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Leitlinie „Acute Stroke Management“ der Heart and Stroke Foundation of Canada (UPDATE 2022)

veröffentlichende Fachgesellschaft: Heart and Stroke Foundation of Canada
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 23.12.2022
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.strokebestpractices.ca/recommendations/acute-stroke-management

Begrifflichkeiten

  • akuter Schlaganfall
    • Episode symptomatischer neurologischer Funktionsstörungen, ausgelöst durch fokale Ischämie oder Blutung, unabhängig von der Dauer der Symptome
  • ischämischer Schlaganfall
    • Episode neurologischer Funktionsstörungen, verursacht durch fokalen zerebralen, spinalen oder retinale Ischämie verursacht
  • transitorische ischämische Attacke (TIA)
    • kurz Episode neurologischer Funktionsstörungen, ausgelöst durch fokale zerebrale, spinale oder retinale Ischämie
    • klinische Symptome feststellbar, jedoch kein bildgebender Nachweis eines Infarkts
    • Symptome klingen innerhalb von 24 h, i.d.R. innerhalb einer Stunde, ab
    • Red Flag für zukünftige Schlaganfälle
  • leichter, nicht einschränkender ischämischer Schlaganfall
    • kleiner zerebraler, spinaler oder retinaler Infarkt mit nur leichten klinischen Symptomen, welcher ggf. keines Klinikaufenthaltes bedarf
  • kryptogener Schlaganfall
    • Hirninfarkt, welcher auch nach umfangreichen Untersuchungen nicht eindeutig auf embolisches Geschehen, Atherosklerose großer Arterien oder andere identifizierbare Ursachen zurückzuführen ist
    • macht 25 – 40 % aller Schlaganfälle aus
  • hämorrhagischer Schlaganfall
    • Schlaganfall, ausgelöst durch Ruptur eines Blutgefäßes im Hirngewebe, im Subarachnoidalraum oder im intraventrikulären Raum
  • intrakranielle Blutung
    • Blutungen innerhalb des Schädels
    • intraventrikuläre, intraparenchymale, subarachnoidale, subdurale und epidurale Blutungen
  • spontane, nicht-traumatische intrazerebrale Blutungen
    • Blutungen innerhalb des Hirnparenchyms ohne offensichtliche systemische, neoplastische, traumatische Ätiologie
    • macht etwa 10-15 % aller Schlaganfälle sowie unverhältnismäßig hohe Zahl von Todesfällen aus
  • hämorrhagischer Infarkt
    • hämorrhagische Veränderungen in einem Hirngebiet mit arteriellem ischämischem Infarkt oder venöser Thrombose in Verbindung mit Gewebestauung
  • prähospitale Phase
    • Zeitraum zwischen Auftreten der Symptome, Behandlung vor Ort, Transport und Eintreffen im Krankenhaus
    • Zeitfenster für die Thrombolyse i.v. beträgt 4,5 Stunden

Anamnese

  • Anamnese gemäß SAMPLERS-Schema und Dokumentation hinsichtlich
    • Zeitpunkt des Auftretens der Symptomatik, falls beobachtet, sonst letzte Zeitpunkt mit uneingeschränkten Körperfähigkeiten
    • zeitlicher Verlauf bzw. Zeitdauer der Symptomatik
    • vorhandene symptomatische Ausprägung
    • aktuelle Dauer-/Bedarfsmedikation, v.a. Antikoagulation
    • sonstiger medizinischer Unterlagen wie Arztbriefe, Versorgeunterlagen (Patientenverfügung etc.)
    • Kontaktdaten von Angehörigen bzgl. weiter fremdanamnestischer Fragen

Diagnostik

  • oberstes Ziel der Diagnostik ist das schnellstmögliche Erkennen eines Schlaganfalls, verbunden mit einem schnellstmöglichen Transport in eine geeignete Klinik
    • Verweildauer am Einsatzort sollte nicht > 20 min betragen
  • FAST-Schema als primäres Screening-Instrument
    • Face (Gesicht)
    • Arms (Arme)
    • Speech (Sprache)
    • Time (Zeit)
  • sekundäres Screening hinsichtlich Anzeichen kortikaler Dysfunktion wie Aphasie, visueller Veränderungen, Neglect zur Identifizierung von Patienten, welche für eine EVT (endovaskuläre Thrombektomie; Zeitfenster bis zu 24 h) in Betracht kommen
  • Symptome einer vertebrobasilären Ischämie können sich als fluktuierende Hirnstamm- und Kleinhirnsymptomen darstellen und stellen ein relevantes Stroke-MIMIC dar
    • Diplopie
    • Dysarthrie
    • Dysphagie
    • lageunabhängiger Schwindel
  • Symptomatik einer intrakranielle Hämorrhagie
    i. Eine intrakranielle Blutung sollte in Erwägung gezogen werden, wenn sich neurologische Symptome oder Anzeichen ändern, insbesondere eine Verminderung des Bewusstseins, ein Blutdruckanstieg mit anhaltender Blutdruckerhöhung oder neue oder sich verschlimmernde Kopfschmerzen.
    • Symptome eines Schlaganfalls sowie…
    • Bewusstseinsminderung
    • Blutdruckanstieg mit andauernder Hypertonie
    • neu aufgetretene oder sich verschlimmernde Kopfschmerzen
  • BZ-Messung zum Ausschluss einer Hypo-/Hyperglykämie
  • 12-Kanal-EKG zum Ausschluss von Vorhofflimmern, ACS und strukturellen Herzerkrankungen wie einer linksventrikulären Hypertrophie

Therapie

  • schnellstmöglicher Transport in Zielklinik mit Stroke Unit, auch bei Patient*innen, welche nicht mehr für intravenöse Thrombolyse oder EVT infrage kommen, weil sie sich z.B. außerhalb des Zeitfensters befinden
  • nicht sofort erforderliche Behandlungen erst während des Transportes oder ggf. auch erst im der Zielklinik durchführen (TIME IS BRAIN!)
  • Blutdruckmanagement
    • Blutdruck um ca. 15 % und nicht um > 25 % in den ersten 24 h senken
    • Blutdruck, falls notwendig, bei Patient*innen mit ischämischem Schlaganfall, welche für Thrombolysetherapie infrage kommen, auf 185/100 mmHg senken und halten
    • bei Patient*innen mit ischämischem Schlaganfall, welche für Thrombolysetherapie infrage kommen, RR-Werte bis 220 mmmHg systolisch tolerieren und nicht routinemäßig behandeln
    • bei Patient*innen, welche nicht für Thrombolyse infrage kommen, den Blutdruck < 220 mmHg systolisch und < 120 mmHg diastolisch senken und halten
    • eine zu rasche Senkung vermeiden (CAVE: Verschlimmerung Ischämie oder Auslösen weiterer Ischämien)
  • Übergabe an das Klinikpersonal sollte so schnell wie möglich erfolgen und mit der Aushändigung einer schriftlichen Dokumentation finalisiert werden
  • Door-to-Needle-Time für Thrombolyse i.v. sollte im Median < 30 min betragen
Published inLeitlinien kompakt

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