veröffentlichende Fachgesellschaft: Society of Obstetric Medicine of Australia and New Zealand (SOMANZ)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.10.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.somanz.org/approval-of-written-guidelines-by-somanz/
Grundsätzliches
- Definition von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft: Symptome von Übelkeit, Erbrechen und/oder trockenem Würgen, die im ersten Trimester ohne andere Ursache auftreten
- weltweite Prävalenz für das Risiko von Übelkeit & Erbrechen in der Schwangerschaft: 69 %
- durchschnittliche Häufigkeit von Übelkeit allein: 33 %
- Ätiologie nach wie vor unklar, aber wahrscheinlich multifaktoriell bedingt
- Hauptgrund für KH-Einweisung schwangerer Frauen in der ersten Schwangerschaftshälfte
- ca. 38 % werden nach durchschnittlich 11 – 12 Tagen wieder aufgenommen (v.a. bei < 9. SSW, KH-Verweildauer > 2 d und Auftreten während früher Schwangerschaft)
Symptomatik
- anhaltendes, schweres Erbrechen/Übelkeit (nicht auf andere Ursachen zurückzuführen)
- Gewichtsverlust von min. 5 % des Gewichts vor der Schwangerschaft
- akuter Hunger bzw. Unfähigkeit, normal zu essen/trinken, mit Zeichen wie z.B. Kohlenhydratmangel, Elektrolytanomalien und/oder Säure-Basen-Störungen sowie zusätzlich oftmals Ketonurie
- starke Einschränkung der täglichen Aktivitäten
- Symptomauftreten vor der 16. – 22. SSW (i.d.R. 4. – 10. SSW mit Sistieren in der 20. SSW)
- Anzeichen von Dehydrierung (nicht obligat)
Diagnostik & Anamnese
- körperliche Untersuchung
- Messung der Temperatur und des Gewichts
- Bestimmung des prozentualen Gewichtsverlusts
- Untersuchung des Abdomens auf Empfindlichkeit und Anzeichen von Peritonismus
- Untersuchung auf Nackensteifigkeit und Anzeichen für erhöhten Hirndruck, wenn Anamnese auf ZNS-Ursache hindeutet
- Suche nach Exsikkose-Zeichen (verminderter Hautturgor, trockene Schleimhäute, verminderte Urinausscheidung, konzentrierter Urin & posturaler Blutdruckabfall)
- zusätzlich psychosoziales Screening hinsichtlich Wochenbett-Symptomen
- Ausschluss typischer Differentialdiagnosen
- gastrointestinaler Bereich
- infektiöse Gastroenteritis oder Hepatitis
- gastro-ösophageale Refluxkrankheit
- Pankreatitis
- Erkrankung der Gallenwege
- peptische Ulkuskrankheit
- Darmverschluss
- Gastroparese
- Bauchfell- oder Blinddarmentzündung
- Urogenitaltrakt
- Harnwegsinfektionen inkl. Pyelonephritis
- Eierstock-Torsion
- Nephrolithiasis
- metabolische/toxische Ursachen
- Drogen, inkl. Schwangerschaftsvitamine
- Gebrauch/Entzug von Cannabinoiden oder anderen illegalen Drogen
- diabetische Ketoazidose
- addisonsche Krankheit
- Thyreotoxikose
- nicht-infektiöse Hepatitis
- Hyperkalzämie
- Essstörungen
- Erkrankungen des Zentralnervensystems
- Migräne
- ZNS-Infektionen
- Tumore
- erhöhter ICP
- Pathologien des Vestibularapparats: Labyrinthitis, Morbus Menière
- gastrointestinaler Bereich
Motherisk Pregnancy-Unique Quantification of Emesis and Nausea Score (PUQE-24-Score)
- Übelkeit oder Magenbeschwerden innerhalb der letzten 24 h
- keine/kaum (1 Punkt)
- 1 h oder weniger (2 Punkte)
- 2 – 3 h (3 Punkte)
- 4 – 6 h (4 Punkte)
- > 6 h (5 Punkte)
- Erbrechen innerhalb der letzten 24 h
- kein Erbrechen (1 Punkt)
- 1 – 2 h (2 Punkte)
- 3 – 4 h (3 Punkte)
- 5 – 6 h (4 Punkte)
- > 7 h (5 Punkte)
- Würgen ohne Erbrechen innerhalb der letzten 24 h
- kein Würgen (1 Punkt)
- 1 – 2 h (2 Punkte)
- 3 – 4 h (3 Punkte)
- 5 – 6 h (4 Punkte)
- > 7 h (5 Punkte)
- AUSWERTUNG
- milde Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft: < 6 Punkte
- moderate Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft: 7 – 12 Punkte
- schwere Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft: > 13 Punkte
Therapie
- Flüssigkeitstherapie bei Dehydratation
- Antiemetika-Gabe
- MCP (1. Wahl): 10 mg bzw. 0,5 mg/kg bis zu dreimal pro Tag (max. 30 mg/d) oder 1,2 – 1,8 mg/h p.i. oder 20 – 40 mg/d als s.c.-Infusion
- 6,25 – 25 mg Doxylamin bis zu dreimal pro Tag (max. 50 mg/d)
- 25 – 50 mg Diphenhydramin bis zu dreimal pro Tag (max. 150 mg/d)
- 25 mg Promethazin bis zu dreimal pro Tag (max. 75 mg/d)
- 0,5 – 1 mg/h Droperidol (max. 50 mg/d)
- Serotoninrezeptor-Antagonisten (Setrone; CAVE: umstritten in der Schwangerschaft): 4 – 8 mg Ondansetron bis zu dreimal pro Tag (max. 16 mg/d)
- ggf. Diazepam zur Linderung psychosomatischer Symptome wie Angstzuständen
- bei Immobilität Thromboseprophylaxe erwägen
- Indikationen für KH-Einweisung
- schwere Elektrolytstörung (z.B. Kalium < 3,0 mmol/L)
- erhebliche Nierenfunktionsstörung oder akute Nierenschädigung (Kreatinin > 90 mmol/L)
- gleichzeitige erhebliche Komorbiditäten (z.B. Typ-1-Diabetes, schlecht kontrollierte Epilepsie, Transplantatempfängerin)
- Unterernährung/anhaltender signifikanter Gewichtsverlust trotz Therapie oder Hungerketoazidose
- begleitende Erkrankungen, die eine stationäre Behandlung erfordern (z.B. Infektionen, Hämatemesis, Refeeding-Syndrom)
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