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28.09. – Welt-Tollwut-Tag

Jedes Jahr am 28. September wird weltweit der „World Rabies Day“, also der „Welt-Tollwut-Tag“ begangen. An diesem Tag wird auf die immer noch weltweit relevante Infektionskrankheit der Tollwut hingewiesen. Aus diesem Grund dreht sich heute bei FOAMio auch alles um die Tollwut, welche durch das Rabiesvirus ausgelöst wird.

Bei der Tollwut handelt es sich um eine akute ZNS-Erkrankung, welche durch das Rabies-Virus hervorgerufen und i.d.R. über den Speichel von Tieren übertragen wird. Durch die Tollwut sterben jedes Jahr knappe 60.000 Menschen weltweit, in etwa 99 % der Fälle durch eine Übertragung der Rabies über Hunde durch Bisse. Trotzdem ist die Tollwut immer noch eine vernachlässigte Tropenkrankheit. Auch heute noch sind die Pathophysiologie sowie die Mechanismen der Pathogenität und der Immunologie noch unzureichend erforscht, obwohl schon wirksame Impfstoffe zur Verfügung stehen.

Epidemiologie & Vorkommen

Ca. 95 % aller Tollwutfälle weltweit werden aus dem asiatischen und afrikanischen Raum gemeldet und auch die meisten Todesfälle sind in diesen Bereichen zu verzeichnen (ca. 30.000 Menschen jährlich in Indien). In etwa der Hälfte der Fälle sind Kinder davon betroffen, was vor allem an der Neugier der Kinder sowie der kleineren Physiognomie liegt, welche anfälliger für Wunden an risikoreicheren anatomischen Stelle wie dem Kopf ist (40 % der Todesfälle bei den < 15-Jährigen). Wie schon erwähnt sterben jährlich etwa 59.000 Menschen durch die Tollwut und sorgt so für einen Verlust von ca. 3.700.000 krankheitsbedingten Lebensjahren (DALYs).

Über das WHO Rabies Bulletin der Weltgesundheitsorganisation kann man sich über das jeweilige Tollwutrisiko jedes einzelnen Landes weltweit informieren. Dies ist immer noch wichtig und relevant, denn Rabiesvirus-Infektion sind aufgrund des gehäuften Vorkommens in etwa 100 Ländern der Erde (v.a. touristische Fernreiseziele in Asien, Mittel- & Südamerika, Afrika und Osteuropa) möglich. Dadurch liegt die Tollwut-Expositionsrate immer noch bei ca. 16 – 200 pro 100.000 Reisende.

In westlichen Länder wie den USA ist die Rabies eine seltene Erkrankung und wird heutzutage v.a. über Wildtiere wie Fledermäuse, Füchse, Waschbären und Stinktiere übertragen. In den letzten ca. 45 Jahren waren in der USA nur ca. 2 Todesfälle pro Jahr zu verzeichnen. In den Vereinigten Staaten kommt es jedes Jahr zu ca. 2.000 bis 3.000 Infektionsfällen und ca. 16.000 – 39.000 Patient*innen sind dem Rabiesvirus ausgesetzt und erhalten eine Postexpositionsprophylaxe (PEP). Auch die beiden größten Inseln Ozeaniens, also Australien und Neusseeland, sind tollwutvirusfrei. In Australien sind nur zwei Todesfälle, einmal 1996 und 1998, zu verzeichnen.

Viele europäische Länder wie Deutschland, Österreich, Schweiz, Skandinavien, Großbritannien etc. gelten schon seit Mitte der 2010er Jahre als tollwutfrei, wofür es aber z.B. in Deutschland etwa ein Vierteljahrhundert zur Bekämpfung der Tollwut brauchte. Nocht nicht frei von terrestrischer Tollwut sind in Europa vor allem Länder wie Weißrussland, die Republik Moldau, die Ukraine und die Russische Föderation. Laut RKI gibt es in Deutschland jährlich nur noch zwischen 0 und 4 Fällen, v.a. durch die Einführung der Köderimpfung in der Fuchspopulation. Den letzten identifizierbaren Fall einer Tollwut-Infektion bei einem Wildtier (exkl. Fledermäusen) in Deutschland gab es im Februar 2006 bei einem Fuchs. Nichtsdestotrotz sind jedes Jahres weltweit noch mehr als 10.000.000 Post-Expositions-Impfungen notwendig.

Das Rabiesvirus (RABV)

Beim Tollwut- bzw. Rabiesvirus (RABV), welches einer der wenigen Erreger weltweit, welcher eine nahezu 100-prozentige Sterblichkeitsrate hat, handelt es sich um ein umhülltes, nichtsegmentiertes, negativ-einzelsträngiges RNA-Virus. Das Virus gehört zur Ordnung der Mononegavirales, stammt aus der Familie der Rhabdoviridae und ist der Prototyp der Gattung Lyssavirus, welche auch weitere pathologische Erreger beeinhaltet. Offiziell gibt es 16 -18 klassifizierte Lyssaviren-Arten. Alle diese Arten wurden bei Fledermäusen nachgewiesen, weshalb vermutet wird, dass das Lyssaviren von Fledermäusen abstammt. Insgesamt haben Rhabdoviridae eine große genetische Heterogenität. Zur Familie der Rhabdoviridae gehören z.B. auch das Vesiculo- und das Ephemerovirus, welches beide bei Tieren schwere Krankheiten auslösen und beim Menschen glücklicherweise nur einen fieberhaften Infekt von wenigen Tagen. Zur Gattung des Lyssavirus selbst gehören z.B. auch das Lagos-Fledermaus-Virus, das Mokola-Virus, das Duvenhage-Virus, das Europäische Fledermausvirus 1 & 2 und das Australische Fledermausvirus. Das es sich, wie schon erwähnt, um ein umhülltes Virus handelt, kann es einfach durch Desinfektionsmittel inaktiviert werden.

Der Erreger selbst löst eine akut fortschreitende Enzephalitis aus. Betrachtet man den Weg des Virus nach Eintritt in den Körpers, so gelangt das RABV von der Eintrittspforte/-wunde in den Körper. Dort persistiert es länger in Fresszellen und Muskelzellen, v.a. im Unterhautgewebe, und vermehrt sich ggf. auch. Währenddessen lagert sich das Virus v.a. an nikotinerge Acteycholin-Rezeptoren sowie NCAM (neuronal cell adhesion molecule) und p75.Neurotropin-Rezeptoren an. Noch vollzogener Vermehrung hat das Rabiesvirus Zugang zu Nervenzellen, als dem peripheren Nervensystem. Von dort wird es über Axone zum Gehirn transportiert (schneller retrograde axonale Transport mit bis 250 mm/d). Cerebral befällt das Virus initial das Lymbische Symstem, breitet sich dann in das Großhirn aus und verbreitet sich dann innerhalb von wenigen Tagen in den Zellen der grauen Substanz. Hier kommt noch kaum zu Degenerationszeichen, aber trotzdem zu ersten Dysfunktionen. Nachdem das ZNS befallen ist und sich das Virus dort intrazellulär repliziert hat, wird das Virus über die Nerven und Hirnnerven zur Peripherie verteilt. Danach ist das Virus in allen Organen wie Speicheldrüsen, Leber, Herz, Muskel, Nebenniere und Haut, sowie auch im Blut, zu finden, wo es sich weiter repliziert. Wichtig ist es noch zu betonen, dass alle infizierten Nervenzellen konsekutiv ihre Funktion ändern.

In pathologischen Untersuchungen konnten folgende entzündliche ZNS-Veränderungen infolge einer RABV-Infektion festgestellt werden:

  • Infiltration der weichen Hirnhäute
  • Infiltration der umgebenden Gefäße und des Parenchyms
  • eosinophile zytoplasmatische, virale Proteine & RNA enthaltende Einschlüsse in Neuronen (auch Negri-Körperchen genannt)
  • Negri-Körperchen in Purkinje-Zellen des Kleinhirns und Pyramidenzellen des Hippocampus swoie seltener im Kortex und Hirnstamm
  • Infektion serotoninerger Neurone im Hirnstamm (ggf. verantwortlich für Verhaltensänderungen der Infizierten)

Reservoir

Tollwut ist eine Zoonose. Grundsätzlich können sich allen, v.a. warmblütigen, Säugetiere mit dem Tollwutvirus anstecken, wobei jedoch vor allem Fleischfresser (Carnivora) und Fledertiere/Fledermäuse (Chiroptera) als Reservoir dienen. Zu den wichtigsten Fleischfressern, welche als Reservoir dienen, gehören Hunde, Füchse, Wölfe, Schakale, Affen, Marderhunde, Waschbären, Dachs und Stinktiere sowie Katzen von der Hauskatze bis zum Geparden. In Einzelfällen konnten Tollwutviren auch in Nagetieren wie Eichhörnchen, Ratten, Mäuse, Murmeltiere, Biber oder Hasen sowie Pflanzenfressern nachgewiesen werden, aber es gibt keine dokumentierten Fälle in denen es zu einer Übertragung auf Menschen gekommen ist.

Das wichtigste Reservoir weltweit sind und bleiben aber der nicht geimpfte Haushunde. Dies sieht man vor allem in vielen Ländern Afrikas, Asiens, Europas und Amerikas, welche durch Massenimpfung von Haushunden die Tollwutprävalenz signifikant vermindern konnten. So ist die Tollwut, wie oben schon erwähnt, in vielen Länder seit mehreren Jahren frei von terrestrischer Tollwut sind. Ein weiteres Hauptreservoir für die klassische Rabies in mitteleuropäischen Bereich ist neben der Fledermaus der Rotfuchs.

Infektionsweg

In der Regel erfolgt die Übertragung des bzw. Infektion mit dem Rabiesvirus durch Bisse/Kratzer der o.g. Reservoirtiere, v.a. durch Bisse von Hunden, Fledermäusen und Katzen (in 99 % über Hunderbiss). Die eigentliche Übertragung selbst findet nicht direkt über den Biss, sondern über den Speichel statt. Die durch Hunde vermittelte Tollwut ist weiterhin das höchste Risiko für eine Infektion beim Menschen. Infektionen mit Rabies durch Wildtiere sind vergleichsweise selten.

Mögliche weitere Infektions-/Übertragungswege sind:

  • Mensch-zu-Mensch-Übertragung über Gewebe- & Organtransplantate (bisher keine weitere Form der Mensch-zu-Mensch-Übertragung bekannt, auch nicht durch Bluttransfusion)
  • Schleimhaut- bzw. Hautkontakt (bei verletzter Haut) mit Speichel, Urin, Schweiß und Nervengewebe von infizierten Tieren
  • Übertragung über Inhalation von Aerosolen (nur selten dokumentiert, auch wenn wohl geringe Virusmenge ausreicht)

Ob der Verzehr kontaminierter Nahrung zu einer Übertragung/Infektion führen kann, ist bisher unklar. Desweiteren gibt es keine Nachweise für eine Übertragung durch Insektenstiche.

Wichtig zu betonen ist, dass es keinen dokumentierten Fall einer Übertragung des Rabies-Virus auf im Gesundheitswesen tätige Mitarbeitende und Tollwutviren haben, vor allem bei UV-Licht und Trockenheit, nur sehr kurze Überlebenszeit. Trotzdessen besteht theoretisches Übertragungsrisiko, sodass Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind sowie ggf. auch eine Postexpositionsprophylaxe (siehe letztes Kapitel).

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit des Rabiesvirus, also der Zeitraum zwischen der Infektion und dem Auftreten der ersten Symptome, liegt je nach Literatur i.d.R. bei ein bis drei Monaten, mit einer Gesamtrange von zwei Wochen bis 12 Monate. In Ausnahmefällen gab es auch Inkubationszeiten von mehr als 12 Monaten. Während der meisten Zeit der Inkubationszeit befindet sich das Virus an bzw. in der Nähe der Eintrittsstelle in den Körper. Über die Bissstelle hinaus ist die Inkubationszeit abhängig von der genauen Virusspezies sowie der immunologischen Kompetenz der infizierten Person.

Kürzere Inkubationszeiten sind ein Indiz dafür, dass das Virus direkt über das periphere Nervensystem in das Rückenmark oder Gehirn gelangt ist.

Symptomatik

Der Symptomkomplex der Tollwut untergliedert sich in einzelne Phasen: Prodromalstadium, akute neurologische Phase und Koma.

Die Prodromalphase, also die Phase unspezifischer Frühsymptome, dauert ca. 2 – 10 Tage an. Typische Prodromalsymptome sind:

  • allgemeines Unwohlsein
  • Fieber bis über 40 °C und/oder Schüttelfrost
  • Überempfindlichkeit ggü. Licht, Berührung und Geräuschen
  • Übelkeit und/oder Erbrechen sowie Diarrhoe
  • Müdigkeit (Fatigue) und Schlaflosigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Husten und/oder Halsentzündung
  • Angstzustände und/oder Reizbarkeit
  • ggf. Schmerzzustände, v.a. in den Muskeln
  • ggf. Parästhesien, Brennen, Myoklonien und/oder Juckreiz um die Bissstelle (in 50 – 80 % der Fälle)

Gegebenenfalls ist die Wunde (Eintrittspforte für das Virus) während des Prodromalphase auch schon wieder verheilt. Dem Prodromalstadium folgt die akute neurologische Phase. Diese untergliedert sich wiederum in die zwei Formen enzephalitische und paralytische Tollwut. Die Pathophysiologien beider Formen sind bis jetzt zum größten Teil noch unklar. Bei der enzephalitischen Tollwut kommt es zum Wechsel von Episoden der Übererregbarkeit oder generalisierten Erregung und luziden Phasen, welche mit fortschreitender Erkrankung immer kürzer werden. Der Infektionsfoki der paralytischen Tollwut sind wahrscheinlich das Rückenmark, die Nervenwurzeln und die peripheren Nerven. Bei der enzephalitischen Tollwut ist v.a. das Gehirn betroffen.

Die enzephalitische Tollwut liegt bei ca. 80 % der Patient*innen auf und dauert i.d.R. zwischen 2 – 10 Tage. Sie beginnt normalerweise mit noch erhaltenem Bewusstsein. Kardinalsymptome sind die Hydrophobie („Angst vor Wasser“) und/oder Aerophobie („Angst vor Luft/Luftzügen), welche auftretem, sofern das Stammhirn betroffen ist. Beide Phobien zeigen sich initial durch Halsschmerzen oder Schluckenschwierigkeiten, welche in Atemhilfsmuskulatur- und Zwerchfellkontraktionen sowie Zusammenziehen der Halsmuskeln, Würgen, Erbrechen, Husten und Grimassieren bei Schluckversuchen (Dauer: ca. 5 – 15 sec.). Die Endstrecke der Phobien präsentiert sich durch Tremor, Myoklonien bis zu Krämpfen, welche je nach Ausprägung ggf. auch mit Herz-Kreislaufstillstand vergesellschaftet sind. Die phobischen Symptome können ggf. auch schon durch das bloße Reden über „Wasser“ oder „Luft“ ausgelöst werden. Weitere Symptome der enzephalitischen Tollwut sind:

  • gesteigerte Libido, Priapismus und spontane Ejakulationen
  • erhöhte Reiz- & Erregbarkeit, Agitation sowie Unruhe und Angstzustände
  • bizarres Verhalten, ggf. auch Halluzinationen bis zum Delir
  • autonome Dysfunktionen (Hypersalivation, Gänsehaut, Herzrhythmusstörung)
  • ggf. Facialisparesen
  • Tachykardie, Hyperventilation
  • Anisokorie
  • im Verlauf Lähmungen mit Bewusstseinseintrübung bis zum Koma

Typische Spätkomplikationen der enzephalitischen Tollwut sind unter anderem das SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion), ein Diabetes insipidus, ein nicht-kardiales Lungenödem, GI-Blutungen, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Multiorganversagen.

Die paralytische Tollwut zeigt sich bei ca. 20 % der Patient*innen und dauert etwa 2 bis 10 Tage an bevor es in letzte Stadium des Komas übergeht. Frühes Symptomes ist eine Muskelschwäche, die i.d.R. an der gebissenen Extremität beginnt und im Verlauf in eine beidseitige Facialisparese und Quadriparese/Tetraplegie übergehend. Während der Frühphase ist der Geisteszustand der Patient*innen meist noch normal. Die weiteren Symptome sind i.d.R.:

  • gesteigerte Libido, Priapismus und spontane Ejakulationen
  • Harninkontinenz durch Beeinträchtigung des Schließmuskels
  • zunehmende Parästhesien

Zum Ende hin setzt die Schwächung/Lähmung der Bulbus- & Atemmuskulatur mit leichten inspiratorischen Krämpfen sowie eine typische Hypersalivation ein. Danach folgend kommt es zu einer progredienten Bewusstseinseintrübung und schlussendlich zum Multiorganversagen mit tödlichem Verlauf, welcher meist einige Tage länger als bei der enzephalitischen Tollwut andauert.

Die gemeinsame Endstreck der beiden Formen ist das Koma mit Herzmuskulatur- und/oder Atemlähmung, welchem dann mit dem kompletten Atemversagen der Tod innerhalb weniger Tage bis einer Woche nach der Eintrübung folgt. Sobald eindeutige Symptome auftreten, verläuft die Erkrankung fast immer tödlich.

Diagnostik

Das Rabiesvirus lässt sich mittels Speichel- oder Augenabstrich sowie in der Rückenmarksflüssigkeit im (Real-time-)PCR-Verfahren nachweisen, wobei der Erregernachweis nicht immer im Krankheitszeitraum gelingt. Im Verlauf ist auch der Antikörper-Nachweis im Serum und postmortal der Nachweis im Gehirn oder anderen Organen möglich. Durch die nur wenigen Entzündungskaskaden, welche durch die Tollwut-Infektion induziert sind, sind i.d.R. kaum pathologische Werte im Liquor cerebrospinalis.

Weitere diagnostische Verfahren wie die bildgebende Diagnostik mittels CT und MRT zeigen i.d.R. normale Ergebnisse und auch im EGG sind keine signifikant-pathologischen Veränderungen zu sehen. Aus diesem Grund ist die ausführliche Anamnestik von großer Relevanz bei der Diagnosstellung der Tollwut.

Differentialdiagnosen

  • zu Beginn Influenza
  • Guillain-Barré-Syndrom
  • virale Infektion mit Herpes-simplex, Varizella-Zoster, Zytomegalie, Epstein-Barr, Entero, Polio, Coxsackie etc.
  • baterielle Infektion mit Listeria monocytogenes, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Neisseria meningitis, Borrelia sp., Rickettsia, Mycobacterium tuberculosis, Streptoccoccus sp., Staphlococcus aureus, Enterococcus, Klebsiella sp., Leptospira sp., Escherichia coli
  • fungale Infektion mit Cryptococcus neoformans, Candida albicans, Aspergillus niger/fumigatus
  • protozoale Infektion mit Plasmodium malariae, Amoeba, Toxoplasma gondii
  • vermale Infektion mit Trichinella spiralis (Nematode)
  • Herpesvirus-simiae-Enzephalomyelitis (durch Affenbiss übertragen)
  • Tetanus durch Infektion mit Neurotoxin des Bakteriums Clostridium tetani
  • psychiatrische Erkrankungen mit psychotischer bzw. halluzinatorischer Komponente
  • Anti-N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor-Enzephalitis ((Anti-NMDA)-Enzephalitis)
  • postvakzinale Enzephalomyelitis
  • variante Creutzfedlt-Jakob-Erkrankung

Therapie

Vor Beginn jeglicher Maßnahmen ist auf den Eigenschutz zu achten und die nötigen Hygienemaßnahmen sind zu treffen. In diesem Zuge sei auch auf die Meldepflicht bei Verdacht, Erkrankung und Tod gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) hingewiesen, da es sich bei der Tollwut um eine meldepflichtige Krankheiten gemäß § 6 IfSG handelt. Auch die reine Verletzung durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers sind meldepflichtig.

Zu den wichtigsten Sofortmaßnahmen nachfolgend zum Kontakt mit einem (vermutlich) tollwütigem Tier das sofortige, min. 15 min andauernde Auswaschen der Verletzung mit Seifenlösung sowie die Desinfektion der Wunde. Tiefe Wunden sollten mittels Katheter gespült werden. Danach oder währenddessen sollte der umgehende Transport in das nächstgelegene Krankenhaus erfolgen. Innerklinisch sollte schnellstmöglich ein Tollwut-Immunglobulin-Präparat, also Tollwut-Antikörper, verabreicht werden. Dazu wird ein Teil des Präparats mit mehreren Stichen rund um die Wunde herum injiziert, um die Ausbreitung ins Nervensystem zu verhindern. Der restlliche Teil wird in den Gesäßmuskel appliziert. Gleichzeitig soll die aktive und passive Immunisierung mittels Totimpfstoffgabe als Simultanimpfung bzw. Postexpositionsvakzinierung begonnen werden (CAVE: umfasst mehrere Teilimpfungen). Nekrotisches Gewebe muss entfernt werden und daraufhin eine Antibiotika-Therapie eingeleitet werden. Die passive Immunisierung selbst ist bis zu 96 h nach der Bissverletzung zu erwägen bzw. sinnvoll. Eine zusätzliche Auffrischung der Tetanusprophylaxe wird ebenfalls angeraten.

Gegen die sich ausgebildete Tollwut gibt es bis heute keine wirksame, v.a. spezifische antivirale, Therapie und nur wenige Patient*innen weltweit haben die aggressive Intensivstation-Behandlung überlebt. Bei jedem Therapieversuch muss individuell überprüft werden, ob aggresiv oder palliativ vorgegangen wird. Die aggresive, intensivmedizinische Therapie besteht aus einer neuroprotektive und antivirale Therapie mit Ribavirin sowie Immuntherapie. Palliativ steht steht die Linderung von Schmerz und Leid und es stehen Sedierung mit Benzodiazepinen, Analgesie mit Morphin und starke Anxiolyse bzw. Beruhigung mit Haloperidol.

Die Postexpositionsprophlyaxe selbst erfolgt nach dem nachfolgenden Schema des RKI:

  • Expositionsgrad I° bei Berühren/Füttern von tollwutverdächtigen/tollwütigen Tieren, Belecken der intakten Haut, Berühren von Impfstoffködern bei intakter Haut
    • keine Impfung für nicht, nur unvollständig vorgeimpfte oder vollständig grund­immunisierte Personen
  • Expositionsgrad II° bei nicht blutenden, oberflächlichen Kratzern oder Hautabschürfungen, Lecken oder Knabbern an nicht intakter Haut, Kontakt mit Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders mit nicht intakter Haut
    • aktive Immunisierung mit 2 Dosen im Abstand von 3 Tagen bei grundimmunisierten Personen, sonst vollständige aktive Grundimmunisierung
  • Expositionsgrad III° bei Bissverletzungen oder Kratzwunden, Kontakt von Schleimhäuten oder Wunden mit Speichel (z.B. durch Lecken), Verdacht auf Biss oder Kratzer durch Fledermaus, Kontakt der Schleimhäute mit einer Fledermaus, Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders
    • aktive Immunisierung mit 2 Dosen im Abstand von 3 Tagen bei grundimmunisierten Personen, simultan Verabreichung von Tollwut-Immunglobulin (20 IE/kgKG)

Prognose

I.d.R. verläuft Tollwut tödlich, sofern keine Postexpositionsprophlyaxe (PEP) erfolgt ist und nicht mindestens eine Immunisierung ggf. das Rabies-Virus erfolgt ist. Auch eine aggresive, intensivmedizinische Therapie hat eine infauste Prognose. In Ausnahmefällen konnte bei Bissen in die unteren Extremität mittels PEP und lokaler Rabies-Immunglobulin-Gabe ein letaler Ausgang verhindert werden. Bisse im Bereich des Kopfes haben eine zu kurze Inkubationszeit, sodass i.d.R. eine PEP nicht erfolgreich ist.

Auch das in den USA entwickelte „Milwaukee-Protokoll“, welches aus einer kombinierten Therapie aus therapeutischem Koma, Ketamin-, Ribavirin- sowie Amantadin-Gabe, ist höchst umstritten und hat sich als unwirksam erwiesen.

Im Normalfall tritt der Tod innerhalb von 7 bis max. 14 Tagen nach Symptombeginn ein. Eine Verlängerung des Sterbeprozess kann durch eine aggresive Intensivtherapie möglich sein. Der Tod selbst tritt im Stadium des Komas bei gleichzeitiger Herzmuskulatur- & Atemlähmung.

Welweit sind weniger als 20 Fälle bekannt, bei denen die Betroffenen eine klinische Tollwut-Erkrankung überlebt haben.

Prävention

Bei Reisen in Ländern mit hohem Tollwutrisiko wird eine Präexpositionsprophlyaxe (PrEP) empfohlen, da ca. 0,1 – 1 % aller Reisenden während ihrer Reise einen Tierkontakt mit Tollwut-Verdacht haben. Eine ordentlich erfolgte Impfung brauchte ca. 7 – 10 Tage um nachweisbare Antikörper zu entwickeln und sorgt für eine mehr als 20 Jahre andauernde Immunität. Auch nach der Infektion sind der Tollwutimpfstoff und das Tollwut-Immunglobulin (RIG) sind noch während der Inkubationszeit sehr wirksam und sorgen für eine ausreichende Produktion von Antikörpern zur Tollwutvirusneutralisation. Wichtig ist es hierbei zu betonen, dass eine PrEP eine PEP nicht überflüssig macht. Zusätzlich ist die Schutzimpfung gegen RABV ist auch gegen EBLV-1 und -2 wirksam.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt aktuell nur noch zwei Impfungen (i.m. oder i.c.) an Tag 0 sowie Tag 7, um einen ausreichenden Schutz gegen Tollwut aufzubauen. Für die aktive Immunisierung sind in Deutschland zwei inaktivierte Impfstoffe zugelassen (Rabipur®, Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert®), welche als PrEP beide einem Impfschema mit drei Impfungen folgen (0, 7, 21 bzw. 28 Tage).

Weitere präventive Maßnahmen ist die Massenimpfung von Hunden oder die Köderimpfung, z.B. in Fuchspopulationen, aber auch die Präexpositionsprophlyaxe von Hochrisikogruppen wie Tierärzt*innen, Tierpfleger*innen, Labormitarbeiter*innen sowie ggf. auch Höhlenforscher*innen oder Tierkontrolleur*innen.

FUNFACT: Die erste erfolgreiche Post-Expositions-Impfung gegen Tollwut beim Menschen wurde von Louis Pasteur 1885 durchgeführt.

Quellen

Published inWelttag...

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