Was ist die PAIN-Theorie?
Die PAIN-Theorie geht auf den US-amerikanischen Professor für Psychologie Daniel Gilbert zurück, der an der Harvard University forscht. Seinem Denkansatz zufolge sind wir Menschen im Rahmen der Evolution darauf trainiert worden, auf Warnsignale bzw. Gefahren zu reagieren, die den folgenden Kriterien entsprechen:
P – Personal (Die Gefahr muss die Menschen persönlich betreffen.)
A – Abrupt (Die Gefahr muss plötzlich/zumindest schnell eine Veränderung bewirken.)
I – Immoral (Die Gefahr muss unmoralisch oder verwerflich.)
N – Now (Die Risiken müssen bzw. die Gefahr muss jetzt Realität werden.)
Wie gehen die PAIN-Theorie & die Klimakrise zusammen?
Aber wie passen jetzt die PAIN-Theorie und die Klimakrise bzw. die Bekämpfung selber zusammen? Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten: Gar nicht und das ist das große Problem! Die rasch fortschreitende Klimawandel bzw. die Klimakrise stellt eine Bedrohung dar, die diese Warnsignale nicht enthält und deswegen sind wir Menschen auch weniger aktiv, um etwas dagegen zu tun und unsere Zukunft dadurch sicherer zu machen. Überprüft man die Klimakrise mittels der Kriterien der PAIN-Theorie, so kommt man zu kommt man zu folgendem Ergebnis:
- P – Personal: Wir Menschen sind nicht grundsätzlich persönlich betroffen, sondern nur im Zusammenhang mit Gefahrenereignissen wie zum Beispiel Überflutungen oder einem Hitzesommer.
- A – Abrupt: Die krisenhaften Veränderungen des Klimawandels laufen eher langsam und schleichend ab, sodass sich kein Gefahrgefühl bei uns entwickelt kann wie im Rahmen plötzlicher Ereignisse.
- I – Immoral: Die Ursachen, die den Klimawandel vorantreiben, wie z.B. der starke Ausstoß von Treibhausgasen, die wir nicht sehen, riechen & schmecken können, werden von uns Menschen nicht als unmoralisch oder verwerflich empfunden.
- N – Now: Der Klimakrise fehlt aktuell noch das spezifisch tägliche Bedrohungselement, das uns in unserem Alltag einschränkt.
Was lernen wir daraus, auch für die Notfallmedizin? Die Klima-Kommunikation muss sich ändern und diese sollte auch größerer Teil der (notfall-)medizinischen Ausbildung sein, denn das Gesundheitswesen wird nicht nur in Akutsituationen wie Überflutungen, Waldbränden o.Ä., sondern auch auf lange Sicht extrem von den Folgen der Klimakrise betroffen sein. Sei es die klimabedingte Zunahme von Erkrankungen wie Asthma durch die Luftverschmutzung oder psychischen Erkrankung, nicht nur im Zusammenhang mit Umweltkatastrophen. Aber auch die steigende Arbeitsbelastung durch mehr Einsätze in Hitzewellen oder Hitze selbst als körperliche Belastung für uns Rettungskräfte in unserer persönlichen Schutzausrüstung. Nur wenn wir solche Aspekte in die Aus-/Fort- & Weiterbildung integrieren, können wir uns gut wappnen für die Zukunft. Denn nur wenn wir unsere Klima-Kommunikation und die mangelhafte Gefahrenwahrnehmung verbessern, um den Menschen im Gesundheitswesen klarmachen, dass der Klimawandel jetzt schon da ist, große, plötzliche Veränderungen bewirkt und uns alle persönlich betrifft, nur dann wird die Klimakrise greifbar für die meisten und es wird so die Notwendigkeit erkannt etwas zu tun.
„Obwohl der Klimawandel den meisten Menschen grundsätzlich bewusst ist, bleibt dessen Wahrnehmung distanziert: etwas, was anderen passiert, anderswo oder in einer unspezifischen Zukunft“
(Übersetzung aus American Psychological Association und ecoAmerica 2017)
Quellen
- „8. Mach’ den Klimawandel konkret“. o. J. Klimafakten Handbuch (blog). Zugegriffen 6. Januar 2025. https://klimakommunikation.klimafakten.de/showtime/kapitel-8-mach-den-klimawandel-konkret/.
- American Psychological Association und ecoAmerica. 2017. „Mental Health and Our Changing Climate: Impacts, Implications, and Guidance: (503122017-001)“. https://doi.org/10.1037/e503122017-001.
- Balaji, Mala. 2021. „The Power of PR: How Induced Climate Denial is Becoming Big Business“. Climate Connection. 28. April 2021. https://climateconnection.org.in/updates/power-pr-how-induced-climate-denial-becoming-big-business.
- Dohm, Lea, Pia Niessen, und Katharina van Bronswijk. o. J. „‚Was hast du damals dagegen getan?‘ – Psychotherapeutische Perspektiven auf die Klimakrise“. https://www.gwg-ev.org/fileadmin/user_upload/GPB_2020-4_Magazin_Psychologists_for_Future.pdf.
- jchilds. 2016. „Climate Communication and PAIN Theory. How to Destroy Your Advocacy“. Professional Conflict Resolution (blog). 5. Januar 2016. https://conflictresolutionpro.wordpress.com/2016/01/05/climate-communication-and-pain-theory-how-to-destroy-your-advocacy/.
- Jenkins, Amanda Warton. 2020. „Why Some People Cannot “Believe In” the Science of Climate Change“. Ascent Publication (blog). 3. Oktober 2020. https://medium.com/the-ascent/why-some-people-cannot-believe-in-the-science-of-climate-change-31c45b626b6b.
- Klotz, Maria, Marlen Cosmar, und Stefan Boltz. 2024. „Motivationsorientierte Klima-Kommunikation“. DGUV forum. 11. März 2024. https://forum.dguv.de/ausgabe/5-2024/artikel/motivationsorientierte-klima-kommunikation.
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