veröffentlichende Fachgesellschaft: Irish Association for Emergency Medicine (IAEM)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.11.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://iaem.ie/professional/clinical-guidelines/
Grundsätzliches
- Inzidenz von HWS-Verletzungen bei stumpfem Trauma liegt bei 6,2 % mit einer Mortalität von 6,6 %
- HWS-Verletzungen bei penetrierendem Trauma sind selten
- 15 % der Patient*innen mit schweren Traumata haben eine Wirbelsäulenverletzung
- Durchschnittsalter der Verletzten liegt bei 64 Jahren
- Inzidenz von Rückenmarksverletzungen liegt bei 1 pro 100.000 Menschen mit einer Mortalität von 15 % insgesamt und 31 % bei den > 65-Jährigen
Management von HWS-Verletzungen in der Präklinik
- aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bei Patient*innen, wenn die folgenden Risikofaktoren vorliegen:
- gefährlicher Verletzungsmechanismus
- Sturz aus Höhe von > 1 m oder 5 Stufen
- axiale Belastung des Kopfes oder der HWS
- Bewusstseinsbeeinträchtigung – Rausch/Intox, reduzierter GCS
- Alter > 65 Jahre
- Unfähigkeit zur verbalen Kommunikation
- gefährlicher Verletzungsmechanismus
- passive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bei geringen Risikofaktoren (Patient*in auffordern Bewegungen ohne externe Intervention zu minimieren); 2 oder mehr der nachfolgenden Faktoren
- leichter Auffahrunfall in sitzender Position
- seit Verletzung jederzeit aufrecht gehend
- keine Druckempfindlichkeit der HWS-Mittellinie
- SOWIE OBLIGAT Kopf-Bewegung um 45 ° nach links & rechts ohne Einschränkung
- bei folgenden Faktoren eine aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule erwägen (CAVE: bei Incompliance kein Zwang zur aktiven Bewegungseinschränkung)
- relevante ablenkende Verletzungen
- Bewusstseinsbeeinträchtigung aus irgendeinem Grund
- unmittelbares Schmerzauftreten in der Mittellinie der Wirbelsäule
- jedes neurologische Defizit
- Priapismus
- frühere Wirbelsäulen-OP oder -Erkrankungen wie Spondylitis ankylosans
- Kopf nicht um 45 ° nach links & rechts drehbar ohne Schmerz und/oder Einschränkung
Transport und Übergabe in Notaufnahme
- Vakuummatratze als bevorzugtes Hilfsmittel für den Transport
- Spineboard NUR zur Befreiung aus Fahrzeugen o.Ä.
- in der Notaufnahme radiologische Untersuchung in der Vakuummatratze, um Bewegung auf ein Minimum zu beschränken
- wenn Patient*in nicht in der Vakuummatratze verbleiben kann, kein Logroll-Manöver o.Ä. zur Entfernung der Vakuummatratze, sondern Schaufeltrage (max. Kippen um 15 ° als Viererteam)
Management von HWS-Verletzungen in der Notaufnahme
- bei Ankunft in Notaufnahme Beurteilung & Freigabe der HWS durch leitende*n Ärzt*in unter Berücksichtigung von folgenden Faktoren
- Beurteilbarkeit der Patient*innen –> Patient*in nicht beurteilbar bei folgenden Faktoren:
- Bewusstseinsbeeinträchtigung (z.B. reduzierter GCS, Intox)
- Medikation, z.B. hochdosierte Analgetika
- Intubation
- kognitive Beeinträchtigung
- ablenkende Verletzungen
- Notwendigkeit von Miami-J-Fitting/Stiffneck und/oder aktiver Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule (Head-Blocks o.Ä.; ggf. aktive Bewegungseinschränkung aus Präklinik übernehmen)
- Notwendigkeit von radiologischer Bildgebung
- Beurteilbarkeit der Patient*innen –> Patient*in nicht beurteilbar bei folgenden Faktoren:
Patient*in wach & beurteilbar –> TEIL A
Patient*in mit reduziertem GCS und nicht ausreichend einschätzbar –> TEIL B
Teil A – Patient*in wach & beurteilbar
Notwendigkeit von aktiver Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule
niedriges Risiko | moderates Risiko | hohes Risiko |
---|---|---|
– KEINE Schmerzen der HWS-Mittellinie – KEINE fokal neurolog. Defizit UND Hals aktiv von links nach rechts drehbar ↓ NEXUS-Kriterien oder Canadian C-Spine Rule nicht erfüllt ↓ – HWS-Orthese entfernen – keine Bildgebung erforderlich | – Schmerzen an HWS-Mittellinie bei Fehlen fokaler neurologischer Defizite UND/ODER NEXUS-Kriterien oder Canadian C-Spine Rule erfüllt ODER bek. rheumatoide Arthritis ankylosierende Spondylitis frühere HWS-OP ↓ – Bewegungseinschränkung beibehalten – sofortige Bildgebung | dauerhaftes fokal neurologisches Defizite ↓ – Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck – aktive Wirbelsäulen-Bewegungseinschränkung beibehalten – sofortige Bildgebung |
Notwendigkeit von radiologischer Bildgebung
- Anwendung von NEXUS-Kriterien oder Canadian C-Spine Rule –> CT-Bildgebung, wenn ein oder mehr Kriterien erfüllt sind
- bei Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT –> Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck SOWIE aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule beibehalten
- keine Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT, ABER Hochrisikomerkmale im CT + positive NEXUS-Kriterien –> Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck SOWIE aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule beibehalten –> MRT erwägen
- keine Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT sowie keine Hochrisikomerkmale im CT –> keine Indikation für eine weitere Einschränkung der HWS –> Freigabe der HWS
Algorithmus
TEIL B – Patient*in mit reduziertem GCS und nicht ausreichend einschätzbar
- Patient*in nicht ausreichend einschätzbar und Trauma erlitten –> Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck SOWIE aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule beibehalten
- Freigabe der HWS, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- keine Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT sowie keine Hochrisikomerkmale im CT
- zu keinem Zeitpunkt fokale neurologische Defizite
- wenn Patient*in Befehle befolgen kann, Aufforderung den Hals aktiv von rechts nach links zu drehen und auf neurologische Defizite achten –> falls neurologische Defizite vorhanden, Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck
- bei Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT –> Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck SOWIE aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule beibehalten
- keine Fraktur/Dislokation/Subluxation im CT, ABER Hochrisikomerkmale im CT + positive NEXUS-Kriterien –> Anlage von Miami-J-Fitting/Stiffneck SOWIE aktive Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule beibehalten –> MRT erwägen
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