veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
Klassifikation gemäß AWMF: S2k
Datum der Veröffentlichung: 15.11.2022
Ablaufdatum: 14.11.2027
Quelle/Quelllink: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/040-016
- Ziel der intravenösen Infusionstherapie: Erhalt bzw. Wiederherstellung der Volumen- und Osmo-Homöostase (Normovolämie, normale Gewebeperfusion, normaler Säure-Basen-Elektrolythaushalt, Normoglykämie und Vermeidung einer katabolen Stoffwechsellage)
- Kinder, die aufgrund akuter Erkrankung nicht oder nicht ausreichend oral bzw. per Sonde enteral mit Flüssigkeit oder Nährstoffen versorgbar sind, sollen Infusionstherapie erhalten
- Holliday-Segar-Formel zur Abschätzung des Flüssigkeitsgrundbedarfs bei nicht akut erkrankten Kindern nutzen
- 100mL/kg/d (oder 4 mL/kg/h) für die ersten 10 kgKG
- 50mL/kg/d (oder 2 mL/kg/h) zwischen 10 – 20 kgKG
- 20mL/kg/d (oder 1 mL/kg/h) > 20kg
- Grundinfusion sollte balancierte isotone Vollelektrolytlösungen (bVEL) mit Natriumgehalt von idealerweise 135 – 145 mmol/L sein
- bei Kindern ≤ 6 Jahre zusätzlich zur Grundinfusion mit 5%igen Glukoseanteil beginnen, bei älteren Kindern mit 2,5%igen Glukoseanteil (Anpassung je nach Blutzucker und Ketonurie)
- Flüssigkeitsersatz geht über Grundbedarf hinaus und soll vorangehende/anhaltende pathologische Flüssigkeitsverluste ausgleichen und normalen Flüssigkeitsstatus wiederherstellen
- balancierte Vollelektrolytlösungen (bVEL) ohne Glukosezusatz einsetzen
- initiale Flüssigkeitsbolusgabe: 20 mL/kg KG
- bis zur hämodynamischen Stabilisierung repetitive Bolusgaben mit 10 – 20 mL/kg verabreichen (40 – 60 mL/kg in der ersten Stunde)
- bei Volumenmangelschock Bolusgaben in < 10 Minuten applizieren
- in vital bedrohlichen Notfallsituationen i.o. Zugang anlegen
- bei intravasalem Flüssigkeitsmangel und nicht ausreichender Wirksamkeit von bVEL zur Volumentherapie Kolloide (Albumin, GEL) in Repetitionsdosen von 5 – 10 mL/kg einsetzen
Kriterien zur Abschätzung des Flüssigkeitsdefizits
- Kapillarfüllungszeit/ Zentralisierung
- Hautturgor, Schleimhäute, Lidschlag, Tränen
- Diurese
- Vigilanzminderung
- Hydratationszustand in Hinblick auf Hypovolämie (Kapillarfüllungszeit/Zentralisierung, Hautturgor, Lidschlag/ Tränen, Vigilanz), aber auch auf Hypervolämie (Rasselgeräusche, gestaute Halsvenen, tiefstehende Leber) in Abhängigkeit des klinischen Zustands wiederholt überprüfen
Alogorithmus zur Infusionstherapie bei akut kranken Kindern jenseits der Neugeborenenperiode
Sonderfälle
- diabetische Ketoazidose
- Infusionsvolumen als auch Infusionsgeschwindigkeit protokollbasiert unter Überwachung von BZ, Elektrolyten und pH-Wert dokumentieren
- in den ersten 4 – 6 Stunden nur plasmaisotone Infusionslösungen für Grundinfusion und Defizitausgleich einsetzen
- Verwendung von NaCl 0,9% in internationalen Empfehlung; Leitlinien-Autoren erscheint bVEL als akzeptable Alternative für initiale Akuttherapie
- Niereninsuffizienz
- Verwendung von bVEL oder bVELG (balancierte Vollelektrolytlösung mit Glukose)
- chronische Herzinsuffizienz
- Verwendung von bVEL oder bVELG
- hypertrophe Pylorusstenose
- Gefahr von Entwicklung von Dehydratation sowie ausgeprägter hypochlorämischer, hypokaliämischer Alkalose bei Säuglingen mit hypertropher Pylorusstenose und rezidivierendem Erbrechen abhängig von Krankheitsschwere und -dauer
- bei schwerer Dehydratation (Defizit > 9% des Ausgangskörpergewichts) ggf. wiederholte Flüssigkeitsboli von NaCl 0,9%
- kontinuierliche Infusionstherapie von NaCl 0,9% mit einem Gehalt von 5% Glukose; Infusionsgeschwindigkeit: 1,5-fache Erhaltungsbedarf, bei Säuglingen (150 ml/kgKG/Tag)
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