Finger- oder Tubusthorakostomie (oder Nadelthorakozentese)
  • Beckenschlinge bei stumpfen Traumata
  • i.o.-/i.v.-Zugang und Volumengabe, wenn möglich mit Vollblut oder Blutprodukten
  • Thoraxkompression je nach verfügbarem Personal und weiteren Maßnahmen parallel zu Eingriffen durchgeführen
  • Korrektur reversibler Ursachen kann der Adrenalingabe vorausgehen
  • ggf. präklinische Thorakotomie in Betracht ziehen

extrakorporale Therapien

  • bei (vermuteten) reversiblen Ursache eCPR frühzeitig in Betracht ziehen werden, wenn konventioneller pALS nicht sofort zum ROSC führt
  • für bestimmte Untergruppen von Kindern mit dekompensiertem kardiorespiratorischem Versagen (z.B. schwerer refraktärer septischer Schock, Kardiomyopathie, Myokarditis, refraktäres niedriges Herzzeitvolumen) kann die Verwendung von ECLS vorteilhaft sein bevor es zum Stillstand kommt, um die Endorgane zu unterstützen und einen Kreislaufstillstand zu verhindern

Postreanimationsbehandlung

  • ROSC soll klinisch (Augenöffnung, Bewegung, normale Atmung) und/oder apparativ (endtidales Kohlendioxid etCO2, Sauerstoffsättigung SpO2, Blutdruckmessung, Ultraschalluntersuchung) beurteilt werden
  • Beatmungsfrequenz und Beatmungsvolumen an das Alter des Kindes anpassen
    • Hypokapnie als auch Hyperkapnie vermeiden
    • bei dauerhaftem ROSC inspiratorische Sauerstofffraktion (FiO2) auf Sauerstoffsättigung (SpO2) von 94–98 % titrieren
  • Hypotonie vermeiden; Blutdruck bei bzw. über der 50. Perzentile anstreben
    • dazu minimal erforderliche Dosen von parenteraler Flüssigkeit und vasoaktiven Medikamenten verwenden
  • gezieltes Temperaturmanagement (TTM)
    • Fieber (> 37,5 °C) vermeiden
  • Blutzucker überwachen und Hypo- als auch Hyperglykämie vermeiden
Published inLeitlinien kompakt

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