Zum Inhalt springen

Leitlinie „Suspected Cannabinoid Hyperemesis (CHS) Syndrome in Emergency Departments“ des RCEM (Update 2023)

veröffentlichende Fachgesellschaft: Royal College of Emergency Medicine
Klassifikation gemäß AWMF:
Datum der Veröffentlichung: 30.06.2023
Ablaufdatum:
Quelle/Quelllink: https://rcem.ac.uk/clinical-guidelines/

Grundsätzliches

  • Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS) = episodisch auftretendes Syndrom des zyklischen Erbrechens im Zusammenhang mit längerem Cannabiskonsum
  • Pathophysiologie von CHS ist nicht eindeutig geklärt; Cannabis kann in niedrigen Dosen als Antiemetikum wirken, aber wiederholter Konsum hoher Dosen zu Erbrechen führen
  • Zeitraum bis zur abschließenden Diagnose liegt bei durchschnittlich 4,1 Jahren
  • CHS kann in schwerster Ausprägung tödlich enden, da viele Patient*innen unter stärksten Schmerzen, Elektrolytanomalien, Hypoglykämie und/oder Nierenversagen leiden
  • CAVE: Identifizierung von Cannabis als Ursache kann auch deshalb schwierig sein, weil Patient*innen Cannabiskonsum nur ungern offenlegen

Symptomatik

  • schwere Übelkeit und Erbrechen in zyklischem Muster über Monate wiederkehrend (100%)
  • Alter < 50 Jahre (100 %)
  • min. einmaliger wöchentlicher Cannabiskonsum (97,4%)
  • Verschwinden der Symptome nach dem Absetzen von Cannabis (96,8%)
  • zwanghaftes heißes Duschen oder Baden mit nachfolgender Symptomlinderung (92,3%)
  • Unterleibsschmerzen (85,1%)
  • regelmäßiger Cannabiskonsum seit mehr als 1 Jahr (74,8 %)

Differentialdiagnosen

  • Erbrechen aufgrund bestehender ZNS-Pathologie
  • intra-abdominale Pathologie
  • Infektion, v.a. gastrointestinal
  • chronisches Übelkeits- und Erbrechenssyndrom
  • diabetische Gastroparese
  • Zyklisches Erbrechen (ICD-10)

Diagnostik

Neben der Untersuchung von Bauchschmerzen und Erbrechen sollte die Untersuchung auch folgende Punkte besonders berücksichtigen:

  • Hypoglykämie
  • akute Nierenschädigung
  • Elektrolytanomalien (Natrium, Kalium, Calcium, Chlorid, Magnesium)
  • metabolische Azidose/Alkalose
  • unbeabsichtigter Gewichtsverlust, insbesondere im Alter >50 Jahre
  • abdominelle Schwellung/Vergrößerung und/oder Veränderung bzgl. Defäkation
  • Anämie

Weiter sollte bedacht werden, dass…

  • … Erbrechen auch ohne zeitlichen Zusammenhang mit Anstieg des Cannabiskonsums auftreten können (zwischen Episoden können Wochen/Monate liegen oder Syndrom kann sich nach jahrelangem Cannabiskonsum entwickeln).
  • … akuter Cannabiskonsum häufig die Übelkeit auch verbessert.
  • … zwischen den einzelnen Episoden Wochen bis Monate liegen können.
  • … Patienten das Syndrom nach einem Cannabiskonsum von weniger als 1 Jahr oder mehr als 11 Jahren entwickeln können.

Therapie

  • verständnisvolle und vorurteilsfreie Gesprächsführung über Cannabiskonsum; berücksichtigen, dass Patienten möglicherweise nervös sind oder zögern, ihren Cannabiskonsum offenzulegen
  • berücksichtigen, dass CHS häufig gegen die üblichen Antiemese mit Cyclizin, Dexamethason, Domperidon, Metoclopramid, Ondansetron, Prochlorperazin und Promethazin resistent ist
  • Schmerzlinderung mit Opiaten ist häufig auch erfolglos
  • bei refraktärer Übelkeit oder Erbrechen Einsatz von 0,05 mg/kg Haloperidol i.m. erwägen
    • CAVE: vorherige Abklärung mittels EKG bzgl. QTc-Verlängerung
    • bei QTc-Verlängerung, Morbus Parkinson oder Lewy-Körperchen-Demenz keine Haloperidol-Gabe
    • sofern weiter refraktär warme Dusche oder heißes Bad in Betracht ziehen
    • alternativ Gabe von Benzodiazepinen, Droperidol, trizyklischen Antidepressiva, Olanzapin, Levetiracetam, Protonenpumpen-Hemmern oder Betablockern erwägen (CAVE: für wirksame Behandlungen mit den genannten Medikamenten gibt es nur äußerst begrenzte Belege)
Published inLeitlinien kompakt

Sei der Erste der einen Kommentar abgibt

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert