Skip to content

Leitlinie „Chemical, Biological, Radiological and Nuclear (CBRN) Injury – Part 1 – Initial Response to CBRN Agents“ des JTS

veröffentlichende Fachgesellschaft: Joint Trauma System – Department of Defense Center of Excellence for Trauma
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 01.05.2018
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://jts.health.mil/index.cfm/PI_CPGs/cpgs

Grundprinzipen bei CBRN-Unfällen

  • CBRN-Exposition erkennen; Maßnahmen zum eigenen Schutz und dem anderer treffen
  • PSA anlegen
  • von der Bedrohung entfernen
    • gegen den Wind bewegen; bergauf oder flussaufwärts von der Bedrohung
  • Symptome einer CBRN-Exposition erkennen, die sofortige Behandlung erfordern
  • ggf. Atemwegsmanagement (Absaugen, Atemwegssicherung, manuelle und mechanische Beatmung)
  • schnelle Dekontamination an Ort und Stelle durchführen
  • Identifizierung und Benennung der Hot-/Warm-/Cold-Zones
  • ggf. Einrichten einer Sammelstelle für kontaminierte Personen
  • Kreuzkontamination bedenken und geeigneter Maßnahmen zu deren Vermeidung ergreifen

initiale Patientenversorgung

  • Nachschub an Antidots und CBRN-Teams anfordern
  • Atemwegssicherung und Beatmung sicherstellen (vermuteter Bedarf an Utensilien zur Atemwegssicherung und zur Beatmung/an Beatmungsgeräten)
  • Überwachung der Patient*innen
    • Monitor-Überwachung
    • etCO2-Messung
    • Hypothermie-Management (Aufrechterhaltung Normothermie)

Dekontamination

  • weitere Kontaminationen verhindern
  • alle Kleidungsstücke (und Ausrüstungsgegenstände) ausziehen; kontaminierte Gegenstände ordnungsgemäß entsorgen
  • bei Strahlenexposition Wunden vor weiterer Dekontamination abdecken (sanfte Dekontamination, da die Absorption von Radionukliden erhöht sein kann, wenn die Haut gerötet ist)
  • Dekontaminationslösungen
    • Seife und Wasser in ausreichender Mengen
      • physikalisch-mechanische Entfernung und Verdünnung der Agenzien
      • bedenken, dass dabei keine biologischen Agenzien zerstört und keine radioaktiven Partikel neutralisiert werden
    • 0,5%ige Hypochlori-Lösung
      • 9 Teile Wasser + 1 Teil 5%ige Bleiche
      • Haut damit abwaschen und mit frischem Wasser abspülen
      • kann auch bei offenen Wunden verwendet werden; Ausnahmen: Brust- oder Bauchhöhle (Risiko von Adhäsionen), offene Wunden am Kopf, freiliegende Hirnmasse oder Rückenmark (nicht absehbare Wirkungen) oder Augen (Risiko einer Hornhauttrübung)
    • chirurgische Lösungen für offene Wunden der Brust- und Bauchhöhle
    • Wasser, normale Kochsalzlösung oder Augenlösungen für Augenverletzungen
  • bei biologischen Stoffen die üblichen Schutzmaßnahmen gegen Infektionskrankheiten ergreifen

Erregeridentifikation

  • entscheidender Schritt bei der Behandlung von betroffenen Patient*innen
  • verfügbare Informationen, Technologie (Detektoren) und die klinische Präsentation de Patient*innen kombinieren, um Krankheitserregern zu identifizieren
  • bedenken, dass Mischexpositionen möglich sind

Triage & Evakuierung

  • aufgrund der unterschiedlichen Arten von Kontamination nach chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Ereignissen sind spezifische Triage-/Evakuierungs-Pläne erforderlich
  • Eigensicherung geht ergal wie vor!
  • Triage am besten durch erfahrenen Helfer durchführen lassen
  • Triage erfolgt während der Dekontamination, der medizinischen Behandlung und der Evakuierung; reevaluierende Triage
    • Reihenfolge der Dekontamination ggf. nach Ausmaß der Exposition und nicht nach dem ersten Auftreten von Symptomen, da Symptome verzögert auftreten können
    • bedenken, dass der Dekontaminationsprozess den Zustand des Verletzten erheblich verändern kann
    • auf Unterkühlung, nicht mehr sistierende Blutungen und andere klinische Veränderungen achten

TCCCC (Tactical Combat CBRN Casualty Care)

  • Beurteilung und Behandlung von CBRN-Verletzten ist komplex aufgrund der Kombination aus lebensbedrohlichen Symptomen/Verletzungen und der Gefahr einer Kontamination sowie der Komplexität von Kombinationen aus CBRN-Verletzungen und penetrierenden Traumata
  • schrittweises Vorgehen gemäß CRESS-Algorithmus; Algorithmus zur Beurteilung und Behandlung von CBRN- und traumatischen Verletzungen
    • C – Consciousness (Vigilanz/Bewusstsein)
      • Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen, Unruhe
    • R – Respirations (atmung)
      • vorhanden oder nicht vorhanden, erschwert, verstärkt oder vermindert
    • E – Eyes (augen)
      • Pupillen verengt, geweitet, normal
    • S – Secretions (Schwitzen)
      • trocken, normal, vermehrt
    • S – Skin (Haut)
      • schwitzig, trocken, heiß, Zyanose
  • bedenken, dass es auch bei CBRN-Unfällen unterschiedliche Erscheinungsbilder gibt
    • bei Chlorunfällen mehr auf toxische Inhalationssymptome achten
    • einige CBRN-Agenzien, wie z.B. Nervenkampfstoffe, können schnell tödlich sein

CRESS-Befunde für ausgewählte chemische Arbeitsstoffe

AgentsBewusstseinAtmungAugenSchwitzenHaut
NervenkampfstoffeBewusstseinsminderung oder BewusstlosigkeiterhöhtMiosiserhöht (Tränenfluss, Rhinorrhoe, Speichelfluss, Bronchialsekret)Schüttelfrost
CyanideBewusstseinsminderung oder Bewusstlosigkeiterhöhtnormalnormalggf. bei fortgeschrittenem Schock Rötung oder Zyanose
Chlor, Phosgen (verzögerte Wirkungen)normal (Asphyxie führt ggf. zu Bewusstseinsverlust)erhöhtnormal– erhöht (Tränenfluss, Rhinorrhoe, Speichelfluss)
– verzögerte Sekretion in den Lungen
normal
Hautkampfstoffenormalerhöht bei Dampfnormal– erhöht (Tränenfluss, Rhinorrhoe, Speichelfluss)
– verzögerte Sekretion in den Lungen bei sehr hohen Dosen
anfangs normal
OpioideBewusstseinsminderung oder BewusstlosigkeitgemindertMiosisnormalnormal
AnticholinergikaAgitationnormal oder gemindertMydriasisgeminderttrocken und heiß
Mittel zur Bekämpfung von Unruhennormalnormal oder gemindertnormalTränenfluss, Rhinorrhoe, Speichelflussnormal

Integration des (MARCHE)2-Algorithmus bei CBRN-Lagen

  • M – massive hemorrhage/Mask (massive Blutung/Maske)
  • A – Airway/Antidote (Atemwege/Antidote)
  • R – Respiration/Rapid spot decontamination (Atmung/Schnelldekontamination vor Ort)
  • C – Circulation/Countermeasure (Kreislauf/Gegenmaßnahme)
  • H – Hypothermia/Head injury (Hypothermie/Kopfverletzung)
  • E – Extraction/Evacuation (Extraktion/Evakuierung)

Das Akronym (MARCHE)2 bzw. der (MARCHE)2-Algorithmus kombiniert den MARCH-Algorithmus mit den relevanten Maßnahmen bei CBRN-Lagen.

Phase 1 – Hot Zone/Care under Fire

  • Priorität auf Schutz vor Bedrohung und Entfernung von der Gefahr
  • Unfallopfer als auch Helfer sollten Schutzmasken tragen
  • nur schnelle lebenserhaltende Maßnahmen treffen (z.B. massive Blutungen)
  • schnelle Beurteilung der Atemwege und der Atmung
    • übermäßige Sekretion und verstärkte Atmung: Hinweis auf Nervenkampfstoffexposition
  • Beurteilung, ob Antidot-Gabe so schnell wie möglich oder verzögert stattfinden kann
  • Schnelldekontamination vor Ort
  • Therapie von Cyanid-Intox in Betracht ziehen (Gabe von Hydroxocobalamin)
  • Therapie bei Opiod-Intox bei Atemdepression in Betracht ziehen (2 mg Naloxon i.m./i.n.)

Phase 2 – Warm Zone/Tactical Filed Care

  • Hauptaugenmerk auf Dekontamination und Neubewertung
  • klinischer Zustand des Unfallopfers kann sich durch Maßnahmen verändert
  • Ziel ist, schneller Transfer in die Cold Zone zur endgültigen Versorgung, also nur lebensrettende Maßnahmen in der Warm Zone
  • Dekontamination und Behandlung können synchron ablaufen
  • hinsichtlich äußerer Blutungen und Schock untersuchen
  • erhebliches Risiko der Unterkühlung

Phase 3 – Cold Zone/Tactical Evacuation Care/Prolonged Field Care

  • erneute Reevaluation/Triage
  • wenn möglich, sollten kontaminierte Wunden mit sauberem Wasser nachgespült werden
  • bei Arbeit mit kontaminiertem Fremdmaterial oder Verbandmaterial 3 Paar Nitrilhandschuhe tragen
    • äußere Handschuh sollte alle 20 Minuten entsorgen
Published inLeitlinien kompakt

Be First to Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert