veröffentlichende Fachgesellschaft: Queensland Hospital and Health Service
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.03.2023
Ablaufdatum: 01.03.2027
Quelle/Quelllink: https://www.childrens.health.qld.gov.au/qpec-statewide-guidelines/
Grundsätzliches
- Unterteilung in
- primäre Störungen (z.B. Migräne)
- sekundäre Störungen
- am häufigsten betroffen Altersgruppe: 11 bis 13 Jahre (v.a. Migräne und Spannungskopfschmerzen)
- Kopfschmerzen gehen primär nicht vom Gehirn aus, da diese keine Nozirezeptoren besitzt
- ursächlich sind meist Blutgefäße (intra- und extrakraniell), Hirn- und Spinalnerven, Gesichts-, Schädel- und Nackenmuskulatur und anderen Schädelstrukturen (Zähne, Nebenhöhlen und Ohren)
- Kopfschmerzen nach ca. 1 % der pädiatrischen KH-Einweisungen aus
- 40 % – primäre Störungen
- 60 % – sekundäre Störungen
- 7 – 15 % sind schwerwiegende Erkrankungen
Einteilung
primäre Kopfschmerzerkrankungen
Spannungskopfschmerz
- typischerweise beidseitig, dumpf, tief oder bandförmig
- leichter bis mittlerer Schweregrad
- nicht durch Anstrengung verschlimmert
- Dauer 30 Minuten bis 7 Tage; Monate/Jahre, wenn chronisch
- häufigste Kopfschmerzart
Migräne ohne Aura
- mindestens zwei der folgenden Punkte:
- bilaterale oder unilaterale Lokalisation
- pulsierend
- mittelgradiger bis starker Schmerz
- Verschlimmerung bei Aktivität
- mindestens ein Begleitsymptom wie Übelkeit, Erbrechen, Photophobie und/oder Phonophobie
- Dauer: 1- 48 Stunden
- am häufigsten im Alter von etwa 15 Jahren
Migräne mit Aura
- Aura (Wahrnehmungsstörung, die dem Auftreten der Kopfschmerzen vorausgeht)
- Sehstörungen (z. B. Flimmern, Lichtschimmer, verschwommenes Sehen, blinde Flecken)
- Geruchswahrnehmungen bzw. -missempfindungen
- Parästhesien in den Händen oder im Gesicht.
- Auren können Sekunden bis 1 h vor Einsetzen der Kopfschmerzen auftreten
Migräne mit Hirnstammaura
- Aura gekennzeichnet durch Schwindel, Ataxie, Nystagmus, Dysarthrie, Tinnitus/Hyperakusis, bds. Parästhesien, Diplopie oder Sehstörungen
- Aura kann ein- oder beidseitig sein, geht nicht mit motorischer Schwäche einher
- begleitende Kopfschmerz ist häufig okzipital
konfuse/konfus-wirkende Migräne
- gekennzeichnet durch veränderten Bewusstseinszustand
- häufig mit Aphasie oder Sprachstörungen einhergehend
- begleitet von Kopfschmerzen
hemiplegische Migräne
- seltene Form
- definiert als Migräne mit Aura, einhergehend mit motorischer Schwäche
- gekennzeichnet durch anhaltende Hemiplegie, visuelle Symptome, Taubheit, Aphasie und Verwirrtheit
Cluster-Kopfschmerz
- treten typischerweise in 5 oder mehr Episoden, die zw. jedem 2. Tag und 8 Episoden an einem einzigen Tag liegen können
- starker, stechender Schmerz auf einer Seite des Kopfes
- verbunden mit autonomen Symptomen (verstopfte Nase, Rhinorrhoe, Tränenfluss, Bindehautinjektion, Horner-Syndrom) auf der Schmerzseite
- Dauer: 15 min bis 3 h
- selten bei Kindern < 12 Jahre
sekundäre Kopfschmerzerkrankungen
erhöhter intrakranieller Druck
- Masseneffekt aufgrund Tumors/Zyste/vaskulärer Läsion, Hirnödems oder Flüssigkeitszunahme (Liquor, Hydrozephalus oder Blut)
- Schmerzart
- progredienter Verlauf
- verursacht nächtliches Aufwachen
- verschlimmert sich bei Bewegung und Valsalva (Niesen, Husten, Toilettengang)
- verbunden mit anhaltendem Erbrechen
- kann mit neurologischen Defiziten einhergehen (einschließlich Lethargie und Persönlichkeits-/Verhaltensveränderungen)
- spezifische körperliche Anzeichen: Gang-/Koordinationsstörungen, Papillenödeme, abnorme externe Augenbewegungen und Pupillenreaktionen (Lähmungen des 3., 4. und 6. Hirnnervs)
- Cushings-Trias (Bluthochdruck, Bradykardie und Atemdepression) als spätes Phänomen
idiopathische intrakranielle Hypertonie
- Symptome
- Hirndruckzeichen wie
- Kopfschmerzen
- vorübergehende Sehstörung
- pulsierender Tinnitus
- Gang-Instabilität
- Papillenödem
- Fehlen lokalisierender neurologischer Zeichen (außer Hirnnervenlähmungen)
- Hirndruckzeichen wie
- zusätzliche Faktoren/Risikofaktoren
- weibliches Geschlecht
- Fettleibigkeit
- venöse Anomalien und Obstruktion
- Thrombose der Vena brachiocephalica
- erhöhter Rechtsherzdruck
- intrakranielle Blutung
- Hydrozephalus
- traumatische Hirnverletzung
- endokrine Störungen
- Addison-Krankheit
- Hypoparathyreoidismus
- Hypothyreose
- Medikamente (Kortikosteroide; Wachstumshormon, Progestogen, Levothyroxin; Lithium; Antibiotika; Phenytoin)
- Infektionskrankheiten (ZNS-Infektion; HIV-Infektion; Lyme-Borreliose; Varizella-Zoster)
- Sonstiges (Anämie, Sarkoidose, Schlafapnoe, Trisomie 21)
intrakranielle Infektion
- z.B. Meningitis, Enzephalitis und Hirnabszess
- Kopfschmerz geht mit Fieber, verändertem Geisteszustand, Nackensteifigkeit, Photophobie, Übelkeit/Erbrechen, Schmerzen bei Augenbewegungen und neurologischen Defiziten einher
- häufiger bei immunsupprimierten Kindern
intrakranielle Hämorrhagie
- „Donnerschlag“-Kopfschmerz als klassisches Merkmal
- typischerweise zusätzliche neurologische Anzeichen
- Risikofaktoren: angeborene Herzfehler, AV-Missbildungen, Sepsis, Gerinnungsstörungen, Hirntumore, Meningitis, Leukämie, Autoimmunerkrankungen und Sichelzellenanämie
Trauma
- Entwicklung innerhalb einer Woche nach Verletzung
- häufig in Verbindung mit posttraumatischen Symptomen (Schlaf-, Gleichgewichts-, kognitive und Stimmungsschwankungen)
ischämischer Schlaganfall
- Kopfschmerzen mit plötzlichem Auftreten von einseitigen neurologischen Symptomen einhergehend
- anhaltend und nicht auf die andere Seite übergehen
venöse Thrombose
- seltene Kopfschmerzursache mit schleichendem Beginn
- gewöhnlich mit Kopf-/Halsinfektion, schwerer Dehydratation oder prothrombotischen Zuständen einhergehend
- ggf. Sehstörungen oder fokaler Schwäche
Sonstige
- Gesichts- und Augenerkrankungen (einschließlich Refraktionsfehler, Glaukom, Sehnervenentzündung)
- Kiefergelenksdysfunktion, Zahnkaries/Abszess
- Sinusitis
- Bluthochdruck
Symptomatik bzw. Red Flags
- sich verschlimmernde Kopfschmerzen mit Fieber
- plötzlich einsetzender Kopfschmerz (innerhalb 5 min maximale Intensität)
- neu auftretende neurologische Defizite (vorübergehend oder anhaltend)
- neu auftretende kognitive Störungen oder Persönlichkeitsveränderungen
- Beeinträchtigung des Bewusstseinszustandes
- Kopftrauma in den letzten drei Monaten
- Kopfschmerz ausgelöst durch Husten, Valsalva oder Niesen
- Kopfschmerz, der ein nächtliches Erwachen verursacht
- Kopfschmerz am frühen Morgen und/oder Erbrechen
- Kopfschmerz ausgelöst durch Bewegung
- Kopfschmerz, der sich mit der Körperhaltung ändert
- klinische Merkmale eines Glaukoms
- deutliche Veränderung der Charakteristika des Kopfschmerzes
- atypische Aura
- geschwächtes Immunsystem (z.B. HIV, Einnahme immunsuppressive Medikamente)
- Vorgeschichte maligner Erkrankungen
- Erbrechen ohne andere offensichtliche Ursache
Anamnese & Diagnostik
- Ziel ist Ausschluss oder Identifizierung von Warnzeichen
- Anamnese
- Schmerzanamnese (Art, Intensität und Auswirkungen auf normale Aktivitäten, Dauer, verschlimmernde und lindernde Faktoren)
- systemische Symptome
- neurologische Symptome
- medizinische Vorgeschichte (v.a. immunschwächender Erkrankungen, bösartiger Erkrankungen)
- chirurgische Vorgeschichte
- Familienanamnese (einschließlich Migräneanamnese)
- Medikamente (Art, Dosis und Häufigkeit der Kopfschmerzmedikamente)
- Schutzimpfungen
- Diagnostik
- gründliche neurologische Untersuchung, einschließlich Gangbild, Koordination, Pupillen, äußere Augenbewegungen, Gesichtsfeld-Überprüfung
- Messung Vitalparameter, v.a. Blutdrucks
Therapie
- keine Opiate bei akuten primären Kopfschmerzen
- 15 mg/kg Paracetamol oral alle 4 h (max. 1 g; max. 4 Dosen in 24 h)
- 10 mg/kg Ibuprofen alle 6 – 8 h (max. 400 mg, max. 3 Dosen in 24 h)
- 0,15 mg/kg Ondansetron oral/sublingual zur Behandlung von Erbrechen (max. 8 mg)
- 8 – 15 kg: 2 mg
- 15 – 30 kg: 4 mg
- > 30 kg: 8
- 0,1 – 0,15 mg/kg Metoclopramid unverdünnt über 3 min (max. 10 mg)
- Diazepam bei Akathisie
- 0,04 – 0,2 mg/kg Diazepam p.o. alle 8 – 12 h (max. 2 – 10 mg)
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