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Leitlinie „Suspected sepsis in under 16s: recognition, diagnosis and early management“ des NICE

veröffentlichende Fachgesellschaft: National Institute for Health and Care Excellence (NICE)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 19.11.2025
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.nice.org.uk/guidance/ng254

„Think Sepsis, say Sepsis“

  • bei Personen mit Symptomen/Anzeichen einer möglichen Infektion an eine mögliche Sepsis denken
  • berücksichtigen, dass Menschen mit Sepsis unspezifische, nicht lokalisierbare Symptome haben können, z.B. sich unwohl fühlen und kein hohes Fieber haben
  • besonderes Augenmerk auf die von der Person selbst und den Angehörigen o.Ä. geäußerten Bedenken legen, z.B. auf Verhaltensänderungen
  • bei Personen mit V.a. Sepsis ist besondere Sorgfalt geboten, wenn die Anamnese schwierig zu erheben ist, z.B. bei fremdsprachigen Personen oder bei Personen mit Kommunikationsschwierigkeiten (wie Lernbehinderungen oder Autismus)
  • Personen mit V.a. Infektion untersuchen, um Folgendes festzustellen:
    • mögliche Infektionsquelle
    • Faktoren, die das Sepsisrisiko erhöhen
    • jegliche Anzeichen klinischer Besorgnis, wie etwa neu aufgetretene Verhaltens-, Kreislauf- oder Atmungsstörungen
  • Nutzung strukturierter Beobachtungsschemata, um Personen im persönlichen Gespräch zu beurteilen und das Risiko bei V.a. Sepsis einzuschätzen
  • Verwendung eines Frühwarnsystems zur Beurteilung von Frauen mit V.a. Sepsis, die schwanger sind oder kürzlich schwanger waren
  • bei Patient*innen mit folgenden Symptomen neutropenische Sepsis vermuten
    • aktuelle systemische Krebsbehandlung oder in den letzten 30 Tagen
    • immunsuppressive Therapie

Risikofaktoren

  • Faktoren, die das Risiko einer Sepsisentwicklung oder einer verzögerten Diagnose erhöhen können
    • Aler < 1 Jahr
    • Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit
    • klinische Merkmale wie
      • Gebrechlichkeit
      • Multimorbidität oder schwere chronische Erkrankungen
      • geschwächtes Immunsystem aufgrund von Krankheit oder Medikamenten
      • OPs oder invasive Eingriffe in den letzten 6 Wochen
      • Dauerkatheter
      • wiederholte Antibiotikaeinnahme
      • Hautverletzungen
    • Kommunikationsschwierigkeiten, z.B. bei Menschen
      • mit Lernschwierigkeiten
      • mit kognitiver Beeinträchtigung
    • soziale, wirtschaftliche oder ökologische Faktoren wie Obdachlosigkeit oder Leben in sozial benachteiligten Gebieten
  • Risikofaktoren für eine frühkindliche Infektion
    • Hauptrisikofaktor:
      • V.a. oder bestätigte Infektion bei einem weiteren Baby bei Mehrlingsschwangerschaft
    • weitere Risikofaktoren:
      • Infektion mit Streptokokken der Gruppe B bei anderem Kind oder der Mutter, Bakteriurie oder Infektion mit Streptokokken der Gruppe B während der aktuellen Schwangerschaft
      • Frühgeburt nach spontanem Wehenbeginn vor der 37. SSW
      • bestätigter Blasensprung > 18 h vor Frühgeburt
      • bestätigter vorzeitiger Blasensprung zum Geburtstermin, < 24 h vor Wehenbeginn
      • Fieber > 38 °C bei der Mutter während der Geburt bei V.a. oder bestätigter bakterieller Infektion
      • linische Diagnose einer Chorioamnionitis

Diagnostik & Untersuchung

  • Erhebung von Temperatur, HF, Puls, AF, RR, AVPU/WASB und SpO2 bei V.a. Sepsis bei Kindern zw. 12 – 15 Jahren
  • Erhebung von Temperatur, HF, Puls, AF, AVPU/WASB, SpO2 und Rekap-Zeit bei Kindern < 12 Jahre
  • bei Kindern < 5 Jahren RR-Messung, wenn HF oder Rekap-Zeit auffällig sind und die entsprechende Ausrüstung verfügbar ist
  • bei Kindern zw. 5 – 11 Jahren RR-Messung, wenn die entsprechende Ausrüstung verfügbar ist
  • bei V.a. Sepsis körperliche Untersuchung bzgl. mamoriertem/aschfahlem Hautkolorit, Haut-/Lippen-/Zungenzyanose, nicht wegdrückbarer petechialer oder purpurischer Hautausschlag, Hautverletzungen (z.B. Schnitte, Verbrennungen oder Hautinfektionen) oder andere Hautausschläge, die auf eine mögliche Infektion hinweisen können
  • Abklärung der Miktionshäufigkeit in den letzten 18 h
  • Anamnese bzgl. kürzlich aufgetretenem Fieber oder Schüttelfrost

Interpretation der diagnostischen Ergebnisse

  • Fieber oder Unterkühlung allein reichen nicht aus, um Sepsis auszuschließen oder zu bestätigen
  • berücksichtigen, dass einige Patient*innengruppen mit einer Sepsis möglicherweise keine erhöhte Temperatur entwickeln, z.B.
    • Menschen mit chronischen Krankheiten, Behinderungen oder komplexen Pflegebedürfnissen
    • Menschen, die wegen Krebs behandelt werden
    • Menschen, die schwer an Sepsis erkrankt sind
    • Babys & Kinder
    • Menschen mit einer Rückenmarksverletzung
  • berücksichtigen, dass ein Temperaturanstieg eine physiologische Reaktion sein kann, z.B. nach OP oder Trauma
  • Herzfrequenz bei V.a. Sepsis im Kontext interpretieren, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist:
    • Ruheherzfrequenz kann bei jungen Menschen und fitten Erwachsenen niedriger sein
    • „normale“ Herzfrequenz in der Schwangerschaft ist um 10 – 15 Schläge pro Minute höher als normal
    • Herzfrequenzreaktion kann durch Medikamente wie Betablocker beeinflusst sein
  • Blutdruckwerte, sofern bekannt, im Kontext zu vorherigen Blutdruckwerte interpretieren (CAVE: normaler Blutdruck bei jungen Menschen schließt Sepsis nicht aus)
  • Bewusstsein & Kognition
    • kognitiven Zustand im Kontext der normalen Funktionsfähigkeit interpretieren und Veränderungen als bedeutsam werten
    • CAVE: Veränderungen der Kognition können subtil sein
    • berücksichtigen, dass eine erschwerte SpO2-Messung bei V.a. Sepsis auf eine verminderte periphere Durchblutung aufgrund eines Schocks hindeuten kann

Risikobewertung

siehe Tabellen in der Original-LL: https://www.nice.org.uk/guidance/ng254/chapter/Evaluating-risk-level

Management

  • bei Einlieferung/Vorstellung Suche nach Infektionsquelle (Urinanalyse, Thorax-Röntgen, Bildgebung von Abdomen & Becken)
  • vor Antibiotika-Gabe mikrobiologische und Blutproben entnehmen
  • Laboruntersuchung (BGA, BZ, Laktat, großes Blutbild, CRP, Harnstoff, Elektrolyte, Kreatinin, Leberwerte, Gerinnungswerte)
  • unverzügliche Gabe eines Breitspektrum-Antibiotikums (innerhalb 1 h nach Diagnose) entsprechend den bestehenden lokalen Leitlinien zur antimikrobiellen Therapie
    • Kindern < 3 Monaten sollten parenterale Antibiotika-Gabe wie folgt:
      • Kinder < 1 Monat mit Fieber
      • alle Kinder im Alter von 1 – 3 Monaten mit Fieber, die krank erscheinen
      • Kinder im Alter von 1 bis 3 Monaten mit Leukozytenzahl < 5 × 10⁹/L oder > 15 × 10⁹/L
  • unverzüglicher Flüssigkeitsbolus i.v. von 10 – 20 mL/kg über weniger als 10 min bei Personen mit V.a. Sepsis, die schwanger sind oder vor Kurzem schwanger waren, ein hohes Risikokriterium erfüllen und entweder einen Laktatwert > 4 mmol/L oder einen RRsys < 90 mmHg (Verwendung von glukosefreien Kristalloidlösungen mit Natriumgehalt von 130 – 154 mmol/L; CAVE: max. Bolusvolumen: 250 mL)
  • Gabe eines Flüssigkeitsbolus i.v. von 10 mL/kg bei Personen mit V.a. Sepsis, die schwanger sind oder vor Kurzem schwanger waren, ein hohes Risikokriterium erfüllen und entweder einen Laktatwert zw. 2 – 4 mmol/L erwägen
  • regelmäßiges Monitoring (mind. alle 30 min)
  • zweiten Flüssigkeitsbolus erwägen, wenn keine Besserung eintritt
  • bei Patient*innen < 18 Jahren O2-Gabe bei SpO2 < 92 %
Published inLeitlinien kompakt

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