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Leitlinie „Acute pharmacological treatment of migraine“ der IHS

veröffentlichende Fachgesellschaft: International Headache Society (IHS)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 12.08.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1177/03331024241252666

Analgesie

  • bei fehlender Ansprache auf Analgetika & NSAR, trotz angemessener Dosierung und frühzeitiger Einnahme, bei der nächsten Attacke ein (beliebiges) Triptane zu nutzen
  • bei teilweise wirksamen Triptanen, die frühzeitig eingenommen wurden, bei der nächsten Attacke Dosiserhöhung auf die jeweilige empfohlene Höchstdosis –> sofern weiterhin nur teilweise wirksam, anderer Applikationsweg ODER anderes Triptan wählen –> nach drei frustranen Triptanversuchen Umsteig auf andere Medikamentenklasse
    • sofern nur 50 mg Sumatriptan-Tabletten verfügbar und diese nur teilweise wirksam, Erhöhung der Dosis auf 100 mg bei der nächsten Attacke
  • wenn es bei initialem Triptan in angemessener Dosierung auf dem richtigen Applikationsweg und zum richtigen Zeitpunkt bei 2 von 3 Anfällen zum fehlenden Ansprechen kommt, Wechsel zu einem anderen Triptan; Strategie für bis zu drei Triptane wiederholen, danach Umstieg auf andere Medikamentenklasse (wenn nur ein Triptan verfügbar, dieses in Kombination mit NSAR oder Antiemetika)
  • Kombination von Sumatriptan oral (50 – 100 mg) und Naproxen-Natrium oral (550 mg), sofern nur teilweises Ansprechen auf Triptan als Einzelwirkstoffe, auch bei optimierter Triptanbehandlung
    • alternativ Kombination aus Triptan mit beliebiger schnell freisetzender oraler NSAR-Medikation
  • Gepante (orale CGRP-Rezeptorantagonisten) als Option beim akuten Migräneanfall erwägen, wenn Triptan-Mono-/Kombinationstherapie nicht oder nur teilweise wirksam ist
  • max. einmal wöchentlicher Einsatz von Mutterkornalkaloiden zur Behandlung akuter Migräneanfälle erwägen, wenn alle sonstigen empfohlenen Akuttherapieversuche mit besserem Sicherheitsprofil frustran sind (CAVE: Aufklärung über potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen, Möglichkeit eines Kopfschmerzrezidivs und Risiko der Entwicklung von Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch)

    Behandlung von Rezidiv nach initial erfolgreicher Therapie

    • Kopfschmerz-Rezidiv = erneutes Auftreten von Migräne jeglicher Intensität innerhalb von 48 h nach Erreichen von Schmerzfreiheit durch Akuttherapie
    • Einnahme einer zweiten Dosis desselben Medikaments wie bei initialer Episode innerhalb der empfohlenen Maximaldosierung –> falls nicht wirksam, Wechsel zu anderem Medikament oder anderer Wirkstoffklasse
    • bei frühzeitigem Kopfschmerzrezidiv Wechsel zu anderem Medikament oder anderer Wirkstoffklasse
    • Kombination aus Triptanen mit NSAR kann sinnvolle Option (CAVE: min. 2 h nach initialer Einnahme warten, bevor Kombinationsbehandlung wiederholt wird)

    Therapie bei Migräneanfällen > 72 h (Status migraenosus)

    • Gabe von NSAR i.m. oder in anderer Form ODER Sumatriptan s.c. ODER Dihydroergotamin oral/i.n. (in Kombination mit Antiemetika)
    • in Notaufnahme Gabe folgender Medikamente i.v. erwägen: NSAR oder ASS mit/ohne Antidopaminergikum (z.B. Prochlorperazin, Metoclopramid oder Chlorpromazin)
    • bei fehlendem Ansprechen Gabe von Steroiden, Magnesium i.v., Natriumvalproat oder Dihydroergotamin sowie periphere Nervenblockaden erwägen
    • Opioide in jedem Fall vermeiden
    • Dexamethason i.v. in Betracht ziehen

    empfohlener Therapiezeitpunkt

    • Einnahme der Akutmedikation bei Migräne ohne Aura so lange die Schmerzintensität noch gering ist, am besten so früh wie möglich in der Kopfschmerzphase
    • Einnahme der Akutmedikation bei Migräne mit Aura, sobald Kopfschmerzphase einsetzt
    • CAVE: aufgrund Risikos der Entwicklung von Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch Aufklärung bzgl. übermäßiger Einnahme

    Dauer der Einnahme

    • Einnahme von Analgetika, NSAR oder Lasmiditan auf 2 – 3 Tage pro Woche und < 10 Tage pro Monat beschränken
    • kombinierte Therapie aus Analgetika & Triptane auf 2 Tage pro Woche und < 8 Tage pro Monat beschränken
    • kombinierte Therapie aus Analgetika & NSAR auf 2 – 3 Tage pro Woche und max. 10 Tage pro Monat beschränken
    • CAVE: Gepanten korrelieren nicht mit dem Auftreten von Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch und können daher als bevorzugte Wahl bei Migränepatienten angesehen werden, die häufig Akutmedikamente einnehmen

    Behandlung während Schwangerschaft & Stillzeit

    • bei Schwangerschaft und frustraner nicht-medikamentöser Therapie Paracetamol und Triptane mit Vorsicht über alle drei Trimester der Schwangerschaft einsetzen
    • Metoclopramid bei Bedarf gegen Übelkeit oder Erbrechen ODER bei Frauen mit unzureichender Analgesie
    • Paracetamol als Mittel der 1. Wahl während der Stillzeit
    • Diclofenac, Naproxen, Triptane und Antidepressiva mit Vorsicht anwenden (z.B. indem das Stillen für 8 – 12 h ausgesetzt wird)

    Behandlung von Kindern & Jugendlichen

    • 15 mg/kg Paracetamol (max. 60 mg/kg/d) oder 10 mg/kg Ibuprofen (max. 30 mg/kg/d) bei akuter Migräne
    • wenn Paracetamol/Ibuprofen nicht wirksam, Triptane als Therapie der 2. Wahl (Rizatriptan mit 5 mg bei < 40 kg und 10 mg bei ≥ 40 kg ODER 10 mg Sumatriptan als Nasenspray)
    • ggf. Metoclopramid bei Übelkeit, Erbrechen oder stark beeinträchtigenden Anfällen
    • ggf. Magenschutz bei Mehrfachgabe von NSAR erforderlich

    Behandlung von Patient*innen > 65 Jahre

    • bei normaler Leberfunktion Paracetamol als Mittel der 1. Wahl, ggf. auch in Kombination mit Koffein als Wirkstoff (CAVE: Risiken durch übermäßigem Koffeinkonsum berücksichtigen, z.B. Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch oder Koffeinentzug)
    • ASS und NSAR als Therapie der 2. Wahl (CAVE: Überwachung bzgl. unerwünschter Folgen wie GI-Blutungen und Nieren- & Leberinsuffizienz)
    • Triptane als Therapie der 3. Wahl, wenn keine nicht-einstellbare Hypertonie oder schwere kardiovaskuläre/zerebrovaskuläre Erkrankungen vorliegen
    • Lasmiditan und Gepante als alternative Optionen, wenn frustrane Triptan-Therapie oder Triptane kontraindiziert (CAVE: bei Lasmiditan bzgl. Schwindel und Stürzen)
    • begleitende Therapie mit Antiemetika kann hilfreich sein (CAVE: erhöhtes Risikos für Sedierung und extrapyramidale Nebenwirkungen, daher nicht zentral wirkende Antiemetika bevorzugen)
    • bei ansonsten gesunden Menschen > 65 Jahre, bei denen keine Begleiterkrankungen bekannt sind, die die Pharmakokinetik des Medikaments spezifisch verändern, gelten die Empfehlungen für jüngere Altersgruppen (CAVE: Überwachung Nebenwirkungen)

    Akutbehandlung von Migräne bei Menschen mit Schlaganfall, anderen Gefäßerkrankungen oder nicht-einstellbarer Hypertonie in der Vorgeschichte

    • bei akuter Migräneattacke Paracetamol als Therapie der 1. Wahl und Lasmiditan oder Gepants als Therapie der 2. Wahl
    • NSAR erwägen, aber Gabe Berücksichtigung der gleichzeitigen Anwendung einer antithrombotischen Therapie begrenzen
    • begleitende Therapie mit Antiemetika kann hilfreich sein
    • Triptane mit Vorsicht erwägen/einsetzen, wenn Paracetamol, Lasmiditan oder Gepanten nicht wirken
    • keine Gabe von Dihydroergotamin und Ergotamin

    Behandlungsansätze bei menstrueller Migräne

    • NSAR oder Triptane als Mittel der 1. Wahl ODER alternativ Kombination aus NSAR & Triptane oder Triptane & Antiemetika oder NSAR & Antiemetika bei Versagen der einzelnen Medikamente
    • Lasmiditan und Gepants als zusätzliche Option in Betracht ziehen
    • wenn beide zuvor genannten Option frustran verlaufen –> bei Frauen mit regelmäßigen Zyklen Einnahme von Kurzzeitprophylaxe mit Naproxen oder Frovatriptan 2 – 3 d vor erste Tag der Menstruation beginnen und während Menstruation fortsetzen
    • wenn alle o.g. Maßnahmen frustran sind, bei Migräne ohne Aura hormonelle Behandlung mit kontinuierlicher Einnahme kombinierter hormoneller Kontrazeptiva oder reiner Progesteron-Kontrazeptiva erwägen verbunden mit niedriger Schwelle monatlicher Kopfschmerztage als Indikator für den Beginn einer regelmäßigen präventiven Therapie

    Antiemese

    • Antiemetika
      • bei Übelkeit und/oder Erbrechen trotz rechtzeitiger Einnahme der Akutmedikation, Gabe von Analgetika, NSAR oder Triptane um Antiemetika-Gabe ergänzen
      • ggf. Fixkombinationen von Analgetika, NSAR oder Triptanen erwägen
      • bei mehrfacher NSAR-Einnahme von NSAIDs ggf. Magenschutz erforderlich
      • Medikamentendosierungen
        • 5 – 10 mg Metoclopramid p.o., i.v., i.m.
        • 10 mg Domperidon
        • 5 – 10 mg Prochlorperazin p.o, i.v.
        • 25 mg Promethazin p.o. bei Bedarf
        • 50 – 100 mg Chlorpromazin p.o oder bei Bedarf 10–25 mg i.v.
        • 5 mg Haloperidol i.m., i.v.
        • 2.5 mg Droperidol i.m., i.v.
        • 5 – 10 mg Olanzapine p.o, sublingual

    Therapie bei frühzeitigem Erbrechen während Migräneattacke

    • Einnahme nicht-oraler Darreichungsformen der Akutmedikation (z.B. s.c.-Injektion, i.n.-Spray oder Zäpfchen)
    • alternativ Einnahme von Kombination aus einfachem Analgetika, NSAR oder Triptan mit Antiemetika
    Published inLeitlinien kompakt

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