veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 06.12.2017
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs
neurologische Untersuchung
- schnelle Traumauntersuchung durchführen
- Bestimmung und Dokumentation des GCS
- Beurteilung der Pupillen
- Beurteilung der motorischen Funktion aller vier Extremitäten
- sekundäre Untersuchung: nach Stabilisierung aller unmittelbar lebensbedrohlichen Verletzungen prüfen, ob es Anzeichen für mittelschwere bis schwere Kopfverletzung gibt und erste detaillierte neurologische Untersuchung durchführen
- Klassifizierung des Schweregrads eines Schädel-Hirn-Traumas anhand des GCS
- leichtes SHT: 13-15
- mäßiges SHT: 9-12
- schweres SHT: 3-8
- Zeichen, die auf mittelschwere bis schwere Kopfverletzung hindeuten
- Bewusstseinsverlust
- zwei oder mehr Explosionseinwirkungen innerhalb von 72 Stunden
- ungewöhnliches Verhalten oder Aggressivität
- Pupillendifferenz
- Krampfanfälle
- rezidivierendes Erbrechen
- Doppelsehen oder Verlust des Sehvermögens
- progrediente Kopfschmerz-Symptomatik
- Halsseitensymptomatik
- Desorientiertheit
- abnormale Sprache
Therapie
hämodynamische Kontrolle
- SBP >110mmHg aufrechterhalten
- bei Polytrauma-Patienten mit nicht-stillbaren Blutungen, Blutung mit allen verfügbaren Mitteln aggressiv behandeln und zirkulierendes Blutvolumen mit Blutprodukten wiederherstellen
- alle äußeren Blutungen stoppen
- innere Blutungen so weit wie möglich mit den verfügbaren Mitteln therapieren (Gabe von TXA; keine Gabe von blutdrucksenkenden Medikamenten)
- Gabe von ca. 1 L 0,9 % NaCl
- bei Anzeichen von Blutungen Vollbluttransfusion oder, falls keine Blutprodukte verfügbar sind, Transfusion von Blutprodukten
Wund-/Verletzungsmanagement
- Kopfhautblutung (Skalpierungen) nicht vernachlässigen
- Hypotonie wird in der Regel nicht durch ein Schädel-Hirn-Trauma verursacht, außer bei Herniation; daher immer Suche nach nicht-stillbaren Blutungen oder Spannungspneumothorax
- keine Empfehlung für TXA-Gabe
Airway & Breathing
- Atemweg manuell sichern und Hypoxie, Hypokapnie oder Hyperkapnie vermeiden
- bei GCS-Wert ≤ 8 ist oder Gesichtstrauma mit beeinträchtigten Atemwegen Intubation
- Wendl-Tubus und Beutel-Maske-Beatmung mit PEEP-Ventil erwägen
- Sauerstoffgabe mit SpO2-Ziel > 90 %
- ggf. SGA, ET-Einlage oder Krikothyreotomie mit nachfolgender Sedierung
- etCO2-Ziel von 35 – 40 mmHg und SpO2-Ziel >95%
- routinemäßig PEEP von 5 cmH2O; ggf. auch auf bis zu 15 cmH2O erhöhen
- Hyperventilation (etCO2 < 35 mmHg), außer in extremen Fällen, in denen eine drohende Herniation vermutet wird, vermeiden; Hypoventilation (EtCO2 >45 mmHg) vermeiden
- Einlage einer Magensonde zur Verringerung des Aspirationsrisikos
ICP-Management
- Verdacht auf hohen ICP bei allen Patienten mit Kopfverletzungen mit GCS ≤ 8 ODER verschlechterten Befunden bei der neurologischen Untersuchung
- Faktoren, die die zu einem erhöhten ICP beitragen, wie z. B. Schmerzen, Angstzustände und Fieber, vermeiden
- allgemeine Maßnahmen zur Senkung des ICP anwenden
- Kopfende des Bettes/der Trage um 30°-60° anheben
- Hals in Mittellage/auf Mittelinie halten
- SpO2 > 90 % oder > 95 % bei Beatmungsunterstützung aufrechterhalten
- etCO2 zwischen 35 – 40 mmHg aufrechterhalten
- Aufrechterhaltung der Kerntemperatur zwischen 35,5 °C und 37,5 °C
- RR sys. > 100 mmHg, idealerweise > 110 mmHg aufrechterhalten
- Krampfanfälle verhindern oder schnell therapien
- bei Verdacht auf drohende Hernie (z. B. nicht ansprechbarer Patient mit einseitig geweiteter Pupille; Vorliegen Cushing-Trias) Patienten nicht länger als 20 Minuten hyperventilieren, um etCO2-Zielwert von 30 mmHg zu erreichen
- angemessene Sedierung und Analgesie sicherstellen
- 20 mg Ketamin i.v./i.o.
- 0,5 – 2 mg Hydromorphon i.v./i.o.
- 25 – 50μg Fentanyl i.v./i.o.
- ggf. zusätzlich 1 – 2 mg Midazolam je nach Bedarf bei Erregung oder Angstzuständen
Krampfanfall-Prophylaxe/-Therapie
- bei beobachteten Krampfanfällen (stabile) Seitenlage und Umgebung freiräumen
- ggf. Absaugen
- Gabe von 5 mg Midazolam i.v./i.o./i.m. (bis Sistieren) oder 5 mg Diazepam i.v. (alle 5 Minuten bis Anfallsstopp) oder 4 mg Lorazepam i.v. (alle 5 Minuten bis Anfallsstopp)
- ggf. 2000 mg Levetiracetam i.v./i.o. als Loading Dose, gefolgt von Erhaltungsdosis von 500 mg i.v./i.o. alle 12 Stunden; alternativ
- Phenytoin (Loading Dose: 1,5 g i.v. über 1 Stunde, dann 100 mg p.o./i.v./i.o. alle 8 Stunden)
- Phenobarbital (Loading Dose: 1,5 g i.v./i.o. über 1 Stunde, dann 100 mg p.o./i.v./i.o. täglich)
Blutzucker-Management
- Hypolgykämie als auch Hyperglykämie vermeiden; Ziel-BZ: 180 mg/dL
- auf klinische Anzeichen/Symptome einer Hypoglykämie achten (z.B. Schwitzen, Verwirrung, Zittern, allgemeine Schwäche, allgemeine Lethargie)
- wenn der Patient bei bewusstsein ist und sicher schlucken kann, Gabe von oralen Mitteln
- wenn BZ < 100 mg/dL:
- 20 g Glucose oral (5 Teelöffel Zucker oder 4 Teelöffel Honig)
- 25 g (50 mL) Glucose 50 % in NaCl i.v./i.o.
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