veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal Children’s Hospital Melbourne (RCH)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.03.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://www.rch.org.au/clinicalguide/
Grundsätzliches
- Beckenfrakturen sind hochenergetische Verletzungen, die wahrscheinlich mit mehreren anderen Verletzungen einhergehen (z.B. lebensbedrohliche abdominale, urogenitale, spinale, thorakale und intrakranielle Verletzungen)
- Beckenfrakturen sind selten bei Kindern
- Beckenfrakturen können zur Schädigung von Blutgefäße im Becken führen und massive Beckenblutung und Schock zur Folge haben (Beckenblutung i.d.R. venös und oft retroperitoneal)
Diagnostik & Anamnese
- Hochrisikofaktoren für Beckentrauma
- Kraftfahrzeugkollision (ggf. mit Herausschleudern, seitlichem Aufprall, Überschlag oder Toten bei selbem Unfall)
- Fußgänger vs. Auto, Fahrrad vs. Auto
- Sturz aus großer Höhe (> 3 m; CAVE: Unfallmechanismus & Alter berücksichtigen)
- Sturz schwerer Objekte auf Patient*in (z.B. Pferd, Quad-Bike o.Ä.)
- körperliche Untersuchung
- Suche nach Zeichen für hämodynamische Beeinträchtigung (Tachykardie, später Bradykardie; Hypotonie; verlängerte Rekap-Zeit, Hinweise auf schlechte Endorganperfusion, z.B. GCS < 15)
- Suche nach Zeichen für Beckenverletzung
- Blutergüsse, Wunden, asymmetrische Stellung, Deformierung von Bauch/Becken/unteren Gliedmaßen
- Schmerz-/Druckempfindlichkeit entlang der Beckenkämme, der Schambeinfuge, des Iliosakralgelenks, der Sitzbeinhöcker und der lumbosakralen Wirbelsäule
- rektale oder vaginale Blutungen, Blut am Harnröhrenausgang, Blutergüsse am Hodensack
- einmalige Untersuchung des Beckens bzgl. Instabilität durch leichte Komprimierung (CAVE: keine Untersuchung bei offensichtliche Beckeninstabilität oder wenn Bildgebung zeitnah erfolgt)
- Bildgebung
- Point-of-Care-Ultraschall (FAST) ist umstritten und bei Diagnose von Beckenfrakturen von begrenztem Nutzen
- CT erwägen, sofern dringende Angioembolisierung oder operativer Eingriff erforderlich, wenn sich Hämodynamik des Kindes nach Anlage der Beckenschlinge und weiterer Therapie nicht bessert
- Bildgebung gemäß dem nachfolgenden Algorithmus
Therapie
- Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand
- pVK-Anlage und Volumentherapie bei hämodynamischer Instabilität
Beckenschlinge
- bei V.a. instabile Beckenfraktur, initiale manuelle Beckenstabilisierung sowie nachfolgend Anlage einer Beckenschlinge gemäß nachfolgendem Algorithmus (CAVE: sofern Intubation notwendig, vorher Anlage der Beckenschlinge)
- Anlage der Beckenschlinge auf Höhe des Trochanter major und Zusammenbinden der Füße auf Knöchelhöhe, sofern untere Extremitäten nicht frakturiert sind (CAVE: zu hohe Anlage macht Beckenschlinge unwirksam und kann Beckenverletzung verschlimmern)
- sofern keine Beckenschlinge in Kindergröße vorhanden, Nutzung einer Decke/Tuch als Provisorium
- Decke/Tuch unter Patient*in auf Höhe des Trochanter major legen
- Enden der Decke/Tuch über der Schambeinfuge kreuzen & verdrehen
- von beiden Seiten das Tuch fest und gleichmäßig anziehen und dabei den/die Patient*in vor Bewegungen schützen
- Decke/Tuch auf beiden Seiten mit Klemmen o.Ä. sichern
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