veröffentlichende Fachgesellschaft: National Institute for Health and Care Excellence
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 17.02.2016
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.nice.org.uk/guidance/ng39
Transport
- Zielkrankenhaus sollte großes Traumazentrum sein; in manchen Regionen oder unter besonderen Umständen kann Zwischenversorgung im nächstgelegenen Krankenhaus von Nöten sein
- Voranmeldung enthält folgende Informationen
- Patientenalter und Geschlecht
- Unfallzeitpunkt
- Unfallmechanismus
- vermutete Verletzungen
- Symptome, Vitalparameter, GCS
- bisherige Maßnahmen
- Ziel bis Ankunft in Klinik
- Besonderheiten
- Fachpflegekraft oder diensthabender Arzt in der
Notaufnahme sollten Vorabinformation entgegennehmen und Alarmierung des Schockraum-Teams gemäß lokaler Richtlinien auslösen - Leiter des Schockraum-Teams sollte leicht zu erkennen sein und das Schockraum-Team sollte bei Eintreffen bereit sein die Übergabe entgegenzunehmen
- prähospitale Dokumentation sollte dem Traumateam
schnell zur Verfügung stehen und in die Krankenakte des Patienten aufgenommen werden
Atemwegsmanagement
- medikamentengestützte Rapid-Sequence-Induktion (RSI) für die Narkose/Intubation zur Sicherung der Atemwege bei Patienten mit schwerem Trauma mit pathologischem Atemweg/Atmung
- wenn RSI fehlschlägt, grundlegende Möglichkeiten der Atemwegssicherung und/oder supraglottische Atemwegshilfe verwenden bis ein chirurgischer
Atemweg oder eine ETI durch einen versierten Anwender durchgeführt worden ist - Ziel ist es, die RSI so schnell wie möglich und innerhalb von 45 Minuten nach dem ersten Anruf des Notrufs durchzuführen, vorzugsweise am Einsatzort
- wenn die RSI nicht am Unfallort durchgeführt werden kann
- Verwendung einer supraglottischen Atemwegshilfe erwägen, wenn Atmung des Patienten nicht vorhanden ist
- Anwendung grundlegender Möglichkeiten der Atemwegssicherung, wenn die Atemwegsreflexe des Patienten noch vorhanden sind oder die Platzierung einer supraglottischen Atemwegshilfe nicht möglich ist
- Transport des Patienten in ein größeres Traumazentrum für RSI, sofern die Fahrtzeit < 60 Minuten beträgt
- Zwischenbehandlung im nächstgelegenen Krankenhaus nur, wenn offener Atemweg nicht weiter gesichert werden kann oder die Transportzeit zu größerem Traumazentrum mehr als 60 Minuten beträgt
Thoraxtrauma
- klinische Beurteilung bzgl. eines Pneumothorax zum Zwecke der Triage oder Intervention
- Einsatz von eFAST (erweiterte fokussierte Beurteilung mit Sonographie für Trauma) zur Ergänzung der klinischen Beurteilung nur dann in Betracht ziehen, wenn ein versierter Anwender sowie ein mobiles Sonographiegerät vorhanden sind und dies den Transportbeginn nicht verzögert
- negative eFAST-Untersuchung des Brustkorbs schließt Pneumothorax nicht aus
- bei Patienten mit Verdacht auf Spannungspneumothorax nur dann eine
Thoraxdekompression durchführen, wenn hämodynamische Instabilität oder eine schwere respiratorische Probleme vorliegen - offene Thorakotomie mit anschließender Anlage einer
Thoraxdrainage anstelle einer Nadeldekompression bei spontan atmenden Patienten durchführen, wenn erfahrener Anwender vor Ort ist - regelmäßige Kontrolle des Patienten nach der Thoraxdekompression auf Anzeichen für ein Wiederauftreten eines Spannungspneumothorax
- bei Patienten mit einem offenen Pneumothorax:
- Abdecken des offenen Pneumothorax mit einem
einfachen Okklusivverband ab - auf Entwicklung eines Spannungspneumothorax achten
- Abdecken des offenen Pneumothorax mit einem
(kritische) Blutungen
- einfache Verbände mit direktem Druck verwenden, um externe Blutungen zu kontrollieren
- bei Patienten mit schwerem Extremitätentrauma Tourniquet zu verwenden, wenn der direkte Druck nicht ausreicht die lebensbedrohliche Blutung zu stoppen
- bei Verdacht auf aktive Blutungen nach Beckenfraktur im Zuge eines stumpfem Hochrasanztrauma:
- Beckenschlinge anlegen
- improvisierte Beckenschlinge erwägen, wenn keine richtige vorhanden ist
- Tranexamsäure i.v. so bald wie möglich bei Patienten mit schweren Trauma und aktiven oder vermuteten aktiven Blutungen verwenden
- keine Tranexamsäure i.v. nach mehr als 3 Stunden nach Verletzung bei Patienten mit schwerem Trauma, es sei denn es gibt Hinweise auf Hyperfibrinolyse
Volumentherapie
- Zugangswege
- Zugang bei Patienten mit schwerem Trauma:
- peripher intravenösen Zugang verwenden
- wenn der periphere intravenöse Zugang versagt oder nicht möglich ist, intraossären Zugang in Betracht ziehen
- Zugang bei Patienten mit schwerem Trauma:
- für einen Zugang bei Kindern (unter 16 Jahren) mit schwerem Trauma intraossären Zugang als
- erster Zugang in Betracht gezogen werden, wenn ein
- peripherer venöser Zugang voraussichtlich schwierig ist.
- restriktive Volumentherapie bei Patienten mit aktiven Blutungen, bis diese entgültig gestillt sind
- präklinische Volumentherapie mit dem Ziel palpierbaren zentralen Puls (Karotis oder Femoralis) aufrechtzuerhalten
- bei Patienten mit hämorrhagischem Schock und einem Schädel-HirnTrauma:
- wenn hämorrhagischer Schock vorherrschender Zustand ist, restriktive Volumentherapie Therapie der Wahl
- wenn das SHT der vorherrschende Zustand ist, weniger restriktive Volumentherapie zur Aufrechterhaltung der zerebralen Perfusion wählen
- prähospital sollten Patienten mit aktiven Blutungen nur kristalloide Flüssigkeiten erhalten, wenn keine Blutkonserven verfügbar sind
Wärmeerhalt
- Minimierung des anhaltenden Wärmeverlusts bei Patienten mit schweren Traumata
Analgesie
- Schmerz bei Patienten mit schweren Traumata regelmäßig anhand einer/einem für das Alter, den Entwicklungsstand und die kognitiven Funktionen des Patienten geeigneten Skala/Tool beurteilen
- bei Patienten mit schweren Traumata Morphin i.v. als Analgetikum der ersten Wahl verwenden und Dosis je nach Bedarf anpassen, um eine angemessene Schmerzlinderung zu erreichen
- wenn kein intravenöser Zugang gelegt werden kann, sollte intranasale Verabreichung von Diamorphin oder Ketamin in Betracht ziehen
- Ketamin in analgetischen Dosen als Mittel der zweiten Wahl erwägen
Dokumentation
- folgende Angaben dokumentieren:
- kritische Blutungen
- Atemwegsicherung mit In-Line-Immobilisierung der Wirbelsäule
- Atmung
- Kreislauf
- Neurologie
- Exposition und Umwelt
- Zustandsverbesserungen/-verschlechterungen des Patienten dokumentieren
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