veröffentlichende Fachgesellschaft: Queensland Hospital and Health Service
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 15.03.2023
Ablaufdatum: 15.03.2027
Quelle/Quelllink: https://www.childrens.health.qld.gov.au/qpec-statewide-guidelines/
Grundsätzliches
- Krampfanfall = paroxysmale und unwillkürliche Ereignisse mit verändertem Bewusstsein, motorischen oder autonomen Störungen, verändertem Empfindungen, die auf anormale rhythmische Entladungen von Hirnneuronen zurückzuführen sind
- Krampfanfälle grob klassifiziert als fokal oder generalisiert, je nachdem wie stark der Körper betroffen ist
- Status epilepticus = Anfall > 5 min oder wiederholte Anfälle ohne vollständige Erholung des Bewusstseins zwischen den Episoden
- Status epilepticus dauert i.d.R. > 30 min oder kehrt innerhalb eines Zeitraums von 30 min wieder, ohne dass das Bewusstsein wiederhergestellt ist
- refraktärer Status epilepticus ist abhängig von Anfallsdauer, Alter und Ätiologie mit erheblicher Sterblichkeit (3 – 8 %) und hoher neurologischen Morbidität (10 – 20 %) verbunden
- Risiko, dass ein Anfall refraktär wird, steigt mit zunehmender Anfallsdauer
- Fieberkrämpfe treten bei 2 – 4 % und Epilepsie bei etwa 0,5 % der Kinder auf
- Inzidenz des Status epilepticus wird auf 10 – 40/100.000 geschätzt
- Krampfanfälle machen 1 – 2 % aller Einweisungen in Kinderkliniken aus (4 – 6 % davon sind
Triage-Kategorie 1, also ein aktiver Anfall)
Anamnese
- Einzelheiten, die dem Krampfanfall vorausgingen (frühere Ereignisse, Verhalten des Kindes, Krankheitsanzeichen oder -symptome einschließlich Fieber
- Einzelheiten zum Anfall wie Zeitpunkt des Anfallbeginns, geschätzte Dauer sowie bisher erfolgte Maßnahmen
- frühere Anfälle und Anfälle in der Familiengeschichte
- ggf. frühere Anfallsbehandlung (inkl. ketogener Diät)
- medizinische und chirurgische Vorgeschichte (inkl. intrakranielle Infektionen oder schwere Stoffwechselstörungen wie Hypoglykämie oder Elektrolytstörungen, neurologische Erkrankungen, neurochirurgische Eingriffe wie z.B. Anlage von ventrikulo-peritonealen Shunts)
Diagnostik
- rasche Erstuntersuchung mit Bewertung (und sofortiger Behandlung) gemäß ABCDE-Schema
- Blutzucker-Messung
- Temperatur-Messung
- EKG (bei Kindern, die vor Anfall gestürzt sind, oder bei Anfällen oder ungeklärten Todesfällen in der Familie)
Differentialdiagnosen
- paroxysmale nicht-epileptische Ereignisse (dissoziative Krampfanfälle)
- Streckhaltung aufgrund von erhöhtem ICP
- akute Bewegungsstörungen (Chorea Huntington, Tic-Störungen, Dystonie)
- akute Enzephalopathie aus infektiöser/metabolischer Ursache
Therapie
Therapie der 1. Wahl
- Midazolam
- 0,3 mg/kg bukkal/i.n. (max. 10 mg)
- 0,15 mg/kg i.v./i.o. (max. 10 mg)
- 0,2 mg/kg i.m. (max. 10 mg)
- Diazepam
- 0,1 – 0,4 mg/kg i.v./i.o. (max. 10 mg)
- 0,3 – 0,5 mg/kg rektal (max. 20 mg)
Therapie der 2. Wahl
sofern die Anfälle nach zwei Dosen der Therapien der 1. Wahl anhalten
- 60 mg/kg Levetiracetam (Keppra) i.v. (max. 4,5 g) als Infusion über 5 min als Ladedosis
- 20 mg/kg Phenytoin i.v. (max. 1500 mg) über min. 20 min bei Kinder > 1 Jahr (langsamer verabreichen über 60 min mit max. Rate von 1 mg/kg/min oder 50 mg/min, wenn Anfallsaktivität aufgehört hat)
- 20 mg/kg Phenobarbiton i.v. (max. 1 g) über min. 20 min mit max. Rate von 1 mg/kg/min bei Säuglingen < 1 Jahr, bei Kontraindikation für Phenytoin sowie bei Erhaltungstherapie mit Phenytoin (CAVE: Atmung- & Kreislauf-Beeinträchtigung)
- 40 mg/kg Valproat i.v. (max. 3000 mg) langsam über 3 – 5 min
Therapie der 3. Wahl
Intubation ermöglicht den Einsatz höherer Dosen von Antiepileptika wie z. B. Benzodiazepine und Barbiturate mit unerwünschte Wirkungen sind Hypoventilation und Atemstillstand
- Schritte der RSI (Radid Sequence Induction)
- Präperation des Materials, inkl. Verbalisieren des Vorgehens durch Teamleiter
- Präoxygenierung (Beutel-Maske-Beatmung mit Fi02 von 100 %)
- Prämedikation
- Paralyse (Muskelrelaxation) und Sedierung
- Platzierung des Tubus (inkl. Plans für fehlgeschlagene Intubation)
- Post-Intubatons-Management
- Medikamente für RSI
- Thiopental oder Propofol als Narkotikum sowie wirksame Antikonvulsiva
- Ketamin als Anästhetikum mit antiepileptischer Wirkung bei hämodynamisch instabilen Patient*innen
- Rocuronium als Muskelrelaxanz der 1. Wahl
- ggf. Sugammadex als Antidot für Rocuronium, falls notwendig
- Vorgehen nach geltenden Hypoglykämie-Leitlinien bei BZ < 47 mg/dL
- rascher Transport in geeignete Kinderklinik
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