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Leitlinie „Diabetic Ketoacidosis (DKA) and Hyperosmolar Hyperglycaemic State (HHS) – Emergency management in children“ des CHQ

veröffentlichende Fachgesellschaft: Queensland Hospital and Health Service (CHQ)
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 09.07.2024
Ablaufdatum: 09.07.2028
Quelle/Quelllink: https://www.childrens.health.qld.gov.au/for-health-professionals/queensland-paediatric-emergency-care-qpec/queensland-paediatric-clinical-guidelines/dka-hyperosmolar-hyperglycaemic-state

Grundsätzliches

diabetische Ketoazidose (DKA)

  • schwere Stoffwechselstörung und Hauptursache für Morbidität & Mortalität bei Kindern & Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes
  • Pathomechanismen
    • Abnahme des wirksam zirkulierenden Insulins, Insulinresistenz und erhöhte Produktion von gegenregulatorischen Hormonen –> erhöhte hepatische & renale Glukoseproduktion und gestörte periphere Glukoseverwertung –> Hyperglykämie & Hyperosmolalität
    • erhöhte Lipolyse + Überproduktion von Ketonen –> Ketonämie & metabolische Azidose
    • Hyperglykämie + Azidose –> osmotischer Diurese, Dehydratation & Elektrolytverlust
  • DKA kann in jedem Alter mit/ohne vorherige Diabetes-Typ-1/-Typ-2-Diagnose auftreten
  • Hirnödem ist seltene, aber schwere Komplikation, die bei etwa 1 % der Kinder auftritt
  • DKA-Diagnosekriterien (ALLE der folgenden Punkte)
    • Hyperglykämie (BZ > 198 mg/dL)
    • venöser pH-Wert < 7,3 und/oder HCO3 <18 mmol/L
    • mäßige/ausgeprägte Ketonaemie/Ketonurie
  • Schweregrade der DKA
milde DKAmoderate DKAschwere DKA
pH-Wert zw. 7,2 – 7,3
ODER
HCO3 < 18 mmol/L
pH-Wert zw. 7,1 – 7,2
ODER
HCO3 < 10 mmol/L
pH-Wert < 7,1
ODER
HCO3 < 5 mmol/L

hyperosmolarer hyperglykämischer Zustand/Koma (HHS)

  • Zustand extremer Hyperglykämie & Hyperosmolalität ohne Ketose, der i.d.R., aber nicht ausschließlich, beim Typ-2-Diabetes auftritt
  • bei jungen Menschen seltener als die DKA, nimmt aber aktuell zu, da die Inzidenz des Typ-2-Diabetes steigt
  • Komplikationen beim HHS
    • venöse Thromboembolien in Verbindung mit Anlage zentraler Venenkathetern
    • Rhabdomyolyse infolge von Hypophosphatämie (–> Nierenschäden)
    • maligne Hyperthermie (selten)
  • Diagnosekriterien
    • Hyperglykämie (BZ > 595 mg/dL)
    • venöser pH-Wert > 7,25 und/oder HCO3 > 18 mmol/L (Laktat kann leichte Azidose bedingen)
    • geringe Ketonurie
    • fehlende bis leichte Ketonämie < 1,1 mmol/L
    • effektive Serumosmolalität > 320 mOsm/kg
  • Risikofaktoren für HHS
    • Adipositias
    • Anzeichen einer Insulinresistenz (Acanthosis nigricans)
    • Familienanamnese bzgl. Typ-2-Diabetes

Anamnese & Diagnostik

  • Anamnese bzgl.
    • Polydipsie & Polyurie (CAVE: kann bei Kleinkindern fehlen)
    • Enuresis und/oder Einnässungsunfälle (wenn Kind eigentlich selbstständig zur Toilette geht)
    • Gewichtsverlust und/oder gesteigerter Appetit
    • Erbrechen
    • Unterleibsschmerzen
    • unspezifische Symptome eines allgemeinen Unwohlseins
    • Medikamentenanamnese mit Schwerpunkt auf etwaigen Änderungen der Medikamente oder Therapien in letzter Zeit (z.B. Kortikosteroide, Thiazide, Symphathomimetika, Pentamidin, antipsychotische Medikamente und SGLT2-Inhibitoren)
  • körperliche Untersuchung bzgl.
    • Gewicht
    • Flüssigkeitszufuhr
    • Atmung (Hyperventilation = Merkmal für azidotische Atmung)
    • mögliches Hirnödem (Symptomen: Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Bradykardie, Hypertonie & vermindertes Bewusstsein sowie Papillenödem als Spätzeichen)
    • mögliche Infektionen, inkl. Appendizitis, Ileus & Pankreatitis
    • CAVE: Sepsis bei Kindern mit DKA & Fieber oder Schock in Betracht ziehen
  • Beurteilung der Dehydratation
    • Beurteilung von RR, Pulsfrequenz & -volumen, Rekap, Hautfarbe, Schleimhäuten & Gewebeturgor (CAVE: Volumendefizit ist bei DKA schwer genau zu beurteilen, v.a. bei Kleinkindern)
    • Serumharnstoff & Anionenlücke als gute Indikatoren für Dehydratation
    • besondere Aspekte bei DKA:
      • Tachypnoe infolge Azidose kann Mundtrockenheit verschlimmern
      • durch Azidose bedingte Vasokonstriktion –> Auftreten kühler Extremitäten
      • Gewichtsverlust durch Katabolismus aufgrund Insulinmangel
    • Schweregrad der Dehydratation und Schätzung des Volumendefizits bei DKA
milde Dehydration bei milder DKA ~ 5 %moderate Dehydration bei moderater DKA ~ 5 %schwere Dehydration bei schwerer DKA ~ 5 %lebensbedrohlicher Schock
Gerade noch klinisch nachweisbarTrockene Schleimhäute, verminderter HautturgorTrockene Schleimhäute, verminderter Hautturgor, eingefallene Augen, schlechter KapillarrückflussSchwere Erkrankung mit schlechter Durchblutung, schwacher, schneller Puls (reduzierter Blutdruck ist ein sehr spätes Zeichen)
  • initiale Basisdiagnostik bei DKA & HHS
    • BZ (CAVE: am Finger bei Kreislaufproblemen und Azidose ggf. ungenau)
    • Blutketone am Finger (besser als Urinketone; Urinketone nur, wenn Blutketone nicht verfügbar)
    • Harnstoff & Elektrolyte (Serumharnstoff > 9,0 mmol/L = Hinweis für schwere Dehydratation)
    • venöser pH-Wert & Säure-Basen-Status
    • HbA1C (für spätere Analyse)
    • weitere Untersuchungen, die bei einem Kind mit neu diagnostiziertem Diabetes erforderlich sind, sind TFT (Schilddrüsenuntersuchung) sowie Gesamt-IgA und TTG (Zöliakie-Test)

Therapie der DKA

  • rasche Erstuntersuchung mit ABCDE-Beurteilung
  • Korrektur von Dehydratation & Elektrolytanomalien über 72 h erfolgen
  • keine Gabe hypotoner Lösungen (CAVE: erhöhten intrakraniellen Druck)

Flüssigkeits- & Elektrolytersatztherapie

  • Verabreichung von Flüssigkeit i.v. vor Insulingabe führt zu erheblichem BZ-Abfall
  • Ziele der Flüssigkeits- und Elektrolytersatztherapie bei DKA
    • Wiederherstellung des zirkulierenden Volumens
    • Ausgleich von Natrium- & Wasserdefizits über 48 h
    • Bewältigung des vorhersehbaren Absinkens der Serumkaliumkonzentration nach Beginn der Insulintherapie & Beginn der Rückbildung der Ketoazidose
    • GFR-Wiederherstellung mit verbesserter Ausscheidung von Glukose & Ketonen aus dem Blut
    • Insulintherapie zur BZ-Normalisierung und zur Unterdrückung der Lipolyse & Ketogenese
    • Vermeidung von Hirnödemen
  • Therapie der mittelschweren bis schweren DKA
    • empfohlene Initialtherapie: Flüssigkeitstherapie, gefolgt von Insulin nach einer Stunde
    • initial 10 mL/kg NaCl 0,9 % als Bolus über 20 – 30 min (bei Bedarf Wdh. bis max. 20 mL/kg)
    • verändertes Bewusstsein steht in direktem Zusammenhang mit Grad der Azidose
    • keine Nahrungsaufnahme, außer Eis zum Lutschen
    • ggf. Ondansetron bei Übelkeit (andere Antiemetika wegen Sedierung nicht empfohlen)
    • Magensonde bei vorliegender Magenparese erwägen
    • orale Flüssigkeitsgabe erst nach Zustandsbesserung (BZ < 270 mg/dL & Bewusstseinsbesserung)
  • Therapie der leichten DKA (stabiler Zustand, normaler GCS, orale Flüssigkeitszufuhr mgl., normale Perfusion, < 5 % Dehydration, pH zw. 72 – 7,3 sowie HCO3 < 18 mmol/L)
    • kurzwirksames Insulin wie Actrapid/Humulin R) ODER ultrakurz wirksame Insulinanaloga wie Humalog/NovoRapid (0,1 – 0,2 Einheiten/kg alle 4 – 6 h; bei Kindern < 5 Jahre 0,05 Einheiten/kg)

Insulin-Gabe

  • Rehydratation allein kann BZ bis zu einem gewissen Grad senken, jedoch ist Insulintherapie erforderlich, um BZ zu normalisieren und Lipolyse & Ketogenese zu unterdrücken
  • Insulintherapie per Infusion bei mittelschwerer & schwerer DKA (nur kurzwirksame Insuline, z.B. Actrapid oder Humulin R; Infusionssystemwechsel alle 24 h wegen Denaturieren des Insulin)
    • 0,1 Einheiten/kg/h als kontinuierliche Insulininfusion
    • bei Adipositias für Dosierung endologisches Konzil
    • bei Säuglingen mit sehr schwerer DKA Dosierung von 0,05 Einheiten/kg/h erwägen
    • Vorbereitung bei Spritzenpumpe: 50 Einheiten (0,5 mL) + 49,5 mL NaCl 0,9% (Insulinkonzentration = 1 U/mL)
    • Vorbereitung ohne Spritzenpumpe: 50 Einheiten (0,5 mL) in 500-mL-Infusion NaCl 0,9 % (Insulinkonzentration = 0,1 U/mL; Gabe über Infusomat/Tropfenzähler)
    • während Insulininfusion stündliche BZ-Messungen
  • vorhandende Insulinpumpe deaktivieren –> primär von Pumpenproblem ausgehen

Behandlung von Hirnödemen

  • Hirnödem kann jederzeit auftreten, am häufigsten tritt jedoch 4 – 12 h nach Therapiebeginn
  • Red Flags
    • rasch fortschreitende neurologische Verschlechterung mit verändertem/fluktuierendem Bewusstsein
    • Kopfschmerzen
    • neurologische Auffälligkeiten (Unruhe, Reizbarkeit, erhöhte Schläfrigkeit, Inkontinenz)
    • rezidivierendes Erbrechen
    • Bradykardie & Hypertonie
    • sinkendes SpO2
    • Hirnnervenlähmung sowie abnormale Pupillenreaktion & Körperhaltung (Beuge-, Strecksynergismen)
  • Risikofaktoren für Hirnödeme
    • neu aufgetretener Typ-1-Diabetes
    • erhöhter Serumharnstoff
    • schwere Dehydratation
    • schwere DKA (pH-Wert ≤ 7,1)
    • niedrige HCO3-Werte
    • Alter < 5 Jahre
    • reduziertes Bewusstsein
  • Therapie des Hirnödems
    • Kopfhochlagerung (30 °)
    • High-Flow-Sauerstoffgabe über Maske ohne Rückatmung mit Reservoirbeutel
    • Flüssigkeitszufuhr verringern nach Absprache mit Spezialist*innen
    • Gabe von 3 mL/kg (1 – 5 mL/kg) NaCl 3 % pro Gabe über 10 – 15 min ODER 0,25 – 0,5 g/kg Mannitol 20 % i.v. (20 g/ 100 mL) über 10 – 15 min bei Hirndruckzeichen & drohendem Atemstillstand
    • Intubation & Beatmung erwägen (Ziel-etCO2 von 35 – 40 mmHg; CAVE: aggressive Hyperventilation assoziiert mit schlechtem Outcome)

Therapie des HHS

  • rasche Erstuntersuchung mit ABCDE-Beurteilung
  • Therapie bei Patient*innen im Schock (i.d.R. Flüssigkeitsdefizit von 12 – 15 %)
    • 20 mL/kg NaCl 0,9 % als Bolus (Bolusgabe nach Bedarf wiederholen; Flüssigkeitsersatz allein senkt BZ um 4 – 5 mmol/h)
    • Insulingabe, wenn BZ durch Rehydrierung allein nicht sinkt (0,025 – 0,05 Einheiten/kg/h) –> Ziel ist Senkung um < 3 – 4 mmol/h
  • Komplikationen bei HHS
    • venöse Thromboembolien –> Prophylaxe bei Patienten mit ZVK erwägen
    • Rhabdomyolyse als Folge einer Hypophosphatämie (Phosphat-, Kalzium-, Magnesium- & Kreatinin-Kinase-Messung alle 2 h –> bei Hypophosphatämie < 0,5 mmol/L Gabe von 0,2 – 0,5 mmol/kg Kaliumphosphat-/Kaliumchlorid-Mischung innerhalb von 24 h ODER bei Hypomagnesiämie Gabe von 25 – 50 mg/kg Magnesiumchlorid pro Gabe als 4 Infusionen mit jeweils 6 h Abstand)
    • maligne Hyperthermie –> Rücksprache mit ITS
Published inLeitlinien kompakt

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