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Leitlinie „Tibiakopffraktur“ der DGOU

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 31.10.2021
Ablaufdatum: 30.10.2026
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/187-042.html

Ätiologie

  • Vielzahl an Verletzungsmustern (knöchern wie weichteilig)
  • entstehen entweder durch direkte Gewalteinwirkung im Rahmen von
    Hochrasanztraumata oder durch indirekte Gewalteinwirkung als Kombination aus Valgus-/Varusstress mit Rotations- und axialer Stauchungskomponente
  • aufgrund verminderter Knochenqualität im höheren Patientenalter gewinnen außerdem Verletzungen bei Niedrigrasanztraumata an Bedeutung

präklinisches Management

Analyse des Unfallhergangs

  • Kontakt- oder Nicht-Kontaktunfall
  • Hochrasanz- oder niedrigenergetische Traumata
    • bei Hochrasanztrauma direkten Anprall (z.B. bei Verkehrsunfällen (dash board) von indirektem Krafteinleitung über den Unterschenkel (z.B. bei Stürzen aus großer Höhe oder Sportunfällen) unterscheiden
  • Verdrehtrauma
  • Hyperextensionstrauma
  • Axiale Krafteinwirkung (z.B. Sturz aus großer Höhe)

Notfallmaßnahmen und Transport

  • Schienung des Beines
  • Abdecken offener Wunden
  • Vermeidung weiterer Belastung des Kniegelenkes
  • Kühlung des Kniegelenkes unter Vermeidung lokaler Kälteschäden
  • Bedarfsgerechte Analgesie
  • Bei Luxationsstellung unter entsprechender Analgesie einmaliger Repositionsversuch
    durch Längszug am Fuß; kein gewaltsames Repositionsmanöver!
  • Ausschluss weiterer Begleitverletzungen
  • Zuweisung in ein Traumazentrum mit entsprechender chirurgischer Expertise
    insbesondere bei V.a. Gefäß- und/oder Nervenschäden

Dokumentation

  • Unfallzeit und -hergang
  • Unfallablauf und Luxationsrichtung
  • Erstmaßnahmen
  • periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität (repetitiv)
  • Durchgeführte Erstmaßnahmen
  • erster Untersuchungsbefund:
    • Augenmerk auf mögliche Fehlstellungen, Vorhandensein von offenen Wunden und periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität
    • Vorhandensein eines Gelenkergusses, Funktionsbeeinträchtigungen und Schmerzpunkte
    • Bewegungs- oder Stabilitätsprüfung des Kniegelenkes unterbleiben lassen
  • Beurteilung eines potentiellen Kompartmentsyndroms
  • Funktionsbeeinträchtigung
  • Schmerzpunkte
  • Weichteilschäden (offene Fraktur)
  • gesetzliche Unfallversicherung
    • in Deutschland muss der Patient bei allen Arbeitsunfällen, bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit, bei Unfällen in Zusammenhang mit Studium, Schule und Kindergarten sowie allen anderen gesetzlich versicherten Tätigkeiten einem zum Durchgangsarztverfahren zugelassenen Arzt vorgestellt werden
    • Unfallmeldung durch Arbeitgeber, wenn Unfall Arbeitsunfähigkeit von > 3 Kalendertagen oder den Tod zur Folge hat

Anamnese

  • Vorerkrankungen und Verletzungen
    • Voroperationen (v.a. Meniskus, Kreuzbänder, Seitenbänder, Knorpel)
    • Ausübung kniegefährdender Sportarten (z.B. Fußball, Handball etc.)
    • Frühere Kniegelenkverletzungen
    • Gonarthrose
    • Intraartikulärer Erguss, Instabilitätsgefühl, Immobilisierung
    • Lokale Hautaffektionen
    • Neurogene Erkrankungen
    • Vorerkrankungen aus dem rheumatologischen Formenkreis
    • Durchblutungsstörungen (z.B. pAVK)
    • Vorangegangene Thrombosen und Embolien
    • Vorausgegangene gefäßchirurgische Eingriffe
    • Allergien
  • wichtige Begleitumstände
    • neurogene Verletzungen/Affektionen (insbesondere N. peroneus)
    • Durchblutungsstörungen (CAVE: ein tastbarer peripherer Fußpuls schließt popliteale, arterielle Intima-Läsion nicht aus)
    • offene vs. geschlossene Verletzung
    • Adipositas
    • vorbestehende Beinachsendeformitäten
    • Einnahme gerinnungshemmender Medikation
    • Spontanreposition / Fremdreposition
    • Reposition mit oder ohne Narkose (vor und nach Reposition Kontrolle der Durchblutung, Motorik und Sensibilität)
    • neurologische Symptome
    • weitere Verletzungen (z.B. Polytrauma), auch des betroffenen Beines
    • Gefäßerkrankungen
    • intraartikuläre Punktionen / Injektionen
    • Voroperationen
    • Vorerkrankungen
    • Alter
    • Weichteilverletzungen
    • Thrombose / Embolie
    • Beruf, soziales Umfeld
    • Kniegelenkgefährdende Sportarten
    • Alkohol-/ Drogenkonsum
  • Symptome
    • schmerzhafte Bewegungseinschränkung
    • Schwellung
    • Hämatom
    • Gelenkerguss
    • Belastungsunfähigkeit
    • klinische Frakturzeichen (unsichere vs. sichere)
    • Instabilität
    • Fehlstellung des Gelenkes
    • sensibler und/oder motorischer Ausfall insbesondere im Gebiet des N. peroneus
    • periphere arterielle Durchblutungsstörung mit fehlendem Puls am Fußrücken und hinter dem Innenknöchel
    • Analgetika-resistente Schmerzen (an ein begleitendes Kompartment-Syndrom denken

Diagnostik/klinische Untersuchung

  • klinische Untersuchung (Inspektion und Palpation)
    • Einschätzung eines möglichen Weichteilschadens
    • Kontusionsmarken
    • Weichteilschwellung
    • Ergussbildung
    • Palpation der Seitenbandansätze (Schmerzpunkte, evtl. Defekte im Bandverlauf)
    • repetitive Prüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität
    • Faszienspannung (Kompartmentsyndrom)
    • Untersuchung der angrenzenden Gelenke
Published inLeitlinien kompakt

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