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Leitlinie „Akute Herzinsuffizienz und mechanische Kreislaufunterstützung“ der DGPK

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler
Klassifikation gemäß AWMF: S2K
Datum der Veröffentlichung: 29.02.2020
Ablaufdatum: 28.20.2025
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/023-032.html

Definition

  • pathophysiologisches und klinisches Zustandsbild, das aus. einer ventrikulären (myokardialen) Dysfunktion, einer abnormen Volumen- oder Drucküberlastung des Herzens oder deren Kombination resultiert
  • Sauerstoffbedarf des Körpers kann aufgrund des plötzlich reduzierten Herzzeitvolumens nicht mehr gedeckt werden
  • sekundäre Funktionseinschränkungen weiterer Organe (u.a. Niere, Leber, zentrales Nervensystem) mit einer metabolischen Laktatazidose
  • molekulare und zelluläre Veränderungen sowie die Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems wirken sich durch einen Anstieg der Herzfrequenz sowie Salz- und Wasserretention zusätzlich negativ auf die Arbeitsbedingungen des Herzens aus, schädigen die Kardiomyozyten aber auch unmittelbar

körperliche Befunde und Leitsymptome

LeitsymptomUntersuchungsbefunde
Kongestion– Tachy-/Dyspnoe
– Orthopnoe
– Husten
– Hepatomegalie
– Aszites
– periphere Ödeme
– Jugularvenenstauung
verminderte Perfusion– Haut: kühl, blass, marmoriert, grau, Ausschöpfungszyanose
– Blutdruck: erniedrigt, verminderte Amplitude
– Puls: flach, tachykard
– Auskultation: Gallopprhythmus
– verminderte kapilläre Füllungszeit
– Neurologie: Unruhe, Bewusstseinstrübung/-verlust
– Erbrechen
– Oligurie/Anurie

Pathophysiologie und Hämodynamik

LeitsymptomHämodynamik/Pathophysiologie
aortopulmonaler ShuntLinks-Rechts-Shunt, Volumenbelastung,
verminderte Koronarperfusion
KlappeninsuffizienzVolumenbelastung durch Pendelvolumen
kritische
Ausflusstraktobstruktion
Druckbelastung, evtl. Ductusabhängige
systemische / pulmonale Perfusion
Kardiomyopathiensystolische/diastolische Dysfunktion
KoronaranomalienKoronarinsuffizienz
tachykarde Arrhythmiensystolische Dysfunktion und diastolische
Füllungsstörung
Myokarditissystolische Dysfunktion
High output
Herzinsuffizienz
Sepsis
Anämie
arteriovenöse Fistel
– systemischer Widerstandsverlust
– Volumenüberlastung

Diagnostik

  • EKG zur Rhythmusanalyse und Ischämiediagnostik durchführen
  • Basismonitoring
    • EKG: 3-Kanal-EKG, Schrittmachererkennung
    • Pulsoxymetrie: Fehlerhaftigkeit bei sehr niedriger SaO2; bei Ductusabhängigen Herzfehlern eventuelle differentielle Sättigung prä- und postductal beachten
    • Blutdruckmessung: bei medikamentöser Therapie mit Vasopressoren (z.B. Noradrenalin), Inotropika (z.B. Dobutamin, Suprarenin) muss Blutdruckmessung invasiv erfolgen
    • Flüssigkeitsbilanzierung
    • Temperaturmessung zentral und peripher

Differentialdiagnose der akuten Herzinsuffizienz

  • kardiale Ursachen
    • Myokarditis/Kardiomyopathie
    • Herzrhythmusstörungen
    • Perikardtamponade
    • Klappenstenose/-insuffizienz, erworben
    • Herzfehler
      • ductusabhängige Herzfehler
      • kritische Ausflusstraktstenose
      • AV-Klappeninsuffizienz
      • Koronaranomalie
  • nicht-kardiale Ursachen
    • pulmonale Hypertension
    • hypertensive Krise
    • extrakardiale arteriovenöse
    • Shunts
    • septischer Schock
    • Anämie
    • Spannungspneumothorax
    • Trauma
    • Intoxikation
    • Thyreotoxikose

Therapie

  • Sauerstoffgabe bei SpO2 < 90 % zur Verbesserung der Gewebeoxygenierung
    • CAVE: Sauerstoffgabe kann bei Shunt-abhängiger Lungenperfusion, Rezirkulationsvitien und insbesondere bei Herzfehlern mit Parallelzirkulation (z.B. Hypoplastisches Linksherzsyndrom) die Herzinsuffizienz aggravieren
  • Beatmung mit positiv endexspiratorischem Druck bei schwerer Kreislaufinsuffizienz
  • bei schwerer Dekompensation PEEP-Beatmung (invasiv oder non-invasiv)
  • Sedierung/ Relaxierung zur Intubation kann durch Wegfall endogener Katecholamine und durch peripheren Widerstandsverlust Herz-Kreislaufstillstand provozieren
  • bei AHI sollte Sauerstoffverbrauch gesenkt werden (z.B. Antipyrese/ Kühlung, Sedierung, Relaxierung)
  • bei kritischer Kreislaufsituation/Schock/Herzkreislaufstillstand
    • frühzeitige Verlegung des Patienten in eine Intensivstation
    • Reanimation nach publizierten Standards
    • Überprüfung kausaler Therapiemöglichkeiten (Katheterintervention; Operation)
    • Intoleranz der chronischen Herzinsuffizienzmedikation (Nachlastsenker oder β-Blocker) – Unterbrechung erforderlich

medikamentöse Therapie

  • bei akutem Rechtsherzversagen zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden koronaren Perfusionsdrucks Gabe von Vasopressoren (z.B. Noradrenalin)
Vorlast-Optimierung
  • Volumen-Mangel
    • probatorische Volumengabe (initial 10 – 30 mL/kg Vollelektrolytlösung)
  • Volumen-Überlastung
    • bei stark erhöhtem Füllungsdruck oder klinischen Zeichen pulmonaler oder systemvenöser Kongestion rasche Optimierung der Vorlast durch Volumenentzug (Diuretika) bzw. die Gabe von Nitroglycerin, ggf. ebenfalls in Kombination mit einer Inotropiesteigerung bzw. Nachlastsenkung
Nachlast-Optimierung
  • Inodilatator-Gabe (z.B. PDE-III-Inhibitor (Milrinon), weniger Nachlast-effektiv: Dobutamin) oder indirekt über effektive Analgosedierung
  • bei Vorliegen einer arteriellen Hypotension sollten (nach Ausgleich eines Volumenmangels) positiv inotrope Medikamente ohne Nachlastsenkung eingesetzen (in der Regel Adrenalin), insbesondere um die Koronarperfusion nicht zu verschlechtern
    • Einsatz von niedrig dosierten Vasopressoren (Noradrenalin, Vasopressin) kann sinnvoll und – aufgrund der geringeren/fehlenden Chronotropie – von Vorteil gegenüber Adrenalin sein
Chronotropie
  • Absenkung der Körpertemperatur durch Kühlung (ggf. mit Relaxierung)
  • in ausgewählten Indikationen unter Beachtung der Hämodynamik am ehesten kurzwirksame Betablocker (z.B. Landiolol, Esmolol per infusionem) sowie Digoxin i.v. in Betracht
Inotropie
  • positiv inotrop wirksame Medikamente (z.B. Milrinon, Dobutamin, Suprarenin) insbesondere bei akutem Herzversagen mit arterieller Hypotension
Dosierungen
  • Adrenalin/Epinephrin: 0,01 – 0,1 (-1) µg/kg/min
  • Dobutamin: 5 – 10 (- 20) µg/kg/min
  • Noradrenalin/Norepinephrin: 0,01 – 0,1 – 1 µg/kg/min
  • Urapidil: 1 – 4 mg/kg als Bolus; 0,5 – 2 mg/kg/h
  • Metoprolol: 0,5 – 2 – 5 µg/kg/min
  • Furosemid 0,1 – 0,5 mg/kg/h iv (kurzfristig bis 1 mg/kg/h), Tagesdosis 3 – 12 (-20) mg/kg/d
Published inLeitlinien kompakt

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