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Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.03.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1186/s13054-023-04327-7
Grundsätzliches
- schwer verletzte Patient*innen direkt in geeignete Unfallklinik transportieren
- Zeit zwischen Verletzung und Blutungskontrolle minimieren
Erstmaßnahmen & Blutstillung
- lokale Kompression offener Wunden, um lebensbedrohliche Blutungen zu begrenzen
- zusätzliche Verwendung eines Tourniquets, um lebensbedrohliche Blutungen aus offenen Extremitätenverletzungen in der präoperativen Umgebung zu stoppen
- keine klare Empfehlung für oder gegen die Verwendung von präklinischen Blutprodukten
Airway & Breathing
- bei Atemwegsobstruktion, Bewusstseinsstörungen (GCS ≤ 8), Hypoventilation oder Hypoxämie unverzüglich endotracheale Intubation oder alternatives Atemwegsmanagement durchführen
- Vermeidung einer Hypoxämie
- Hyperoxämie zu vermeiden, außer bei drohendem Verbluten
- Normoventilation von Traumapatienten
- Hyperventilation als lebensrettende Maßnahme bei Anzeichen einer Hirnherniation
Diagnostik
- Beurteilung des Ausmaß der Blutung anhand Kombination aus Patientenphysiologie, anatomischem Verletzungsmuster, Verletzungsmechanismus und Reaktion des Patienten auf initiale Maßnahmen
- Beurteilung anhand von Schockindex (SI) und/oder Pulsdruck (PP) zur Bewertung des Grades des hypovolämischen Schocks und des Transfusionsbedarfs
- Patienten mit offensichtlichen Blutungsquellen oder Patienten, die sich im hämorrhagischen Schock befinden, einer sofortigen Blutungskontrolle unterziehen
- Patienten mit nicht identifizierten Blutungsquelle, die keine sofortige Blutungskontrolle benötigen, unverzüglich weiteren Untersuchungen unterziehen, um Blutungsquelle zu identifizieren
- Einsatz präklinischer Sonographie zum Nachweis von Hämo-/Pneumothorax, Perikardtamponade und/oder freier Bauchflüssigkeit bei Patient*innen mit thorakoabdominalen Verletzungen, wenn dies den Transport nicht verzögert
- FAST-POCUS bei Patient*innen mit thorako-abdominalen Verletzungen
- Klassifikation des Blutverlusts anhand der ersten Patientenuntersuchung
Class 1 | Class 2 (mild) | Class 3 (moderat) | Class 4 (schwer) | |
---|---|---|---|---|
geschätzter Blutverlust | < 15 % | 15 – 30 % | 31 – 40 % | > 40 % |
HF | normal | normal bis erhöht | erhöht | stark erhöht |
RR | normal | normal | normal bis sinkend | stark gesunken |
Pulsdruck | normal | niedrig | niedrig | niedrig |
AF | normal | normal | normal bis erhöht | stark erhöht |
Urinausscheidung | normal | normal | sinkend | stark sinkend |
GCS | normal | normal | sinkend | stark sinkend |
negativer Base Excess | 0 – 2 mEq/L | 2 – 6 mEq/L | 6 – 10 mEq/L | 10 mEq/L |
Bedarf an Blutprodukten | beobachten | ggf. möglich | Ja | Massentranfusions-Protokoll |
Therapie
- initial eingeschränkte Volumentherapie (NaCl 0,9 % oder balancierte, kristalloide Vollelektrolytlösungen) mit dem Ziel eines RRsys von 80 – 90 mmHg (MAD: 50 – 60 mmHg) bis größere Blutungen ohne Anzeichen für Hirnschädigung gestoppt wurde
- Ziel-MAD bei Patient*innen mit schwerem SHT (GCS < 8) = ≥ 80 mmHg
- sofern Ziel-RR allein mit Volumentherapie nicht erreichbar ist, Gabe von Noradrenalin
- bei myokardialer Dysfunktion Gabe von Dobutamin als Infusion
- keine hypotonen Lösungen bei Patient*innen mit schwerem SHT
- nur eingeschränkte Nutzung/Gabe von kolloidalen Infusionslösungen
- frühzeitiger Wärmeerhalt mit dem Ziel einer Normothermie
- Anlage Beckenschlinge bei Verdacht auf Beckenfrakturen
- vorübergehende extraperitoneale Tamponade bei anhaltenden Abdominalblutungen, wenn Angioembolisation nicht rechtzeitig möglich ist
- Anlage REBOA bei Patient*innen mit nicht-komprimierbaren lebensbedrohlichen Blutungen in Betracht ziehen
- Anwendung von topischen Hämostatika bei venösen oder mäßig-arteriellen Blutungen in Kombination mit Parenchymverletzungen
- ggf. mit Tamponade kombinieren
- schnellstmögliche Gabe von 1 g TXA als Infusion über 10 min bei blutenden Traumapatient*innen oder solchen mit signifikanten Blutungsrisiko, spätestens innerhalb von 3 Stunden nach der Verletzung
- nachfolgend 1 g TXA als Infusion über 8 h
- Damage Control Surgery (DCS) bei schwer verletzten Patienten mit
- hämorrhagischem Schock
- Anzeichen einer anhaltenden Blutung
- Koagulopathie
- kombinierten abdominellen Gefäß- und Bauchspeicheldrüsenverletzungen
- andere Faktoren, die DCS notwendig machen
- Hypothermie
- Azidose
- unzugängliche große Verletzungen
- Notwendigkeit zeitaufwändiger Eingriffe
Sonstiges
- bei blutenden Traumapatient*innen mit oraler Einnahme Vitamin-K-abhängiger Antikoagulanzien Gabe von 5 – 10 mg Phytomenadion (Vitamin K1) i.v.
- Aufhebung von NOAKs (Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban) mittels Andexanet Alfa bei Patient*innen mit SHT
- bei Patient*innen mit Dabigatran-Einnahme Gabe von 5 g Idarucizumab i.v. als Antidot
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