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Leitlinie „Distale Radiusfraktur des Erwachsenen“ der DGOU

veröffentlichende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
Klassifikation gemäß AWMF: S2e
Datum der Veröffentlichung: 01.03.2021
Ablaufdatum: 28.02.2026
Quelle/Quelllink: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012-015.html

Unfallmechanismus

  • Frakturlokalisation und Frakturtyp abhängig im wesentlichen
    • von der Position des Handgelenkes während des Sturzes
    • vom Alter des Patienten
  • Sturz auf die extendierte oder flektierte Hand oder Sportunfälle
  • Patienten: < 40 Jahre meist Hochenergie-Traumen
    • Stürze und Verkehrsunfälle
    • Geschlechterverteilung: etwa gleich, mit einem leichten Übergewicht männlicher Patienten (1,4x mehr zwischen – 40.Lebensjahr)
  • Patienten: > 40 Jahre Niedrigenergie-Traumen
    • Bagatelltraumen, z.B. Fall aus dem Stand
    • Geschlechterverteilung: Deutlich mehr Frauen als
      Männer (Risiko 6,2x höher)
    • Sturz auf die extendierte oder flektierte Hand
    • Unfallursachen im Alter: Sturz im häuslichen Umfeld
    • Sturz bei Herzrhythmusstörungen oder zerebraler
      Ischämie

präklinisches Management

Analyse des Unfallhergangs

  • Abklärung der Sturzursache
  • Handgelenkstellung beim Sturz
  • direktes/indirektes Trauma
  • Ausmaß der Gewalteinwirkung
  • Tragen von Orthesen / Handgelenkschutz z.B. beim Inline-Skaten

Notfallmaßnahmen und Transport

  • Schienenruhigstellung der verletzten Extremität
  • adäquate Analgesie (Schmerzdämpfung, -bekämpfung)
  • Reposition unter axialem Zug bei extremer Fehlstellung
  • mit
    • Weichteilschaden
    • neurologischen Ausfällen
    • Durchblutungsstörungen

Dokumentation

  • Durchblutung, Sensibilität, Motorik, durchgeführte Maßnahmen

Anamnese

  • Stellung des Handgelenks in
    • Extension
    • Flexion
    • Pronation
    • Supination
  • Rückschlagmechanismus
  • adäquates Trauma
  • gesetzliche Unfallversicherung
    • in Deutschland muss der Patient bei allen Arbeitsunfällen, bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit, bei Unfällen in Zusammenhang mit Studium, Schule und Kindergarten sowie allen anderen gesetzlich versicherten Tätigkeiten einem zum Durchgangsarztverfahren zugelassenen Arzt vorgestellt werden
    • Unfallmeldung durch Arbeitgeber, wenn Unfall Arbeitsunfähigkeit von > 3 Kalendertagen oder den Tod zur Folge hat

Vorerkrankungen und Verletzungen

lokal

  • vorausgegangene Verletzungen und/oder Voroperationen z.B. Fraktur des Radius, Luxation der Handwurzel, karpale Instabilität, Scaphoid-Fraktur, Unterarmfraktur, Sehnen- und Nervenverletzungen, Weichteilverletzungen, Fehlbildungen, angeborene Deformitäten an Unterarm und Hand (z.B. Madelung-Deformität)
  • Tumor, z.B. Enchondrom, Metastase
  • Shunt-Arm bei Dialyse
  • Infektion
  • vorbestehendes Kompressionssyndrom (in Guyon-Loge, in Karpaltunnel)
  • vorbestehendes komplexes regionales Schmerzsyndrom (Complex Regional Pain Syndrom (CRPS))
  • Vorerkrankungen der Sehnen/Sehnenscheiden
  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises – neurologische Erkrankungen
  • Lähmung
  • Arthrose im Handgelenk oder Handwurzelbereich – aseptische Nekrose eines Handwurzelknochens – Hauterkrankungen

Allgemein

  • Polyarthrose
  • Arthritiden (z. B. rheumatoide Arthritis)
  • Tumorerkrankung
  • Knochenstoffwechsel-Erkrankungen (Osteoporose,
  • chronische Nierenerkrankung)
  • Stoffwechselstörungen
  • Lymphabfluss-Störungen
  • Gefäßerkrankungen (M. Raynaud)
  • neurogene Erkrankungen (Lähmungen)
  • Suchterkrankung
  • Infektionen (Hepatitis, HIV, multiresistente Keime (MRSA, MRSE)
  • Medikamenteneinnahme, speziell gerinnungshemmende
  • Medikamente (z.B. ASS, Clopidogrel, Cumarine)
  • Allergien z.B. gegen Metalle (z.B. Nickel), Antibiotika

Sozial

  • berufliche Tätigkeit
  • chronische Handgelenk belastende Tätigkeiten
  • sportliche Belastungen
  • Gehbehinderung (Benutzung einer Gehhilfe)
  • vorbestehende Berentung

wichtige Begleitumstände

  • Zusatzverletzung ipsilateral
  • Händigkeit (Rechtshänder, Linkshänder)
  • besondere, das Handgelenk beanspruchende Tätigkeiten (Beruf, Sport, Musik)
  • Zeitpunkt und -Intervall zwischen Unfall und erster
  • Inanspruchnahme eines Arztes

Medikamente

  • gerinnungshemmende Substanzen – oral Antidiabetika, Insulin
  • Langzeit-Cortisonmedikation
  • Zytostatika
  • Anti-Epileptika o. a., den Knochenstoffwechsel erheblich beeinflussende Medikamente

Sonstige

  • Drogenabusus
  • Nikotinabusus
  • Malabsorptionssyndrom
  • gesetzlich versicherter Unfall

Diagnostik

  • Inspektion auf Weichteilschaden, Prellmarken, Schürfungen, Hämatom, Wunden im Frakturbereich (offene Fraktur), Fehlstellung, Vorschäden und/oder Narben
  • Palpation
    • Druckschmerz über dem distalen Radius, über dem distalen Radioulnargelenk, über der distalen Ulna, in der Tabatière oder Gefäß-Status, Durchblutungsstörung
    • Funktionsprüfung
    • Unterarmdrehung
    • aktive/passive Funktion des Handgelenks und der Fingergelenke
    • aktive/passive Beweglichkeit Daumengelenke
    • neurologischer Status
    • Kompartmentsyndrom
  • Untersuchung auf zusätzliche Begleitverletzungen
    • Unterarm, Ellenbogen, Oberarm, Schulter, ipsilateral
    • Kettenverletzungen
    • Verletzung des oberen und unteren Armplexus
    • Verletzung der unteren Extremität, Becken, Wirbelsäule
    • Suche nach typischen Begleitverletzungen des Handskeletts und der Bänder an Mittelhand und Fingern
Published inLeitlinien kompakt

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