veröffentlichende Fachgesellschaft: American Association for the Surgery of Trauma (AAST) & World Society of Emergency Surgery (WSES)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 18.12.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1097/ta.0000000000004233
Grundsätzliches
- Antibiotikaprophylaxe, d.h. der Einsatz von Antibiotika zur Vorbeugung von Infektionen an der Verletzungs- und/oder Operationsstelle, muss zeitnah zum Operationsbeginn oder zum Zeitpunkt der Verletzung und entsprechend der Pharmakodynamik & -kinetik erfolgen
- verlängerte Antibiotikaprophylaxe: Antibiotikaprophylaxe, die über die ersten 24 h nach invasivem Eingriff oder Verletzung hinausgeht
- Antibiotikatherapie: Einsatz von Antibiotika mit dem Ziel, eine adäquate medikamentöse Wirkung (bakteriostatisch/bakterizid) am Ort der Infektion gegen bestimmte/unbestimmte Bakterien zu erzielen
Empfehlungen
- Schädel-Hirn-Trauma
- keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem SHT, das nicht operativ behandelt werden muss
- Indikation für verlängerte Antibiotikaprophylaxe bei penetrierendem SHT
- Kiefer- und/oder Gesichtstrauma (Infektion mit 10 – 15 % häufigste Komplikation bei offenen Unterkieferfrakturen)
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem Kiefer-/Gesichtstrauma, wenn offenen Frakturreposition erfolgt
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei penetrierendem Kiefer-/Gesichtstrauma
- verlängerte Antibiotikaprophylaxe bei Reposition offener, kontaminierter Wunden erwägen
- Thoraxtrauma (posttraumatische Empyerate: 2 – 25 %, in 35 – 75 % S. aureus verantwortlich)
- keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem Thoraxtrauma
- keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei penetrierendem Thoraxtrauma und Anlage einer Thoraxdrainage
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem Thoraxtrauma und Anlage einer Thoraxdrainage
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe in allen Fällen mit verzögerter Drainageanlage bei retiniertem Hämatothorax
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem und penetrierendem Thoraxtrauma und chirurgischer Exploration (Thorakotomie/Thorakoskopie)
- Abdominaltrauma
- keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei stumpfem Abdominaltrauma, das nicht operativ behandelt werden muss
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei penetrierendem Abdominaltrauma, v.a. bei chirurgischer Exploration (Laparotomie/Laparoskopie)
- Indikation für verlängerte Antibiotikaprophylaxe und/oder eine Antibiotikatherapie bei Hohlorganverletzungen erwägen
- offene Frakturen
- schnellstmögliche Antibiotikaprophylaxe bei offenen Frakturen zur Verringerung/Verhinderung von Wundinfektionen
- keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe > 24h bei schussbedingten Frakturen
- Dosierungen in Abhängigkeit der Gustilo-Anderson-Klassifikation
- Grad I & II: 2 g Cefazolin i.v. sowie ggf. 2 x 2 g Cefazolin i.v. alle 8 h (bei Penicillin-Allergie: 900 mg Clindamycin i.v. alle 8 h)
- Grad III: 2 g Cefazolin i.v. sowie ggf. 2 x 2 g Cefazolin i.v. alle 8 h + 5 mg/kg Gentmycin i.v. alle 24 h (bei Penicillin-Allergie: 900 mg Clindamycin i.v. alle 8 h + 5 mg/kg Gentmycin i.v. alle 24 h)
- Verbrennungen
- keine Indikation für routinemäßige Antibiotikaprophylaxe bei Verbrennungen
- routinemäßige Kontrolle von Infektionsfoki mit ausgiebiger Spülung zur Entfernung von kontaminiertem Material als Teil der Infektionsprävention
- keine Unterschiede zw. systemischer & topischer Antibiotikaprophylaxe bei Infektionsprävention
- Indikation für Antibiotikaprophylaxe bei schweren Verbrennungen und endotrachealer Intubation sowie mechanischer Beatmung (idealerweise vor Intubation)
- Antibiotikaprophylaxe bei schweren Verbrennungen und Spalthauttransplantation zur Verhinderung einer Infektion des Transplantates erwägen
- keine Indikation für routinemäßige Antibiotikaprophylaxe nach Debridement von devitalisiertem Gewebe
- Hautwunden und Hautbisse
- keine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe bei Haut- und Weichteilverletzungen (Gabe im Rahmen der Einzelfallprüfung erwägen)
- keine strenge Indikationsstellung für routinemäßige Antibiotikaprophylaxe bei Säugetierbissen (Prüfung von Fall zu Fall)
- sorgfältige Prävention viraler Infektionskrankheiten bei Tierbissen (z.B. gegen Tollwutvirus)
- Tetanus-Impfung bei Hautwunden und Hautbisse berücksichtigen
- routinemäßige Kontrolle von Infektionsfoki mit ausgiebiger Reinigung, Spülung und Desinfektion von Wunden bei allen Haut- und Weichteilverletzungen (inkl. Tierbissen)
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