veröffentlichende Fachgesellschaft: European Society of Emergency Medicine (EUSEM)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.08.2024
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://doi.org/10.1097/mej.0000000000001145
Grundsätzliches
- Notaufnahmen in Europa haben einige Erfahrungen mit verschiedenen Drogenepidemien verbunden mit der Überdosierung illegaler Drogen (z.B. 80er mit Heroinepidemie sowie seit Anfang der 2000er die Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS))
- Notaufnahmen sind relevanter „Wachturm“ für das Gesundheitssystem bzgl. des Auftauchens neuer Drogen, Veränderungen im Konsumverhalten & über Änderungen in Reinheit oder Zusammensetzung der Drogen
- Mindeststandards für die Versorgung notwendig, auch Unterschieden bei den Substanzen in den verschiedenen europäischen Ländern oder noch regionaler
- viele Drogenintoxikationen mit KH-Einweisung haben folgende Gemeinsamkeiten
- i.d.R. Mischintoxikationen aus mehreren illegalen und legalen Substanzen wie Energydrinks oder Alkohol (bei ca. 2/3 der Patient*innen nach kurzer Beobachtung wieder Entlassung)
- genaue Vitalparameter-Überwachung notwendig, auch bei leichteren Intoxikationen
- Therapie i.d.R. unterstützend und symptomkontrollierend (Erregungszustände, Hyperthermie, kardiovaskulärer & neurologischer sowie psychiatrische Symptome)
- vor Entlassung Beratungsgespräch bzgl. der Verhinderung weiterer unerwünschter Ereignisse
- stationäre Therapie bei bis zu 27 % der Patient*innen (bei 7,6 % sogar ITS-Aufnahme)
- Moralitätsrate bei ca. 0,1 % (europ. Daten aus 41 Zentren in 21 europäischen Ländern)
Fallstricke & Herausforderungen
- eine der größten Herausforderungen sind Patient*innen mit klinischen Symptomen bei polyvalentem Drogenkonsum (in ca. 38,8 % der Fälle)
- überwiegende Mehrheit der NPS und der synthetischen Analoga alter Droge mit den in den Krankenhäusern verfügbaren Drogentests nicht nachweisbar bzw. fehlende Verfügbarkeit von Tests für Nachweis spezifischer Drogen
- Zunahme des Konsums von Cannabis und seiner Derivate (an erster Stelle in Europa) wir aktuell zu sehr banalisiert, v.a. bei Medikamente mit Cannabinoiden, aber auch gerauchten Cannabinoiden (Folge sind z.B. Psychosen, Arrhythmien oder zerebrale Ischämien)
- immer relevanter wird die Verwendung von Fettemulsionen als Antidot bei schweren Mischintoxikationen mit fettlöslichen Drogen, die zum therapieresistenten Schock oder Herzstillstand führen können (z.B. Kokain)
Hauptziele bei intoxikiert Patient*innen
- Einnahme mehrerer Drogen als Grund für die Vorstellung in Betracht ziehen (ggf. auch gleichzeitige Einnahme von Medikamenten und Alkohol) –> Prüfung auf mehrere Syndrome toxikologischer Natur sowie Therapie mit jew. Antidot
- oftmals keine spezifische Behandlung vorhanden, sondern supportive Therapie
- kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter bei allen Drogenintoxikierten (v.a. bei kardiovaskulären Symptomen EKG-Diagnostik bzgl. QT-Verlängerungen)
- keine routinemäßige Drogentestung bei alkoholisierten Patient*innen
- alternativ zu allgemeinen Drogentest sind Algorithmen für die Entnahme von Blut- & Urinproben für komplexeste Fälle sinnvoll (z.B. Patient*innen mit Diskrepanz zw. konsumierter Substanz und vorliegenden Symptomen oder bei negativen Tests mit wichtigen toxikologischen Syndrom, wie derNachweis von NPS)
- „Nachschlagewerke“/Listen mit vollständiger & detaillierter Beschreibung der Symptome bei der jeweiligen Intoxikation sowie retrospektive Überprüfung der Fälle und Forschung
- wann immer möglich, Patient*innen bei Entlassung an Drogenberatung, Entzugsklinik o.Ä. überweisen
- Entwicklung langfristiger Strategien zum Aufrechterhalten des engen Kontakts mit Polizei, Gerichtsmedizin. Drogenbeauftragten etc.
Blick in die Zukunft (Herausforderungen)
- vielfältigere klinische Notfallbilder durch Konsum von synthetischen Cannabinoiden oder NPS des Typs Phenylethylamin mit mehr kardiovaskulären Problemen
- Informations- & Frühwarnsysteme erforderlich, bei denen die Notaufnahmen eine tragende Rolle für die Erkennung und Wissensmehrung spielen
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