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Leitlinie „Palliative emergencies“ der HIS und SPPC

veröffentlichende Fachgesellschaft: Healthcare Improvement Scotland & Scottish Partnership for Palliative Care
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung:
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://rightdecisions.scot.nhs.uk/scottish-palliative-care-guidelines/palliative-emergencies/

Stridor

Symptomatik

  • Stridor = hochfrequentes Atemgeräusch
  • erschwerte Atmung
  • zunehmende Atemnot im Liegen

Therapie

  • Verneblung von 1 – 5 mg Adrenalin (1:1000)
  • 10 mg Midazolam i.v./i.m. spätestens bei Gefühl der Todesangst
  • sofortige Behandlung mit Kortikosteroiden und Protonenpumpenhemmer erwägen
  • ggf. Transport in geeignete Klinik zur Tracheotomie zur Beseitigung der Obstruktion

Blutungen

  • Blutungen (offen oder okkult) treten bei 10 – 20 % der Patient*innen mit fortgeschrittenem Krebs auf
  • bei zu erwartenden Blutungen i.d.R. am besten vorher mit den Patient*innen und Angehörigen zu besprechen
  • vorausschauender Pflegeplan ist hilfreich, welcher auch Beruhigungsmittel bei Bedarf enthält
  • mit Patient*innen und Angehörigen früh besprechen, wie im Falle einer Reanimation zu verfahren ist
  • Patient*innen am besten auf dunklen Laken oder Handtüchern lagern und auch eher dunkles Material verwenden (Blutungsmenge ist so weniger schnell beurteilbar)
  • geringfügige Blutungen können tödliche Blutung ankündigen und für Patient*innen und Angehörige sehr belastend sein

Diagnostik & Anamnese

  • Beurteilung, ob es sich um schwere akute, lebensbedrohliche Blutung handelt
  • Überprüfung der Medikation auf Medikamente, die das Blutungsrisiko erhöhen (z.B. Heparin, Aspirin, Warfarin, Dexamethason, NSAR)
  • Beurteilung der Notwendigkeit von Transfusion oder anderer Blutprodukte
  • Prüfen, ob Blutung nicht auf Anhaften des Verbandes oder ausgedient gründliche Reinigung der Wunde zurückzuführen ist

Therapie

nicht-pharmakologische Behandlung von Blutungen

  • Ruhe bewahren und mit den Patient*innen & Angehörigen sprechen und diese trösten sowie Patient*innen & Angehörige nicht allein lassen
  • Verbringen in Stabile Seitenlage, falls erforderlich
  • manuelle Kompression der Blutungsstelle/-quelle (am besten mit dunklen Tüchern)
  • sofern Reanimation vorgesehen, diese durchführen und frühzeitig Hämorrhagie-Management durchführen

medikamentöse Therapie von Blutungen

  • Beruhigungsmittel-Gabe bei massiven Blutungen im Endstadium
    • Gabe schnell wirksamer Benzodiazepine, wie z.B.
      • 10 mg Midazolam oder Diazepam i.v.
      • 10 mg Midazolam i.m.
      • 10 mg Diazepam rektal
      • 10 mg Midizolam s.l. oder Buccolam buccal (5 mg/mL; Off-Label-Use)
    • CAVE: ggf. verschriebene Grunddosis der Patient*innen beachten und Akutgabe anpassen, also erhöhen/verringern
  • Blutungen der Haut (inkl. Pilztumore) und Schleimhäute
    • manuelle Kompression mit Kompresse in TXA (500 mg in 5 mL) oder Adrenalin (1:1000) getränkt (TXA-Kompressen können mit Verband an Blutungsstelle belassen werden)
    • bei Blutungen in Mundhöhle bis zu viermal täglich mit 10 mL 4 – 5%iger wässriger TXA-Lösung als Mundspülung gurgeln (Herstellung 5%iger Lösung: 500 mg/5 mL-Ampulle auf 10 mL mit NaCl verdünnen)
    • ggf. Silbernitratstäbchen zum Kauterisieren von Blutungsstellen
    • bei Epistaxis Nasentamponade (z.B. Rapid Rhino) verwenden
  • Blutungen der Atemwege (Hämoptysen)
    • hohe Mortalität und hohes Risiko einer Asphyxie
    • Freihalten der Atemwege
    • Lagerung der Patient*innen bei Lungenblutungen auf die blutende Seite/Lunge drehen/lagern
    • Kopf eher nach unten lagern, um Blutabfluss zu fördern
    • bei Bedarf O2-Gabe und Absaugen
    • Ausschluss einer Infektion oder Lungenembolie
    • ggf. Gabe von Hustenstillern
    • ggf. Antibiotika bei Infektion
  • Blutungen aus dem Harntrakt
    • Ausschluss und/oder Behandlung einer Infektion
    • weitere Maßnahmen nur durch urologische Fachabteilung
  • gastrointestinale Blutungen
    • Gabe von H2-Antagonisten oder Protonenpumpenhemmern
    • ggf. Tranexamsäure (siehe Blutungen der Haut und Schleimhäute)
    • ggf. Vitamin K erwägen
    • KH-Einweisung bei potenziell reversibler Ursache erwägen

Hyperkalzämie

  • häufigste lebensbedrohliche Stoffwechselstörung bei Krebspatient*innen
  • tritt am häufigsten bei Myelom, Brust-, Nieren-, Lungen- und Schilddrüsenkrebs auf
  • 20 % der Patienten mit Hyperkalzämie haben keine Knochenmetastasen

Symptomatik

  • Unwohlsein
  • Schwäche
  • Anorexie und Durst
  • Müdigkeit (Fatigue)
  • Muskelschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Verwirrung
  • Anorexie
  • Verstopfung
  • Polyurie
  • Ileus
  • Krampfanfälle
  • ggf. verminderte Sehnenreflexe und allgemein verminderte Sehkraft
  • ggf. Zeichen eines Delirs bis hin zum Koma
  • CAVE: schwer von allgemeiner Verschlechterung zu unterscheiden oder Opioid-Intox „imitieren“

Therapie

  • Transport in geeignete Klinik
  • Flüssigkeitstherapie i.v., ggf. mit Bisphosphonaten i.v.

Rückenmarkskompression durch maligne Tumore

  • maligne Rückenmarkskompression liegt vor, wenn Duralsack Rückenmark/Cauda equina komprimiert
  • Druckausübung erfolgt durch direkten Druck, Wirbelkollaps, Instabilität infolge metastatischer Ausbreitung oder direkter Krebs-Ausdehnung
  • ca. 5 – 10 % der Krebspatient*innen sind betroffen
  • v.a. bei Myelom, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs

Symptomatik

  • neue, fortschreitend starke Rückenschmerzen (v.a. im Brustbereich)
  • erhebliche Verschlimmerung bestehender Rückenschmerzen
  • neue Nervenwurzelschmerzen (brennend, stechend, taub), ggf. mit Ausstrahlung in vorderen oder hinteren Oberschenkel (wie bei Ischias) oder Gefühl wie Band um Brust oder Unterleib
  • Husten und/oder Überanstrengung (CAVE: flaches Liegen kann Schmerzen verschlimmern)
  • Schmerzen sind nachts schlimmer
  • Wirbelsäulenschmerzen bei Palpation
  • ggf. auch Dermatome
  • Lhermitte-Zeichen (ähnlich Meningismus)
  • Hyperreflexie
  • späte Symptome
    • Schwierigkeiten beim Gehen oder Treppensteigen sowie verminderte Kraft (motorische Schwäche)
    • veränderte Empfindungen/Sensibilitätsstörungen in den Gliedmaßen
    • Darm- oder Blasenstörungen (Verlust Schließmuskelkontrolle ist Spätzeichen mit schlechter Prognose)

Cauda-Equina-Syndrom (Kompression der lumbosakralen Nervenwurzeln unterhalb des Rückenmarks)

  • neue, starke Schmerzen (unterer Rücken, Gesäß, Perineum, Oberschenkel und Beine)
  • Gefühlsverlust, oft mit Kribbeln oder Taubheit
  • Beinschwäche, oft asymmetrisch
  • Blasen-, Darm- und Sexualfunktionsstörungen (früher als bei Rückenmarkskompression)
  • Verlust des Schließmuskelreflexes

Diagnostik & Anamnese

  • vollständige neurologische Untersuchung
  • MRT-Untersuchung

Therapie

  • ggf. Gabe von Kortikosteroiden (z.B. Dexamethason oral) und Protonenpumpenhemmern
  • sofortige Einweisung in geeignete Klinik mit MRT-Möglichkeit und Neurochirurgie
  • Lagerung am besten in Rückenlage

Krampfanfälle (akute Konvulsionen)

  • Krampfanfälle (generalisiert oder partiell) treten bei 10 – 15 % der Patient*innen auf
  • entweder aufgrund von primären oder sekundären Hirntumoren, zerebrovaskulären Erkrankungen, Epilepsie oder biochemischen Anomalien (z.B. Hyponatriämie, Hyperkalzämie oder Urämie
  • 70 % der Patient*innen mit Hirntumor erleiden im Verlauf Krampfanfälle

Symptomatik

  • Muskelkrämpfe
  • Stürze
  • Verwirrung
  • Kontrollverlust über Darm und/oder Blase
  • zusammengebissene Zähne
  • unregelmäßige Atmung
  • Unfähigkeit zu sprechen
  • Krämpfe > 5 min = Status epilepticus

Diagnostik & Anamnese

  • andere Ursachen für Bewusstseinsverlust oder abnorme Bewegungen der Gliedmaßen oder des Gesichts ausschließen (z.B. vasovagale Episode, posturale Hypotonie, Arrhythmie, Hypoglykämie, extrapyramidale Nebenwirkungen von Dopaminantagonisten)
  • Anamnese hinsichtlich vergangener Krampfanfälle

Therapie

  • Atemwegssicherung & O2-Gabe
  • verletzungsarmes Setting schaffen
  • BZ-Messung
  • Gabe von 5 mg Midazolam buccal oder s.c. (einmalige Wdh. nach 10 min)
  • aktuelle Antiepileptika überprüfen oder Antiepileptika-Therapie beginnen
  • bei sterbenden Patient*innen, bei dene orale Gabe nicht mehr möglich ist
    • 5 mg Midazolam s.c. oder buccal
    • 20 – 30 mg Midazolam als kontinuierliche subkutane Infusion über 24 h (ggf. zusätzlich mit Levetiracetam)

Obstruktion der Vena Cava superior

  • Obstruktion der oberen Hohlvene durch externe Kompression, Thrombos etc.
  • kann akut oder schleichend als chronische Dyspnoe auftreten
  • Kompression bewirkt eine Verringerung des Blutflusses von Kopf, Hals und oberen Extremitäten zum Herzen
  • Zustand kann erstes Symptom einer malignen Erkrankung sein oder bei Personen mit bekannter bösartiger Erkrankung auftreten
  • i.d.R. bei Mediastinaltumoren (Lungenkarzinom mit 65 – 80 %), sonst auch beim Lymphom (2 – 10 %) oder anderen Krebsarten (3 – 13 %)
  • i.d.R. allmähliches Auftreten der Symptome

Symptomatik

  • Kurzatmigkeit und Husten (v.a. im Liegen)
  • Schwierigkeiten beim Schlucken
  • Kopfschmerzen
  • Sehstörungen
  • Schwindel
  • „Völlegefühl“ im Kopf und Gesichtsschwellung/-ödeme
  • Bindehaut- und periorbitale Ödeme sowie spät Papillenödem
  • Stridor und/oder Zyanose sowie Tachypnoe
  • dilatierte, nicht-pulsierende Halsvenen
  • Ödeme an Händen und Armen
  • blasse Haut und sichtbare, erweiterte Kollateralvenen an Armen und vorderem Thorax
  • Pemberton-Zeichen (Gesicht wird beim Anheben der Arme stärker zyanotisch)
  • ggf. signifikante Kehlkopf-Ödeme

Therapie

  • Therapie hängt von Ursache der Obstruktion, Schweregrad der Symptome und Prognose ab
  • beengende Kleidung entfernen
  • Oberarme auf Kissen lagern
  • bei bekannter Krebsdiagnose Gabe von Kortikosteroiden (z.B. Dexamethason oral) und Protonenpumpenhemmern erwägen
  • O2-Gabe erwägen
  • ggf. Gabe von Benzodiazepinen und/oder Opioiden

erhöhter ICP

Symptomatik

  • zunehmende Kopfschmerzen
  • anhaltende Kopfschmerzen (klassischerweise morgens schlimmer)
  • Kopfschmerz verschlimmert sich häufig beim Husten, Niesen und Bücken
  • Erbrechen (häufig ohne Übelkeit)
  • Sehstörung
  • Schwindel
  • Persönlichkeitsveränderung
  • Krampfanfälle
  • späte Symptome
    • erhöhter Blutdruck
    • veränderter Bewusstseinszustand
    • Augenlähmungen
    • Papillenödem

Therapie

  • Gabe von Kortikosteroiden (z.B. Dexamethason oral) und Protonenpumpenhemmern erwägen
  • Lagerung mit erhöhtem Kopf
  • Symptomlinderung durch Analgetika und Antiemetika (z.B. 4 mg Ondansetron zweimal täglich)
  • ggf. Transport in Klinik mit Neurochirurgie

terminale Agitation

Symptomatik

  • extreme Unruhe
  • schwankende Episoden kognitiven Abbaus
  • Verschlimmerung eines vorbestehenden Delirs
  • Orientierungslosigkeit
  • schwankende Wahrnehmung
  • Rufen oder Schreien
  • Zappeln
  • Verwirrung
  • Ängstlichkeit

Therapie

  • ruhige Kommunikation und Beruhigung von Patient*innen & Angehörigen
  • ggf. behandelbare Ursachen therapieren (warm oder zu kalt, Harnverhalt, Mundtrockenheit, Juckreiz oder Hautausschlag, schlecht kontrollierte Schmerzen)
  • Verringerung der Polypharmazie
  • ggf. 2 – 5 mg Midazolam s.c. stündlich/bei Bedarf
    • bei persistierender Angst/Unruhe inital 10 – 20 mg Midazolam s.c. über 24 h über Spritzenpumpe sowie 5 mg Midazolam s.c. stündlich/bei Bedarf
    • ggf. Steigerung auf 10 mg über 24 h (ggf. Erhöhung auf max. 60 mg über 24 h)
    • CAVE: bei älteren Menschen ggf. geringe Dosen von 2,5 – 5 mg s.c. nach Bedarf alle 2 h
  • ggf. Dosisreduktion von Opioiden bei V.a. Intoxikation
  • ggf. Levomepromazin zusätzlich zu Midazolam
Published inLeitlinien kompakt

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