veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal College of Paediatrics and Child Health
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.03.2019
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rcpch.ac.uk/resources/management-children-young-people-acute-decrease-conscious-level-clinical-guideline
Grundsätzliches
- Intubation eines Kindes mit verminderter Bewusstseinslage in Betracht ziehen, wenn es einen GCS-Wert < 8 hat oder bezogen auf das AVPU-Schema nicht auf Schmerzen reagiert, es sei denn, das Kind zeigt Anzeichen einer Besserung
- Sauerstoffgabe bei Sauerstoffsättigung 95 % oder weniger
Dokumentation
- Dokumentation der folgenden Parameter mindestens jede Stunde
- Herzfrequenz
- Atemfrequenz
- Sauerstoffsättigung
- Blutdruck
- körperliches Erscheinungsbild/Zustand
- Temperatur
- GCS/modifizierten GCS anfangs alle 30 Minuten bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage, wenn der GCS > 12 oder V oder kleiner auf der AVPU-Skala ist
- folgenden Merkmale dokumentieren, wenn ein Kind mit verminderter Bewusstseinslage vorstellig wird:
- Erbrechen vor oder bei der Vorstellung
- Kopfschmerzen vor oder bei der Vorstellung
- Fieber vor oder bei der Vorstellung
- Konvulsionen vor oder bei der Vorstellung
- wechselnde Phasen des Bewusstseins
- Trauma
- Einnahme von Medikamenten, Alkohol oder Freizeitdrogen
- Vorhandensein von Medikamenten im Haushalt des Kindes
- Todesfälle von Säuglingen in der Familie
- Dauer der Symptome
Diagnostik
- folgenden Ursachen für eine Bewusstseinsstörung bei Kindern berücksichtigen und leiten Sie innerhalb der ersten Stunde nach der Einlieferung eine Behandlung einleiten:
- hypovolämischer, distributiver oder kardiogener Schock
- Sepsis
- Stoffwechselkrankheiten
- intrakranielle Infektion
- erhöhter intrakranieller Druck
- Konvulsionen
- Intoxikation/Vergiftung
- Trauma
- Bluthochdruck
- Schlaganfall
- akuter Hydrozephalus
- Erholung von einem vorangegangenen Krampfanfall (postkonvulsiver/“postiktaler“ Zustand)
- Kreislaufstörung in Betracht ziehen, wenn eines oder mehrere der folgenden Symptome bei einem Kind mit Bewusstseinsstörungen auftreten:
- fleckige, kühle Extremitäten
- verschlechterte periphere Pulse
- an Kreislaufschock denken, wenn eines oder mehrere der folgenden Merkmale vorliegen:
- systolischer Blutdruck unter der 5. Perzentile für das Alter
- verminderte Urinausscheidung von weniger als 1 mL/kg/h
- auf folgende Anzeichen achten, wenn bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage ein Schock vorliegt:
- Sepsis
- Trauma (Blutverlust, Spannungspneumothorax, Herztamponade)
- Anaphylaxie (Urtikaria, Keuchen, Stridor, geschwollene Lippen/Zunge)
- Herzinsuffizienz (vergrößerte Leber, periphere Ödeme, gestaute Halsvenen, Herzgeräusche)
- Flüssigkeitsbolus von 20 ml/kg isotonischer Flüssigkeit applizieren, wenn bei einem Kind mit vermindertem Bewusstsein ein Schock vorliegt
- Verabreichung eines Flüssigkeitsbolus von 10 mL/kg isotonischer Flüssigkeit in Betracht ziehen, wenn bei einem Kind mit Ketoazidose oder Anzeichen von erhöhtem intrakraniellem Druck und vermindertem Bewusstsein ein Schock vorliegt; Flüssigkeitsbolus wiederholen, falls erforderlich
- bei der Beurteilung und Überwachung der Reaktion auf einen Flüssigkeitsbolus auf eines oder mehrere der folgenden klinischen Anzeichen achten:
- Verringerung der Tachykardie
- Verringerung der verlängerten Kapillarauffüllzeit
- Verbesserung des Bewusstseinszustandes
- Anstieg des Blutdrucks (auf ein für das Alter normales Niveau)
- Verringerung der Laktatkonzentration und/oder Verbesserung des Basenüberschusses, gemessen durch Blutgasanalyse
- Zunahme der Urinausscheidung
Therapie
- Intubation eines Kindes mit verminderter Bewusstseinslage in Betracht ziehen, wenn es einen GCS-Wert < 8 hat oder bezogen auf das AVPU-Schema nicht auf Schmerzen reagiert, es sei denn, das Kind zeigt Anzeichen einer Besserung
- Sauerstoffgabe bei Sauerstoffsättigung 95 % oder weniger
- Durchführung eines Kapillarglukosetests innerhalb von 15 Minuten nach Vorstellung eines Kindes mit verminderter Bewusstseinslage
- wenn der kapillare Blutzuckerspiegel unter 3 mmol/L (54 mg/dL) liegt, Blutzuckerspiegel sofort korrigieren
Flüssigkeitstherapie
- Flüssigkeitsbolus von bis zu 60 mL/kg und mehr in Abhängigkeit von der klinischen Reaktion erwägen
- Intubation und Beatmung erwägen, wenn mehr als 40 mL/kg Flüssigkeitsbolus verabreicht wurden, um die Entwicklung eines unkontrollierten Lungenödems zu verhindern
- Beginn einer medikamentösen Behandlung zur Ünterstützung des Kreislaufs und Transport erwägen, wenn mehr als 40 mL/kg Flüssigkeit verabreicht wurden und die klinische Reaktion darauf gering ist
Sepsis
- bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage sollte eine Sepsis vermutet und behandelt werden, wenn zwei oder mehr der folgenden vier Punkte zutreffen:
- Körpertemperatur > 38 °C oder < 35,5 °C
- Tachykardie
- Tachypnoe
- Anzahl weißer Blutkörperchen von mehr als 12×109/L oder weniger als 4×109/L oder ein nicht bleicher petechialer oder purpurner Hautausschlag
Trauma
- Vorgeschichte des Kindes erfassen, um Anzeichen für ein Trauma bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage zu finden
- Kind mit verminderter Bewusstseinslage auf Anzeichen eines Trauma untersuchen, um eine zugrunde liegende medizinische Ursache festzustellen
- Kind mit verminderter Bewusstseinslage und Hinweisen auf ein Trauma gemäß den Advanced Paediatric Life Support und den NICE Head injury guidelines behandeln
Hypoglykämie
- Verabreichung eines intravenösen Bolus von 2 mL/kg 10%iger Dextrose bei einem Kind mit Hypoglykämie erwägen, um den Blutzucker eines Kindes zwischen 72 mg/dL und 126 mg/dL zu halten
intrakranielle Infektionen
- an bakterielle Meningitis bei Kindern denken, die eines oder mehrere der unten aufgeführten Anzeichen und Symptome aufweisen:
- nicht bleichender Hautausschlag
- steifer Nacken
- veränderter Bewusstseinszustand/Bewusstlosigkeit
- Schock
- steifer Rücken/Nacken
- vorgewölbte Fontanelle
- Photophobie
- Kerning-Zeichen
- Brudzinski-Zeichen
- morbider Zustand
- Parese
- fokale neurologische Defizite einschließlich Hirnnervenbeteiligung und abnorme Pupillengrößen
- Möglichkeit einer viralen Enzephalitis, einschließlich Herpes-simplex-Enzephalitis (HSE), in Betracht ziehen, wenn ein Kind mit vermindertem Bewusstsein eine oder mehrere der folgenden Anzeichen aufweist:
- fokale neurologische Anzeichen
- schwankende Bewusstseinslage über 6 Stunden oder länger
- längerer Krampfanfall ohne offensichtliche auslösende Ursache
- keine offensichtlichen klinischen Anzeichen, die auf die Ursache hindeuten
- bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage einen intrakraniellen Abszess in Betracht ziehen, wenn Folgendes vorliegt:
- fokale neurologische Anzeichen +/- Anzeichen einer Sepsis
- Anzeichen von erhöhtem Hirndruck
gesteigerter Hirndruck
- folgenden Kopfpositionen bevorzugen, um bei einem Kind mit erhöhtem Hirndruck weitere Steigerung/Verschlimmerung zu verhindern:
- Kopf des Patienten in der Mittellinie positionieren
- Anheben des Kopf des Patienten in einem Winkel von 20°
- keine ZVK-Anlage im Hals
- zugeführte Flüssigkeiten sollten nicht hypoton sein
- Sedierung, Intubation und Beatmung erwägen, um den PaCO2-Wert bei einem Kind mit der klinischen Diagnose eines erhöhten Hirndrucks zwischen 4,5 und 5,0 kPa zu halten
Krampfanfall
- Behandlung eines Kindes mit einem Krampfanfall, der länger als fünf Minuten dauert, erwägen
- pALS- und NICE-Leitlinien zur Behandlung eines Kindes mit einem länger andauernden Krampfanfall (d.h. > fünf Minuten) beachten
Alkoholintoxikation
- Durchführung eines Blutalkoholtests einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage und Verdacht auf Alkoholintoxikation erwägen
- ABCD-System (gemäß pALS) berücksichtigen und die wichtigsten Untersuchungen bei einem Kind mit C2-Intox durchführen
- bei einem Kind mit verminderter Bewusstseinslage und Verdacht auf Alkoholintoxikation folgende Maßnahmen erwägen:
- Hypoglykämie mit intravenöser Glukose (10%) behandeln
- Atemstillstand und/oder Aspirationspneumonie behandeln
- Behandlung der Hypotension
- Abklärung bzgl. anderer gleichzeitig eingenommener Medikamente, z. B. Opiate, Benzodiazepine oder Paracetamol
- Vermeidung von Brechmittel (CAVE: Aspiration)
- alle Substanzen oder Medikamente, die möglicherweise zur Bewusstseinsverminderung des Kindes beitragen, eruieren und ggf. die örtlichen Giftnotrufzentrale kontaktieren, um sich beraten zu lassen
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