veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S3
Datum der Veröffentlichung: 01.07.2016
Ablaufdatum: 30.06.2021
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012-019.html
- Einleitung lebensrettender Maßnahmen, zeitkritisches Vorgehen & Transport in geeignete Zielklinik stellen Weichen für weiteren Verlauf
- Abwägung zw. „load and go“ und „stay and play“
Atemwegsmanagement, Beatmung, Notfallnarkose
- 4 min Präoxygenierung vor Intubation
- ggf. Präoxygenierung durch Ketamin-Gabe erleichtern
- Intubation nur durch trainiertes und erfahrenes Personal
- Vorhalten von Atemwegsalternativen; mit schwierigem Atemweg zu rechnen
- nach zwei Intubationsversuchen Wechsel zu altern. Methode
- Überwachung mittels EKG, RR-Messung, Pulsoxymetrie und Kapnografie
- Kapnografie zur Lage-, Dislokations-, Beatmungskontrolle
- Normoventilation anstreben
- temporäres Aufheben der HWS-Immobilisation zur Intubation
- Verwendung von Videolaryngoskopie
- Standard-„Rapid Sequence Intubation“ (RSI)-Protokoll (Fentanyl 0,1 mg + Midazolam 0,1 mg/kgKG + Succinylcholin 1,5 mg/kgKG)
- bei frustraner ETI erstmal wieder Maske-Beutel, dann Alternative (Notfallkoniotomie stellt Ultima Ratio dar!!!)
- Beatmung mit mit kleinen Tidalvolumina (6 ml/kgKG)
Intubationsindikationen
- bei polytraumatisierten Patienten mit Apnoe oder Schnappatmung (Atemfrequenz < 6) präklinisch Notfallnarkose, endotracheale Intubation und Beatmung durchführen
- bei polytraumatisierten Patienten bei folgenden Indikationen präklinisch Notfallnarkose, endotracheale Intubation und Beatmung durchführen:
- Hypoxie (SpO2 < 90 %) trotz Sauerstoffgabe und nach Ausschluss eines Spannungspneumothorax
- schweres SHT (GCS < 9)
- traumaassoziierte persistierende hämodynamische Instabilität (RRsys < 90 mmHg, altersadaptiert bei Kindern)
- schweres Thoraxtrauma mit respiratorischer Insuffizienz (Atemfrequenz > 29, altersadaptiert bei Kindern)
Volumentherapie
- grundsätzlich permissive Hypotension
- Normotension bei Patienten mit SHT
- keine Volumentherapie, wenn kein Hinweis auf Volumenmangel
- Anlage von min. einem venösen Zugang
- Einsatz von balancierten, isotonen, kristalloiden Lösungen
- ggf. hypotone Lösungen bei stumpfen Trauma mit hypotonen Kreislaufverhältnissen (auch bei Patienten mit SHT)
- wenn Kolloide, dann eher Gelantine
Thorax
- Untersuchung Thorax auf Verletzungen (IPAP) und Auszählung AF
- V.a. Pneumo-/Hämatothorax bei einseitig abgeschwächtem/fehlendem Atemgeräusch
- V.a. Spannungspneu bei einseitig abgeschwächtem/fehlendem Atemgeräusch sowie Vorliegen typischer Symptome (respiratorische oder zirkulatorische Störungen)
- diagnostizierter Spannungspneu sollte entlastet werden
- einmalige Nadeldekompression mit 14G/12G-Nadel mit aufgesetzter Spritze unter Aspiration im 2. ICR medioclavikulär oder 4./5. ICR mittlere/vordere Axillarlinie (Stahlmandrin ein wenig zurückziehen) mit anschließender Eröffnung des Pleuraspaltes mit oder ohne Thoraxdrainage (Minithorakotomie)
- Thoraxdrainage im 4.-6. ICR vordere bis mittlere Axillarlinie oder 2.-3. ICR medioclavikulär; vorher Hautdesinfektion, dann ggf. Lokalanästhesie, dann mit Skalpell horizontale ca. 4-5 cm lange Hautinzision über der Rippe, die den zu punktierenden ICR unten begrenzt, dann stumpfes Freipräparieren, dann Finger einführen in Pleuraspalt
Schädel-Hirn-Trauma
- Normotension mit RR sys. nicht kleiner als 90 mmHg
- SpO2 > 90 % anstreben
- wiederholende Dokumentation von Bewusstseinslage, Pupillenfunktion und GCS
- herausgeschlagene Zähne/Zahnfragmente feucht gelagert zur Replantation ins Traumazentrum mitnehmen
- bei Verdacht auf erhöhten ICP (Einklemmungszeichen wie Pupillenerweiterung, Strecksynergismen, Streckreaktion auf Schmerzreiz, progrediente Bewusstseinstrübung) Hyperventilation (ca. 20/min) und hypertone VEL
- perforierende Gegenstände belassen, ggf. vorsichtig kürzen
- Normoxie, Normokapnie und Normotonie anstreben
- Intubation bei insuffizienter Spontanatmung und bei Bewusstlosigkeit + Spontanatmung
- Einweisung in Klinik mit Neurochirurgie
Wirbelsäule
- Durchführung gezielter körperlicher Untersuchung, inklusive der Wirbelsäule und der mit ihr verbundenen Funktionen
- bei Bewusstlosigkeit bis zum Beweis des Gegenteils: WS-Trauma
- HWS bei schneller & schonender Rettung manuell oder mit Zervikalstütze immobilisieren (Ausnahme: Sofortrettung)
- NEXUS-Kriterien (negativ = HWS-Verletzung unwahrscheinlich)
- Bewusstseinsstörung
- neurologisches Defizit
- Wirbelsäulenschmerzen oder Muskelhartspann
- Intoxikation
- Extremitätentrauma
- Schaufeltrage und Spineboard sind Rettungsmittel
- Zervikalstütze + Vakuummatratze = volle Immobilisation
- Zervikalstütze bei SHT abwägen, alternativ OK-Hochlagerung in Vakuummatratze mit zusätzlicher Fixierung des Kopfes in der Vakuummatratze
- Transport möglichst schonend und unter Schmerzfreiheit in Klinik mit Wirbelsäulenchirurgie
Extremitäten
- primäre Versorgung stark blutender Extremitätentraumata ohne Zeitverzögerung
- Ruhigstellung verletzte Extremität vor Bewegung/Transport
- proximales & distales Gelenk mit einbeziehen
- Dokumentation der Ruhigstellung, ggf. Fotodokumentation
- Reposition grob dislozierter Frakturen & Luxationen, vor allem bei begleitender Ischämie der betroffenen Extremität/langer Rettungszeit
- offene Frakturen von Verschmutzung grob reinigen & steril verbinden
- aktive Blutungskontrolle nach Stufenschema: manuelle Kompression -> Kompressionsverband –> Tourniquet
- ggf. Ergänzung durch Hämostyptika
- Indikationen Tourniquet
- lebensgefährlichen Blutungen/multiple Blutungsquellen an einer Extremität
- Nichterreichbarkeit der eigentlichen Verletzung
- mehrere Verletzte mit Blutungen (MANV)
- schwerer Blutung der Extremitäten bei gleichzeitigem kritischen A-, B- oder C-Problem
- Unmöglichkeit der Blutstillung durch andere Maßnahmen
- schwere Blutungen an Extremitäten bei Zeitdruck unter Gefahrensituationen
- Amputate grob reinigen und in sterile, feuchte Kompressen wickeln (nur indirekte Kühlung!)
- regelmäßige Überprüfung der peripheren DMS
Urogenitaltrakt
- V.a. Urethaverletzung –> präklinische Blasenkatheterisierung
Kriterien für Schockraumaktivierung
- RR sys. < 90 mmHg (altersadaptiert bei Kindern) nach Trauma
- Vorliegen von penetrierenden Verletzungen der Rumpf-Hals Region
- Vorliegen von Schussverletzungen der Rumpf-Hals-Region
- GCS unter 9 nach Trauma
- Atemstörungen/Intubationspflicht nach Trauma
- Frakturen von mehr als 2 proximalen Knochen
- instabiler Thorax
- Beckenfrakturen
- Amputationsverletzung proximal der Hände/Füße
- Querschnittsverletzung
- offene Schädelverletzungen
- Verbrennungen > 20 % und Grad ≥ 2b
- Sturz aus über 3 Metern Höhe
- Verkehrsunfall (VU) mit Frontalaufprall mit Intrusion von mehr als 50 – 75 cm, einer Geschwindigkeitsveränderung von delta
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