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Leitlinie „Airway Management in Prolonged Field Care“ des JTS

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.05.2020
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Indikationen für erweitertes Atemwegsmanagement

gestörte/traumatisierte Gesichts- oder Halsanantomie

  • massives Gesichtstrauma
  • Verbrennungen im Gesicht oder Inhalationstrauma mit Heiserkeit oder Stridor
  • massives Trauma des Halses
  • ausgedehntes Hämatom am Hals
  • akute Racheninfektion (Retropharyngealabszess, Peritonsillarabszess, Epiglottitis)
  • Aspiration eines Fremdkörpers
  • Anaphylaxie (Obstruktion der Atemwege)

unzureichende Oxygenierung oder Ventilation

  • Thorax- und Lungentrauma (stumpf/penetrierend), z.B. Lungenquetschungen (durch Explosion, stumpfen oder Quetschmechanismus)
  • Verbrennungen > 40 % VKOF
  • Schädel-Hirn-Trauma mit vermindertem Bewusstsein (GCS ≤ 8)
  • traumatische Hirnverletzung mit Verdacht auf Herniation, die Hyperventilation erfordert (Ziel-etCO2: 30 – 35 mmHg)
  • Atemversagen aufgrund von Krankheit, Infektion oder Verletzung:
    • chemische oder toxische Inhalationsverletzungen
    • ARDS aufgrund von Infektion, massiver Wiederbelebung-Maßnahmen, medikamentöser oder anderer Ursachen
    • primäre Lungeninfektion (Lungenentzündung)
    • massive Lungenembolie
    • TRALI (transfusionsbedingte akute Lungenverletzung) oder TACO (transfusionsassoziierte Kreislaufüberlastung) aufgrund einer Massentransfusion

Hilfsmittel für das Atemwegsmanagement

Hilfsmittel/TechnikProContraSkill Level
Kopf überstrecken & Esmarch-Handgriffeinfacherfordert kontinuierliche freie HändeNM
Erholungspositioneinfach & taktisch durchführbarkann die Beurteilung oder Behandlung einschränkenNM
Aufrecht sitzen/nach vorne gelehnteinfach & praktisch (angenehmste Position)kann auf drohende Obstruktion der Atemwege hinweisenNM
nasopharyngealer Tubus (Wendl)einfachRisiko von Nasenbluten bei der PlatzierungNM
oropharyngealer Tubus (Guedel)einfachbei bewusstlosen Patienten nicht toleriertNM
supraglottischer Atemweg (SGA)einfachbei bewusstlosen Patienten nicht toleriertM
Endotrachealtubus (ETT)– vertraut für geschultes Personal
– definitive Atemwegssicherung
– kein chirurgischer Eingriff erforderlich
– ggf. ungeübte Anwender
– erfordert RSI + Relaxation
– ggf. Absaugen notwendig
– erfordert Sedierung
M+
Krikothyreotomie– definitive Atemwegssicherung
– besser toleriert als Guedel, SGA oder ETT
– erfordert möglicherweise
weniger Sedierung, sobald er platziert ist
– invasives Verfahren
– hohe Fehlerquote in einigen Studien
M
Skill-Level: NM = nicht-medizinisches Personal; M = medizinisches Personal

Maßnahmen

Hilfsmittel zur Beatmung

  • Minimum: Beutel + Beatmungsmaske mit PEEP-Ventil
  • Besser: automatisiertes tragbares Beatmungsgerät (vorzugsweise mit PEEP); einstellbare Sauerstoffkonzentration
  • am Besten: vollständig ausgestattetes tragbares Beatmungsgerät (z.B. mehrere Beatmungsmodi, PEEP); zusätzlicher Sauerstoff, falls verfügbar
  • PEEP, v.a. von Relevanz bei prolongierter Beatmung (empfohlene Anfangseinstellung egal ob Beutel-Maske-Beatmung oder Beatmungsgerät: 5 cmH2O)

Absaugung

  • Minimum: manuelle Absaugvorrichtung
  • am Besten: automatische, elektronische Absauge
  • bei Atemwegssicherung Absaugung obligat
  • besonders wichtig, um die Sicht auf die Stimmbänder während der endotrachealen Intubation zu erleichtern
  • bei hohen Atemwegsdrücken kann die Absaugung von Schleim/Schleimpfropfen oder zur Beseitigung von Obstruktionen notwendig sein

Monitoring

  • Minimum: Pulsoximeter (SpO2) sowie Überwachung der Atmung
  • Besser: tragbare Kapnometrie/Kapnographie (etCO2) zusätzlich zu SpO2
  • am besten: Monitor mit SpO2, etCO2/Kapnographie sowie EKG

Validierung der Position des Tubus

  • Minimum
    • sichtbares Passieren des Tubus vorbei an den Stimmbänder
    • Auskultation des Magens (keine Geräusch) sowie des Thorax (bilateralen Lungengeräusche)
    • farbmetrische Kapnographie (Indikatorpapier)
    • leichtes bilaterales Heben und Senken des Thorax
    • Feuchtigkeitsbeschlag der Tubusinnenseite
    • keine Anzeichen einer Mageninsufflation
  • Besser: Minimum + tragbare Kapnografie; ggf. Sonografie zur Kontrolle der korrekten Lage
  • am besten: kontinuierliche etCO2-Messung durch Monitor
  • korrekte Tubus-Platzierung muss jedes Mal überprüft werden, da falsche Platzierung des Tubus tödlich sein kann

i.v.-/i.o.-Zugang

  • Minimum: wenn i.v.-/i.o.-Applikation frustran, dann Applikation der Medikamente i.m. oder i.n. zur sofortigen Sedierung, um die chirurgische Krikothyreotomie zu erleichtern
  • Besser: 1 – 2 großlumige Zugänge i.v./i.o.
  • am Besten: 2 – 3 großlumige Zugänge i.v./i.o. mit zusätzlichem i.o.-Bohrer in Bereitschaft
  • obwohl Medikamenten-Applikation sowie Flüssigkeitstherapie wichtig, darf diese die Atemwegssicherung nicht verzögern
  • ggf. Sonografie, um kleine oder tiefe Venen zu identifizieren; ggf. äußere Jugularvene oder Vena saphena in Betracht ziehen

Medikamente

Atemwegssicherung

  • Minimum: Lokalanästhetikum für Krikothyreotomie (oberflächliche Hautanästhesie plus 1 – 2 mL durch Krikothyreoidea injiziert) oder Platzierung ohne Medikamente bei Bewusstlosigkeit; viele Sedativa können auch i.m. appliziert werden, wenn i.v./i.o. nicht möglich
  • Besser: Opioid, Sedativum, Benzodiazepin i.v./i.o.
  • am Besten:
    • 1 – 2 mg/kg Ketamin i.v. zur ETT-Platzierung
    • Krikothyreotomie + Lokalanästhetikum (Lidocain) für Krikothyreotomie

prolongierte Sedierung (nach Atemwegssicherung)

  • Minimum: kein iv.v.-Zugang, daher 3 – 4 mg/kg Sektamin i.m. (Sedierungsdosis)
  • Besser: Ketamin, Opioid und/oder Midazolam (allein oder in Kombination) i.v./i.o. als Push-Dose
  • am Besten
    • Ketamin-Infusion i.v./i.o.
    • Hydromorphon oder anderes Opioid i.v./i.o. als Bolus bei Durchbruchschmerzen
    • Midazolam i.v./i.o. als Bolus
  • engmaschige Blutdruck-Überwachung (alle 1 – 2 min während Maßnahmen, alle 3 – 5 min für 15 min nach Maßnahmen)
  • Blutdruckabfall ggf. …
    • von kurzer Dauer sein (wenn er auf vagale Effekte der Epiglottis-Stimulation während der ETT-Platzierung zurückzuführen ist)
    • anhaltend (aufgrund von Überdruckbeatmung, erhöhtem intrathorakalen Druck und vermindertem venösen Rückfluss zum Herzen)
  • Vasopressoren (z.B. Epinephrin) vorbereiten, falls ntowendig bei Blutdruckabfall
  • neuromuskuläre Blockade (Succinylcholin, Rocuronium, Vecuronium usw.) NICHT grundsätzlich nötig
Published inLeitlinien kompakt

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