Zum Inhalt springen

Leitlinie „Eye Trauma – Initial Care“ des JTS

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.06.2021
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Diagnostik

  • wenn möglich, mindestens Sehschärfe beurteilen und dokumentieren
  • Untersuchung hinsichtlich kritischer Befunde
  • Anamnese hinsichtlich Symptomen wie Sehkraftverlust, vermindertem Sehvermögen, Doppeltsehen oder Augenschmerzen
  • Augeninnendruck
    • bei Verdacht auf ´ Verletzung des offenen Augapfels KEINEN Druck auf das Auge ausüben
    • bei Verdacht auf ein orbitales Kompartmentsyndrom die Augenlider abtasten, um festzustellen, ob das Auge sich im Vergleich zu anderen oder dem eigenen Auge härter anfühlt
  • Pupillen überprüfen
  • sofern der/die Patient*in Befehle befolgen kann, bitten dem Finger zu folgen ohne den kopf zu bewegen
  • auf typische Verletzungsmechanismen achten
    • Explosionsverletzungen
    • direktes Gesichts- und Augentrauma
    • Kompressionstrauma durch stumpfe Gewalteinwirkung
    • Polytrauma
    • thermische Einwirkung, insbesondere im Gesicht

allgemeine Therapie

  • verletztes Augen (bestätigt oder potenziell) sofort mit starrem Augenschutz schützen
  • während der/des Behandlung/Transportes achten auf
    • Valsalva-Reaktionen vermeiden (CAVE: Extrusion von intraokularen Bestandteilen)
    • ausreichend Analgesie und Sedierung
    • Übelkeit und Erbrechen (50 mg Promethazin i.v. oder 4 – 8 mg Ondansetron 4-8 mg i.v.)
    • Bewegung vermeiden
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen

DO NOT’S

  • vermutete Augenverletzung NICHT ohne starren Augenschutz
  • KEINE Pflaster verwenden (CAVE: Druck auf das Auge)
  • KEINE Verbände/Mullbinden (CAVE: Druck auf das Auge)
  • KEINEN Druck auf das Auge ausüben

spezifische Augenverletzungen

offener Augapfel

  • Mechanismus
    • Riss(e) durch ein penetrierendes oder perforierendes Trauma
    • Ruptur des Augapfels durch stumpfes Trauma
  • Untersuchungsbefund
    • kollabiertes oder stark verzerrtes Auge
    • offene Wunde, Riss der Hornhaut oder Sklera
    • flache vordere Augenkammer
    • spitz zulaufende oder unregelmäßige Pupille
    • subkonjunktivale Blutung
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

intraokularer Fremdkörper

  • Untersuchungsbefund
    • penetrierende oder perforierende Stelle(n) der Sklera oder Hornhaut
    • Loch in der Iris
    • CAVE: Befunde können unauffällig sein
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

chemische Verletzungen

  • Untersuchungsbefund
    • Epitheldefekt(e) der Hornhaut oder Bindehaut
    • Rötung und Schwellung der Bindehaut
    • Bleichung der Bindehaut
    • Hornhauteintrübung
  • Therapie
    • sofort mit Spülen des Auges beginnen
      • normale Kochsalzlösung oder Ringer-Laktat, falls verfügbar; ggf. Wasser oder sonstige neurtrale Lösung
      • min. mit 2 Liter spülen (ggf. sind bis zu 10 L notwendig)
      • NICHT versuchen mit Säure mit Base oder Base mit Säure zu neutralisieren
    • ggf. sichtbare saure oder basische Fremdkörper mit einem Wattestäbchen
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

Kompartmentsyndrom des Auges

  • Mechanismus
    • retrobulbäre Blutung/orbitale Blutung
  • Untersuchungsbefund
    • Verminderung oder Verlust der Sehschärfe
    • „steinharte“ Augenlider
    • Proptosis (Vorwölbung des betroffenen Auges im Vergleich zum anderen Auge)
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

Orbitafraktur

  • Untersuchungsbefund
    • abgetretener Orbitarand
    • eingeschränkte Augenbewegungen
    • Enophthalmus (betroffenes Auge liegt im Vergleich zum anderen Auge weiter hinten in der Augenhöhle)
    • Hypoglobus (betroffenes Auge ist im Vergleich zum anderen Auge tiefer gelegen)
    • subkutanes oder konjunktivales Emphysem
    • Taubheitsgefühl unter dem Auge
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • Valsalva-Reaktionen vermeiden (CAVE: Extrusion von intraokularen Bestandteilen)
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf
    • dringender Transport in Augenklinik bei Einklemmung des extraokularen Muskels mit Bradykardie, Übelkeit, Erbrechen oder Synkope (okulokardialer Reflex)

thermische Verletzungen des Auges

  • Untersuchungsbefund
    • Verbrennung im Gesicht
    • Verbrennung der Augenlider und Wimpernverlust
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • aggressive Volumentherapie (CAVE: orbitales Kompartmentsyndrom)
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

Fremdkörper auf der Hornhaut und/oder in der Bindehaut

  • Untersuchungsbefund
    • Fremdkörper auf der Hornhaut oder der Bindehaut
    • metallische Fremdkörper einen Rostring aufweisen
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • oberflächliche Fremdkörper ausspülen oder mit angefeuchtetem Wattetupfer entfernen
    • eingedrungenen Fremdkörper nicht entfernen
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

intraorbitaler Fremdkörper

  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • eingedrungenen Fremdkörper nicht entfernen
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf

Engwinkel-Glaukom

  • Untersuchungsbefund
    • verschwommenes Sehen oder Sehverlust
    • „Sterne“ um Lichtquellen herum sehen
    • starke Augenschmerzen
    • starre, mittelweite Pupille
    • flache vordere Augenkammer
    • Hornhautödem (trübe Hornhaut)
    • starke Kopfschmerzen
    • Augenrötung
    • Übelkeit und Erbrechen
  • Therapie
    • Beurteilung und Dokumentation des Sehvermögens, wenn möglich
    • starrer Augenschutz
    • nichts essen oder trinken
    • Kopfteil auf 30 ° erhöhen
    • Antiemese
    • Tetanusprophylaxe
    • Sedierung und Analgesie nach Bedarf
Published inLeitlinien kompakt

Sei der Erste der einen Kommentar abgibt

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert