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Leitlinie „Schenkelhalsfraktur des Erwachsenen“ der DGOU

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S2e
Datum der Veröffentlichung: 09.10.2015
Ablaufdatum: 08.10.2020
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012-001.html

Ätiologie

  • Sturz aus Standhöhe oder niedrige Sitzhöhe auf den Trochanter major
  • forcierte Außenrotation des Beines bei Osteoporose (z.B. Stolpern über Teppich)
  • chronische Überlastung bei Osteoporose und Varusstellung des Schenkelhalses
  • Hochrasanztrauma mit axialer Stauchung des Oberschenkels

präklinisches Management

Analyse des Unfallhergangs

  • Sturz auf die Hüfte, meist im Alter: Bagatellereignis
  • Sturz aus innerer Ursache (kardiale, zerebrale Ursache z.B. transitorische ischämische Attacke (TIA), Adam Stokes Anfall)
  • ohne adäquates Trauma bei Tumor oder Osteoporose
  • Rasanztraumen (meist bei Jüngeren)

Notfallmaßnahmen und Transport

  • zügigen Transport zum Krankenhaus organisieren
    • bei längeren Transporten adäquate Schmerztherapie, Anlage eines Blasenkatheters, Dekubitusprophylaxe und rotationssichere Lagerung des verletzten Beines gedacht werden
  • Rettung: schonend, unter leichtem Längszug am verletzten Bein
  • schmerzarme Lagerung auf Vakuummatratze, Schaumstoffschiene oder Kissen
  • Lagerung des verletzten Beines mit leicht gebeugtem Hüftgelenk
  • keine Repositionsversuche
  • Polsterung von Fersen und Sacrum
  • vor längerem Transport evtl. Blasenkatheter legen
  • Schmerztherapie mit intravenöser Injektion eines Opiatderivates

Dokumentation

  • schriftliches Übergabeprotokoll (ggf. analog DIVI-Bogen) durch Rettungspersonal sinnvoll
  • Mitteilung über:
    • alle relevanten Angaben zum Unfall
    • soziales Umfeld
    • bekannte Vorerkrankungen
    • prämorbider Funktionszustand
    • Mobilität
    • kognitive Fähigkeiten
    • mentale Dysfunktion
    • Betreuung
    • frühere Unfälle
    • Sturzneigung
    • Medikamente (gerinnungshemmende Substanzen)
    • Nikotin
    • Alkohol
    • Drogen
    • multiresistente Keime
    • Infektionen (Hepatitis B, C, HIV)

Anamnese

  • Abklärung der funktionellen und sozialen Situation vor dem Unfall
  • Analyse des Verletzungsmechanismus
    • Stolpern über einen Teppich, Kabel o.ä.
    • Stürze aus ungeklärter Ursache
    • Gleichgewichtsstörungen als Hinweis auf neurologische, kardiovaskuläre & andere Ursachen
    • häuslicher Sturz auf die Hüfte bei älteren Menschen (Bagatelltrauma)
    • Sturz beim Sport
    • Rasanztrauma bei jüngeren Menschen
      • als Beteiligter bei Verkehrsunfall
      • Sturz aus großer Höhe
    • ohne adäquates Trauma bei Tumor oder anderen Erkrankungen
  • gesetzliche Unfallversicherung
    • in Deutschland muss der Patient bei allen Arbeitsunfällen, bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit, bei Unfällen in Zusammenhang mit Studium, Schule und Kindergarten sowie allen anderen gesetzlich versicherten Tätigkeiten einem zum Durchgangsarztverfahren zugelassenen Arzt vorgestellt werden
    • Unfallmeldung durch Arbeitgeber, wenn Unfall Arbeitsunfähigkeit von > 3 Kalendertagen oder den Tod zur Folge hat

Vorerkrankungen und Verletzungen

lokal

  • vorbestehende Hüftgelenks- (Coxarthrose) und Bewegungseinschränkungen
  • Kniebeschwerden (Gonarthrose) und Bewegungseinschränkungen
  • Voroperationen
  • auch nicht betroffene Seite
  • relevante Weichteilveränderungen
  • vorbestehende Schmerzen
  • Malignom, Metastase

Allgemein

  • cerebrovaskuläre Erkrankungen (z.B. transitorische ischämische Attacke (TIA), Adam-Stokes-Anfall)
  • Demenz
  • Hydratations- und Ernährungszustand
  • Körpertemperatur
  • neurologische Erkrankungen
  • kardiovaskuläre (Herzrhythmusstörungen)
  • Stentimplantationen
  • Herzklappeneingriffe
  • peripher vaskuläre Vorerkrankungen wie arterielle Verschlusskrankheit, ausgeprägte Varikosis und postthrombotisches Syndrom
  • Osteoporose
  • Malignom
  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreisex
  • Diabetes mellitus
  • Lebererkrankungen
  • Nierenerkrankungen
  • Allergien
  • Kontinenz
  • Infektionen wie Hepatitis, HIV & multiresistente Keime
  • bisherige Mobilität, Aktivitäten des täglichen Lebens
  • chronischer Alkoholabusus

Sozial

  • soziale Umstände
  • Familiensituation
  • Pflegefall

wichtige Begleitumstände

  • Zeitpunkt und –intervall zwischen Unfall und stationärer Aufnahme
  • Medikamente wie gerinnungshemmende Substanzen, Acetylsalizylsäure (ASS) und Kombinationspräparate, Cumarine, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Clopidogrel, duale Thrombzytenaggregationshemmung, neue orale Antikoagulantien z.B. Anti-Faktor Xa Hemmer, Zytostatika, methforminhaltige Antidiabetika, Kortison
  • Alkoholeinfluss
  • Nikotin

Symptome

  • Schmerzen in der Hüfte und/oder Leiste
  • Unfähigkeit, das verletzte Bein gestreckt zu heben
  • Beinverkürzung und Außenrotation
  • Unfähigkeit zu gehen oder zu stehen
  • Ausstrahlung der Schmerzen in die Knieregion

Diagnostik

  • lokal
    • Verkürzung und Außenrotation des Beines bei dislozierten Frakturen
    • Schmerzen bei aktiver und passiver Bewegung, vor allem bei Rotation
    • Druckschmerz über dem Trochanter major
    • Stauchungsschmerz auslösbar von der Ferse
    • Prellmarke und Hämatome meist posterolateral am Trochanter major
    • aktives Anheben des gestreckten Beines nicht möglich
    • Hämatom, Weichteile
    • Infektion im späteren Operationsgebiet und peripher (Zehen!)
    • Wunden im Frakturbereich (offene Fraktur)
    • Gefäß- und neurologischer Status
    • Begleitverletzungen: Becken, Oberschenkel, Knie, Sprunggelenke beidseits, Handgelenk, Schulter, Wirbelsäule, Mehrfachverletzungen
  • allgemein
    • Grunderkrankungen
    • Herz
    • Lunge
    • Kreislauf
    • ZNS
Published inLeitlinien kompakt

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