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Leitlinie „Family Violence“ des RCH

veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.06.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/

Grundsätzliches

  • Gewalt in der Familie bzw. häusliche Gewalt hat lebenslange Auswirkungen auf die Gesundheit, die Psyche und das Wohlbefinden
  • Erkennung der Risikofaktoren und die anschließende sorgfältige Anamnese sind die ersten Schritte zur Unterstützung von Familien
  • besonderes Augenmerk liegt auf sicherer Dokumentation
  • Gewalt in der Familie bzw. häusliche Gewalt…
    • … kann jede*n treffen.
    • … ist nicht immer körperlich, sondern auch psychischer, sexueller oder finanzieller Missbrauch.
    • … eskaliert mit zunehmender Zeit (zunehmende Ängste, Kontrolle & Zwänge)
  • Formen des Missbrauchs und/oder Gewalt können auch die Verfolgung mittels Telefon/GPS-Gerät, beleidigende/bedrohliche Textnachrichten bzw. Anrufe, Weitergabe oder Androhung der Weitergabe von Bildern etc. sein

Anamnese & Diagnostik

  • Red Flags für erhöhtes Letalitätsrisiko durch Gewalttat des/der Täter*in
    • Eskalation der Gewalt (Zunahme der Schwere oder Häufigkeit)
    • kürzliche Trennung oder Trennungsabsicht des Opfers
    • körperliche Gewalt während Schwangerschaft/nach Geburt
    • Stalking (inkl. Cyber-Stalking)
    • Zugriff des Täters auf oder Einsatz von Waffen
    • Drohungen oder Selbstmordversuche des Täters
    • Drohungen, Kindern und Haustieren Schaden zuzufügen oder sie zu töten
    • akute/aktuelle/neuaufgetretene Arbeitslosigkeit des/der Täter*in
    • sexueller Übergriff
    • Strangulation oder versuchte Strangulation
    • zwanghaftes/eifersüchtiges Verhalten ggü. dem Opfer
    • Substanzmissbrauch des/der Täter*in
  • Risikofaktoren/-indikatoren bei Säuglingen & Kleinkindern
    • unruhiges Baby (z.B. übermäßiges Weinen, Schlafstörungen)
    • Anzeichen schlechter Bindung: ausweichender Blick, leichte Schreckreaktion
    • Entwicklungsverzögerungen
  • Risikofaktoren/-indikatoren bei Schulkindern
    • wiederkehrende Bauchschmerzen und Kopfschmerzen
    • regressives Verhalten (z.B. Bettnässen, „Babysprache“)
    • schlecht kontrollierbare chronische Erkrankungen (z.B. Asthma, Diabetes)
    • emotionale Labilität sowie zurückgezogenes, aggressives oder ängstliches Verhalten
    • Konzentrationsschwierigkeiten
    • unregelmäßiger Schulbesuch
  • Risikofaktoren/-indikatoren bei Jugendlichen
    • Essstörungen
    • Depression, Angstzustände, Selbstverletzung, Suizidalität
    • Drogenkonsum, Schulschwänzen, sexuell übertragbare Krankheiten, ungeplante Schwangerschaft
  • Risikofaktoren/-indikatoren bei Erziehungsberechtigten
    • Schwierigkeiten bei der Anamneseerhebung (z.B. Ausreden, unerklärliche Verletzungen)
    • Stress der Erziehungsberechtigten nicht im Einklang mit der Erkrankungsschwere des Kindes
    • Erziehungsberechtigten dominieren den Kontakt zum medizinischen Personal
    • häufiges Nichterscheinen oder Verschieben von Terminen
    • aggressive oder kontrollierende Beziehungsdynamik zwischen den Erziehungsberechtigten
    • psychische Probleme bzw. Vorerkrankungen
    • Substanzmissbrauch
  • körperliche Untersuchung hinsichtlich
    • unerklärliche Verletzungen wie Verbrennungen, Prellungen oder Brüche
    • Blutergüsse und/oder Petechien am Hals oder Kopf (z.B. als Hinweis auf Strangulation)
    • unerklärliche Schmerzen: Bauch- & Kopfschmerz als häufiges Symptom für Stress oder Angst
    • Vernachlässigung-Anzeichen

Management

  • Do’s
    • eigenem Instinkt vertrauen
    • Zusammenarbeit (ggf. Hinzuziehen von Arzt/Notarzt, Kontaktaufnahme mit Kinderarzt, Jugendamt etc.)
    • Wissensstand, dass es ggf. Zeit zum Vertrauensaufbau braucht
    • bedenken, dass häusliche Gewalt nicht selten vorkommen
    • Zuhören, bestätigen und stärken (Anbieten von Unterstützung und weiteren Möglichkeiten)
  • Dont’s
    • kein direktes Nachfragen/-haken, wenn der/die vermutliche/n Täter*in anwesend ist/sind (CAVE: Gewalt-/Konfliktpotential)
    • kein direktes Ermutigen zur Trennung/zum Verlassen des/der Täter*in
  • Dokumentation
    • bei Dokumentation sensibler Informationen sind klare, prägnante & sachliche Aussagen wichtig
    • ggf. der Dokumentation den Zusatz „Informationen Dritter – privat und vertraulich“ hinzufügen
    • bei Dokumentation immer bedenken, dass diese Eigentum des/der Patient*in ist und damit die Erziehungsberechtigten einsichtsberechtigt sind, aber auch, dass die Dokumentation Teil eines Gerichtsverfahrens oder polizeilicher Ermittlungen werden könnte
  • bei Zweifeln hinsichtlich Erkrankung und/oder Verletzungen auch den Transport zum/zur Kinderärzt*in erwägen, da diese*r das Kind besser kennt
Published inLeitlinien kompakt

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