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30.01. – Welt-NTD-Tag (vernachlässigte Tropenkrankheiten)

Jedes Jahr am 30. Januar wird seit dem Jahr 2020 initiiert durch die UN und über 150 weiteren Organisationen der Welt-NTD-Tag begangen. Im Mai 2021 erklärte die 74. Weltgesundheitsversammlung (WHA) zum Welttag der vernachlässigten Tropenkrankheiten. NTD steht für Neglected Tropical Diseases, also vernachlässigte Tropenkrankheiten. Weltweit sind mehr als 1.700.000.000 Menschen den Gefahren vernachlässigter Tropenkrankheiten ausgesetzt oder sogar erkrankt, entstellt und oftmals auch arbeitsunfähig. Ziel des World NTD Day ist es auf die Auswirkungen der vernachlässigten Tropenkrankheiten hinzuweisen, von denen i.d.R. die ärmsten Weltregionen betroffen sind, und die Umsetzung wichtiger Maßnahmen und notwendiger Investitionen voranzutreiben. In den betroffenen Regionen gibt es kaum oder gar kein sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Gesundheitsversorgung für eine Vielzahl von Menschen gibt. Das Datum des 30. Januar als jährlicher von der WHO anerkannter globaler Gesundheitstag ist nicht ohne Grund gewählt, sondern lässt sich auf den 30.01.2012 zurückführen. An diesem Tag wurde die „London Declaration on Neglected Tropical Diseases“ verabschiedet und ebenfalls am 30.01., aber im Jahr 2021, startete der aktuelle „Fahrplan“ der UN zur Bekämpfung/Eindämmung der NTDs für den Zeitraum 2021 bis 2030.

Durch die NTDs kommt es infolge zu schweren Erkrankungen bei den infizierten Personen, darunter Krankheitsbilder wie die Flussblindheit oder die Schlafkrankheit, das Dengue-Fieber, Lepra, aber auch die Auswirkungen von Schlangenbissen zählen dazu. Viele dieser Erkrankungen gelten in Regionen wie Afrika oder dem asiatischen Bereich quasi als „Volkskrankheiten“, so wie es die arterielle Hypertonie oder der Diabetes mellitus bei sind.

Genau deshalb lohnt es sich, sich heute mal mit diesen für uns oftmals komplett unbekannten Erkrankungen und Erregern zu beschäftigen, denn nicht nur durch den Klimawandel, sondern auch die Globalisierung, werden wir in den nächsten Jahren ziemlich sicher mehr und mehr auch mit diesen Krankheitsbildern konfrontiert sein.

Was sind vernachlässigte Tropenkrankheiten?

Wie schon erwähnt sind vor allem arme Länder mit einer schlechten Infrastruktur und wirtschaftlichen Situation (kein sauberes Wasser, keine sanitäre Einrichtungen, keine gute Gesundheitsversorgung, schlechte Wirtschaftslage). In diesen Regionen haben Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze, aber auch Giftschlangen gute Möglichkeiten sich zu verbreiten. Im Gegenzug sind Industrieländern nur selten betroffen, auch Auslandsreisende aus Industrieländern sind i.d.R. kaum bis gar nicht gefährdet.

NTDs sind eigentlich vermeidbar, behandelbar und kontrollierbar, ggf. ist sogar Ausrottung möglich. Sie treten i.d.R. endemisch in 149 Ländern der Welt auf, oftmals Länder, die zur unteren und mittleren Einkommensgruppe zählen. Gleichzeitig leiden mehr als 1,7 Milliarden Menschen an vernachlässigten Tropenkrankheiten und nochmals 3.000.000.000 Menschen zählen zur Risikogruppe hinsichtlich des Erkrankens an einer NTDs. Beachtlich ist zum Beispiel, dass etwa 20 % der Weltbevölkerung ist mit sog. Boden-übertragenen Helminthen infiziert sind oder dass ca. 35 % der Krankheitslast afrikanische Ländern südlich der Sahara betreffen.

Die vernachlässigten Tropenkrankheiten tragen ihren Namen vor allem, weil sie in den reichen, meist westlichen Ländern, keine Relevanz haben und damit nur wenig finanzielle Mittel in die Forschung und Behandlung fließen. Nur 0,6 % der Mittel für die öffentliche Entwicklungshilfe und nur 10 % der weltweiten medizinischen Forschungsmittel für die Entwicklung von entsprechenden Testverfahren, Medikamenten und Impfstoffen entfallen auf den Bereich der NTDs (bis jetzt kaum wirkungsvolle Medikamente vorhanden). Beide Zahlen schockieren noch mehr, wenn man versteht, dass 90 % der vermeidbaren Todesfälle durch vernachlässigte Tropenkrankheiten in Entwicklungsländern auftreten und es jedes Jahr zu einem wirtschaftliche Schaden für die betroffenen Entwicklungsländer in Höhe mehrerer Milliarden US-Dollar kommt. Zusätzlich sterben jährlich ca. 500.000 Menschen direkt oder indirekt durch NTDs. Neben diesen Folgen führen die vernachlässigten Tropenkrankheiten zu einer Vielzahl von chronischen Beschwerden oder Behinderungen, aber es kommt oft auf zu Arbeitslosigkeit, Stigmatisierung und Diskriminierung der betroffenen Personen. Vielfach sind auch Kinder betroffen, sodass diese kaum oder auch gar nicht in der Lage sind zur Schule zu gehen.

Man kann die vernachlässigten Tropenkrankheiten als mit Fug und Recht als „Krankheiten der Armut“ bezeichnen. Jedoch wird oft von den reichen Industrieländern vergessen, dass die Verbreitungen der vernachlässigten Tropenkrankheiten von vielen Faktoren abhängig sind, die mehr und mehr dafür, dass diese auch in unseren Breitengraden auftreten. Zu diesen Faktoren zählen z.B.

  • Klimawandel/-krise
  • weltweite Krisen, Naturkatastrophen, Kriege oder politische Instabilitäten mit großen Fluchtbewegungen
  • zunehmende Mobilität/Migration

Bezugnehmend auf die Klimakrise konnte man beobachten, dass die Erkrankungsfälle, die sonst eher in den ländlichen Regionen der Entwicklungsländer auftraten, vermehr auch in den städtischen Bereichen, aber auch im Mittelmeerraum & Südeuropa beobachtet wurden (z.B. Sandfliege als Überträger der Leishmaniose). Darüber hinaus sind z.B. die infizierten Stechmücke der Gattung Aedes, welche das Dengue-Virus übertragen, in den bergigen Regionen der Entwicklungsländern mit Höhen von bis 1.500 – 1.800 Metern zu finden. Aber auch bei uns in Deutschland gibt es ähnliche Beobachtungen. Das West-Nil-Virus, mit einem ähnlich Übertragungsweg wie Chikungunya oder Dengue, wird seit 2018 regelmäßig auch in Deutschland gefunden. Weitere Beobachtungen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von NTDs in Verbindung mit dem Klimawandel sind z.B.:

  • Bilharziose-Herden in Korsika
  • Chikungunya-Fieber in Süditalien
  • Leishmaniose-Fälle in Deutschland
  • Dengue-Fieber in Südfrankreich, Kroatien, Griechenland und Madeira
besonders betroffen Gebiete (dunkelrot und rot), weniger betroffene Gebiete (beige)
©dNTDs

Lösungswege zur Bekämpfung der NTDs

Wie zuvor schon erwähnt hat man mit der „London Declaration on Neglected Tropical Diseases“ und dem aktuellen „Fahrplan“ der UN zur Bekämpfung/Eindämmung der NTDs für den Zeitraum 2021 bis 2030 versucht den richtigen Weg einzuschlagen und die ersten Ergebnisse sind auch schon sichtbar. In 42 Ländern weltweit konnte seit 2010 mindestens eine vernachlässigte Tropenkrankheit ausgerottet werden und somit benötigen mehr als 600.000.000 Menschen keine Behandlung mehr gegen NTDs, das sind 2/3 der Betroffenen, welche von den Präventionsmaßnahmen profitiert haben.

Gleichzeitig gibt es aber auch Rückschläge, die von großer Relevanz im Kampf gegen die NTDs sind. So sind laut Schätzungen nach der Streichung von Mitteln in Höhe von 170.000.000 € durch die britische Regierung ca. 270.000.000 Behandlungen mit Medikamenten und 180.000 Operationen nicht mehr zu realisieren, die in etwa. 200.000.000 Menschen weltweit geholfen hätten.

Zu den wichtigsten Lösungsansätzen zur Dezimierung bzw. Ausrottung der vernachlässigten Tropenkrankheiten und ihrer Folgen gehören z.B.:

  • verbesserte Ausbildung im medizinischen Bereich weltweit, v.a. aufgrund der wandernden Gefahr der NTDs
  • innovatives und verstärktes Krankheitsmanagement, auch im Bereich der veterinärmedizinischen öffentlichen Gesundheit aufgrund der Gefahr durch tierische Vektoren (z.B. umfangreiche Expositionsprophylaxe der Bevölkerung)
  • Intensivierung der Koordination und effizientere Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene mit Hilfe von privaten und öffentlichen Organisationen
  • Bereitstellung von sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und Hygienemöglichkeiten/-materialien
  • Investitionen zur Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme der betroffenen Länder (z.B. besserer Zugang zu Therapie- und Diagnosemöglichkeiten, verstärkte Informations- und Aufklärungskampagnen
  • Investitionen zum Ausbau der Kapazitäten zur Überwachung von
    Patienten, Vektoren, Pathogenen und tierischen Erregerquellen (Monitoring)
  • Förderung von Forschungskooperationen und Technologietransfer sowie Stärkung der Grundlagenforschung (v.a. bzgl. Biologie der Erreger, den Übertragungsvektoren, zur Wirtsreaktion und zu Wechselwirkungen mit anderen Krankheiten)
  • Untersuchung des gesamten Ausmaßes wirtschaftlicher Auswirkungen von NTDs auf
    Menschen, Haushalte und Nationen, zur effektiveren und gerechteren Gestaltung der Maßnahmen
  • Entwicklung und Bereitstellung erschwinglicher & zugänglicher Therapien, welche auch für pädiatrische Patient*innen einsetzbar sind (Schaffung neuer und Stärkung vorhandener Anreize für Wirtschaft und Wissenschaft)
  • Bestimmung von Verhaltensweisen und Rahmenbedingungen, die das NTD-Erkrankungs-oder Verschlimmerungsrisiko erhöhen sowie Ableitung weiter Präventionsmaßnahmen
  • Verbesserung der Bildungs- und Einkommenssituation im Sinne eines umfassenden Ansatz
  • Eindämmung des Klimawandels bzw. Abwendung der Klimakrise zur Eindämmung der Auswirkungen des Klimas auf die Verbreitung von NTDs

Ziel all dieser Maßnahmen ist die Umsetzung der „Kigali Declaration on Neglected Tropical Diseases (NTDs)“ aus dem Juni 2022 mit den Hauptzielen der Senkung aller Infektionen um 90 % sowie bis 2030 in 100 Ländern mindestens eine NTD zu beseitigen, zwei NTDs vollständig auszurotten und Anzahl der krankheitsbedingt verlorenen gesunden Lebensjahre (DALY) um 75 % zu senken.

Welche vernachlässigten Tropenkrankheiten gibt es?

In den letzten Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation um die 20 Krankheiten in die Prioritätenliste für vernachlässigte Tropenkrankheiten aufgenommen. Unter diesen rund 20 Krankheiten gibt die sogenannten „Big Five“, welche für etwa 90 % der gesamten Erkrankungen verantwortlich sind. Die „Big Five“ sind die folgenden Tropenkrankheiten:

  • lymphatische Filariose („Fadenwurmbefall“), ca. 110.000.000 Infizierte weltweit
  • Onchozerkose („Flussblindheit“), ca. 20.000.000 – 30.000.000 Betroffene weltweit
  • Trachom („Körnerkrankheit“), ca. 500.000.000 Betroffene weltweit
  • Schistosomiase („Bilharziose“), ca. 250.000.000 Betroffene weltweit
  • Parasitose durch Boden-übertragene Wurmerkrankungen (Geohelminthen), mehr als 1,7 Milliarden Betroffen weltweit

lymphatische Filariose („Fadenwurmbefall“)

  • Erkrankung, die v.a. das Lymphsystem beeinträchtigt
  • durch Wuchereria bancrofti, Brugia malayi und Brugia timor hervorgerufen
  • Auftreten v.a. in den Tropen und Subtropen in Asien, auf den pazifischen Inseln sowie in Afrika, Südamerika und der Karibik
  • Symptomatik
    • in Endemiegebieten i.d.R. nur asymptomatische Mikrofilariämie, Mikrohämaturie & Proteinurie
    • in Endemiegebieten ggf. auch Dermatolymphangioadenitis (ADLA): Fieber, Schüttelfrost, Myalgien, Kopfschmerzen sowie ödematöse, gut abgrenzbare Plaques, Blasenbildung, Ulzerationen und Hyperpigmentation
    • akute Adenolymphangitis (ADL): hohes Fieber, Lymphangitis, Lymphadenitis und transiente, lokale Ödeme
    • im Verlauf bei Zerstörung der Lymphgefäße: lymphatische Obstruktion mit bleibenden Schäden und Elephantiasis sowie Entzündungen und Schwellungen des Hodens, des Nebenhodens und Samenstränge, Wasserbrüche in den Hoden und Lymphödeme des Hodensacks

Onchozerkose („Flussblindheit“)

  • hervorgerufen durch Infektion der Augenhornhaut durch Larven von Fadenwürmern übertragen durch die Kriebelmücke (Filarieninfektion)
  • führt bei bei ca. 10 % der Betroffenen zur unheilbaren Erblindung durch Absterben der Würmer und den daraus resultierenden Entzündungen
  • weltweit rund 30.000.000 Menschen infiziert (> 99 % in Afrika)
  • Symptomatik
    • leichte, chronisch-entzündliche Hautveränderungen (Juckreiz & papulöser, generalisierter Hautausschlag, lokalisierte Ekzeme mit Hyperkeratose, Hautschuppung und Pigmentveränderungen sowie sichtbare, palpable, feste, subkutane Knoten; bei chronischer Infektion: übermäßige, vorzeitige Faltenbildung der Haut mit Hypo-/Hyperpigmentierung (Leopardenfellmuster)
    • Konjunktivitis mit Photophobie als frühes Zeichen –> akute Entzündungsreaktion mit punktförmiger Keratitis –> sklerosierende Keratitis oder Uveitis anterior & Iridozyklitis sowie ggf. (Optikus)Atrophie & Hyperpigmentierung des retinalen Pigmentepithels)
    • häufig Lymphadenopathie, v.a. im inguinalen und femoralen Bereich, ggf. mit Hernienbildung
    • Kachexie
    • Zwergwuchs (Nakalanga-Syndrom bei Befall der Hypophyse)
    • Epilepsie (Nickkrankheit)

Trachom („Körnerkrankheit“, „ägyptische Augenkrankheit“)

  • chronisch-follikuläre Bindehautentzündung (Konjunktivitis)
  • hervorgerufen durch den Erreger Chlamydia trachomatis (Serotyp A, B, Ba, C)
  • durch wiederholte Entzündungen kommt es zu Bindehautvernarbung, Trichiasis, Lichtscheu, Brennen, Tränenfluss, Ausfluss von Sekret, Fremdkörpergefühl im Auge und schlussendlich zur Hornhauttrübung und Blindheit
  • Übertragung meist durch Schmierinfektion, aber auch über Fliegen
  • Symptomstadien
    • McCallan I: beidseitige, unspezifische Bindehautreizung mit Fremdkörpergefühl, seröser Sekretion und Epiphora
    • McCallan II: gelblich-weiße, avaskuläre, leicht erhabene Lymphfollikel an der tarsalen Bindehaut des Oberlids (rauher Aspekt), Ptosis trachomatosa, Pannus trachomatosus
    • McCallan III: Einschmelzen und Platzen der Lymphfollikel, Beginn der Narbenbildung
    • McCallan IV: Narbenentropium, Trichiasis, Hornhauterosionen, Hornhautulzerationen
    • McCallan V: Lagophthalmus (unvollständiger Lidschluss), reduzierter Tränenfluss, porzellanartige Hornhautnarbe

Schistosomiasis („Bilharziose“)

  • nach Malaria die zweithäufigste parasitäre Tropenerkrankung weltweit
  • Erreger ist Saugwurm (Schistosoma/Pärchenegel) aus der Gruppe der Plathelminthen (Plattwürmer), der sich von menschlichen Blut ernährt
  • Infektion erfolgt durch Kontakt mit Süßwasser, wo sich die Larven in Süßwasserschnecken entwickeln
  • geht oft mit einer Infektion durch weitere Parasiten einher
  • steht an erster Stelle bzgl. verlorener Lebensjahre durch vorzeitigen Tod bzw. Behinderung
  • Unterscheidung in
    • urogenitale Schistosomiasis („Blasenbilharziose“)
    • intestinale Schistosomiasis („Darmbilharziose“)
    • hepatolienale Schistosomiasis (Befall von Milz & Leber)
  • Symptomatik
    • ggf. initial wechselnd stark ausgeprägte Hautreaktion mit Juckreiz und Entzündung
    • akute Schistosomiasis nach 3 – 10 Wochen: Fieber, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Husten, Abgeschlagenheit und allergische Reaktion wie Urtikaria, Ödenbildung & Quaddelbildung bis hin zur Extremform, dem Katayama-Syndrom/-Fieber
    • Katayama-Syndrom/-Fieber: Fieber, Schüttelfrost, Husten, Übelkeit, Bauchschmerzen, Krankheitsgefühl, Myalgien, Urtikaria und einer ausgeprägten Eosinophilie

Parasitose durch bodenübertragene Geohelminthen (Trichuriose, Ascariasis)

  • laut Schätzungen jeder vierte Mensch weltweit mit parasitären Würmern infiziert
  • Würmer sind in spezifischem Entwicklungsstadium von Bodenumgebung abhängig
  • Ascariasis
    • Befall des Darmes mit Ascaris lumbricoides (Spulwurm)
    • Durchseuchung in der 3. Welt beträgt bis zu 90 %
    • laut CDC ca. 0,8 – 1,2 Milliarden Menschen mit Ascaris lumbricoides infiziert
    • Symptome: i.d.R. asymptomatisch; initial Fieber, Husten & leicht blutiges Sputum, dann unspezifische Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Diarrhoe, Erbrechen & Malabsorption sowie ggf. Dünndarmobstruktion mit Ileus oder Volvulus und Pankreatitis, akute Cholezystitis, Leberabszesse, Appendizitis, Dünndarmperforation & Löffler-Syndrom (Lungenbefall mit Fieber, Husten, Asthma und Eosinophilie)
  • Trichuriose durch Trichuris trichiura
    • Trichuris trichiura gehört zur Gattung der Trichuridae (aphasmidische Fadenwürmer)
    • Befall von Kolon sowie ggf. auch Rektum, Appendix oder unteres Ileum
    • Symptome: i.d.R. asymptomatisch; Anämie, abdominelle Beschwerden, Gewichtsverlust, blutige oder schleimige Diarrhoe sowie bei Kindern ggf. Rektumprolaps und/oder Wachstumsverzögerungen

Buruli-Ulkus

  • betroffen sind v.a. Kinder (ca. 50 % der Betroffenen sind < 15 Jahre), i.d.R. in sumpfig-feuchten Gebieten West- & Zentralafrikas
  • jährlich ca. 5000 – 6000 berichtete Fälle aus 15 der 33 endemischen Länder
  • ausgelöst durch das Lepra-Bakterium verwandte, „Mycobacterium ulcerans“, welches über Giftstoff (Mycolactone) Haut und Gewebe bis auf die Knochen zerstört
  • Übertragungsweg bis heute nicht abschließend bekannt (Vermutung, dass über Insekten, welche Wasser zum Leben benötigen, Krankheit übertragen)
  • gleichzeitige Unterdrückung von Immunabwehr sowie Schmerzempfinden
  • initial kleine, nicht schmerzende Knoten oder Verhärtungen unter der Haut, im Verlauf aufgrund der Schmerzlosigkeit oftmals spät entdeckte schon große Ulzera
  • Erkrankung prinzipiell heilbar und verläuft nur sehr selten tödlich (gute und einfache Therapie jedoch nicht vorhanden)
  • Spätfolgen sind Amputationen sowie Versteifung eines Gelenks infolge der Verkürzung von Muskeln und Sehnen auf der Grundlage der Narbenbildung

Chagas-Krankheit

  • in Süd- und Mittelamerika verbreitete, potenziell tödliche Infektionskrankheit
  • 8.000.000 Betroffene weltweit
  • hervorgerufen durch Parasiten Trypanosoma cruzi, welche über Raubwanzen übertragen werden
  • benannt nach dem brasilianischen Entdecker Carlos Chagas
  • initial oft Schwellung an Bissstelle, später Fieber, Bauchschmerzen, Durchfall & geschwollene Lymphknoten
  • bei Neugeborenen und Kleinkindern oft tödliche endende Herzmuskel- oder Gehirnhautentzündung möglich
  • Sistieren der Symptome nach ca. 4 Wochen, Infektion befällt und schädigt jedoch weiter die Herzmuskelzellen sowie andere wichtige Organe (z.B. Verdauungstrakt)
  • für weitere Informationen siehe Zusammenfassung der Leitlinie „Screening, Diagnose, Behandlung und klinischem Management der Chagas-Krankheit in Deutschland“ der Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (2022)

Dengue-Fieber & Chikungunya (Flaviviren)

  • Übertragung über Stechmücken, v.a. Aedes aegypti
  • ca. 400.000.000 Neuinfektionen pro Jahr im Hellfeld sowie etwa 4.000.000.000 bedrohte Menschen v.a. in tropischen und subtropischen Ländern
  • meist grippeartige Symptome, in schweren Fällen (hämorrhagische Form) mit inneren Blutungen (Dengue) beziehungsweise starken Knochen- und
    Gelenkbeschwerden, teils mit chronischem Verlauf (Chikungunya)

Echinokokkose

  • Übertragung erfolgt über Weitergabe von Parasiteneier über den Stuhl von Hunden, Füchsen und anderen Fleischfressern (keine Übertragung durch infizierte Menschen)
  • ca. 1.000.000 Betroffene weltweit
  • typische Symptome bzw. typischer Verlauf
    • zystische Echinokokkose (betrifft v.a. Leber & Lunge; Übertragung durch Hunde): Bauchbeschwerden, Übelkeit/Erbrechen & Atemnot
    • alveoläre Echinokokkose (Übertragung durch Fuchs): Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Leberversagen; unbehandelt mit tödlichem Verlauf

lebensmittelbasierte Trematodeninfektionen

  • Übertragung der Saugwürmer (Egel, Trematoden) durch den Verzehr von rohen oder unzulänglich erhitzten Süßwasserfischen, Krustentieren oder Wasserpflanzen
  • Vorkommen v.a. in tropischen Ländern und Gegenden mit schlechten hygienischen Verhältnissen vor (z.B. Asien)
  • ausgewachsene, wenige Zentimeter lange, flache Würmer besiedeln je nach Art Gallengänge, Lunge oder den Darm und verursachen dort erhebliche Entzündungen mit der Gefahr einer dauerhaften Schädigung
  • i.d.R. keine oder nur leichte Symptome; Symptomatik bei schwerer Infektion: Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber, Malabsorption oder Ileus

Dracontiasis

  • Erreger: Dracunculus medinensis
  • Übertragung erfolgt Aufnahme von infizierten Wasserflöhen mit unsauberem Wasser
  • typische Symptome sind Geschwüre vor allem im Bereich der Beine, sehr starke Schmerzen, Fieber sowie das Risiko von Sekundärinfektionen beim Versuch den Wurm zu entfernen

Kala-Azar (Leishmaniose der Eingeweide)

  • Übertragung erfolgt durch blutsaugende Sandmücken
  • etwa 12.000.000 Betroffene weltweit (90 % v.a. in Indien & Brasilien) sowie ca. 350.000.000 Menschen, die unter dem Risiko einer Infektion leben
  • typische Symptome bzw. typischer Verlauf
    • Hautleishmaniose (kutane) („Orientbeule“): Geschwüre, i.d.R. spätere Narbenbildung
    • innere Leishmaniose (viszerale) („Kala azar“): Vergrößerung von Leber & Milz, Gewichtsverlust, Fieber und hohe Sterblichkeitsrate, v.a. in Entwicklungsländern
  • Leishmaniose-Infektionen kommen weltweit vor, sowohl bei Menschen als auch bei Tieren, zumeist bei Nagetieren. Die Leishmania-Parasiten werden durch blutsaugende Sandmücken auf Säugetiere übertragen. Sie können selbstheilende Hautläsionen hervorrufen, als Orient-Beule bekannt, sowie große trockene und nicht heilende Hautgeschwüre. Die viszerale (innerliche) Leishmaniose (Kala-Azar) ist unbehandelt fast immer tödlich.
  • Die WHO schätzt, dass derzeit mehr als 12 Millionen Menschen infiziert sind und sich jedes Jahr mehr als 1 Million Menschen neu infizieren. In Nordafrika und im Nahen Osten und insbesondere in Syrien ist die Hautleishmaniose besonderes weit verbreitet, während die europäische viszerale Leishmaniose vorwiegend Hunde befällt und in der Regel nur bei immungeschwächten Menschen zu Erkrankungen führt. So gilt die Leishmaniose als wichtige Komplikation bei HIV-Infektionen, da beide das menschliche Immunsystem fehlleiten. Dies begünstigt sowohl die HIV-Infektion als auch die Leishmaniose und erschwert eine Behandlung der Leishmaniose deutlich.

Lepra

  • Übertragung durch Tröpfcheninfektion und Kontakt mit verletzter Haut
  • ca. 250.000 neu infizierte Menschen pro Jahr, v.a. in Indien und Brasilien
  • typische Symptome sind Nervenschäden, chronische Behinderung durch Verstümmelungen, Blindheit sowie final Tod durch Sekundärinfektionen

Myzetom bzw. Treponematosen (Frambösie)

  • Übertragung von Mycobacterium leprae durch Hautkontakt mit Infizierten, indirekt über Kontaminationen, eventuell mechanische Insektenübertragung
  • unklare Anzahl an Infizierten und Bedrohten weltweit (jährlich 10.000 Fälle in Ghana, Papua Neu-Guinea etc.)
  • typische Symptome sind Hautverletzungen und Abszesse

nekrotisierend-ulzeröse Stomatitis (Noma, „Wangenbrand“)

Tollwut

  • ausgelöst durch „Rabies“-Virus mit Übertragung durch Hundebiss in 99 % der Fälle
  • > 15.000.000 Verdachtsfälle jährlich und circa 55.000 Tote (99 % davon in Entwicklungsländern, v.a. Indien)
  • typische Symptome sind initialer Sensibilitätsverlust an Bisswunde, Lähmungen, Angst, Verwirrtheit, Halluzinationen und Schlaflosigkeit
  • Erkrankung verläuft immer tödlich
  • für weitere Informationen siehe Beitrag zum „Welt-Tollwut-Tag (28.09.)

Krätze und andere durch Ektoparasiten ausgelöste Hauterkrankungen

  • Übertragung der Krätzmilben (Sarcoptes scabiei) als Erreger erfolgt über
    • direkten (auch kurzen) Hautkontakt
    • Hautschuppen in Wäsche, Betten etc.
  • weltweit ca. 130.000.000 Infizierte
  • Hauterkrankung mit heftigem Juckreiz, juckenden Knötchen oder Papeln, entzündlichen Hautveränderungen und aufgekratzten Hautstellen

afrikanische Trypanosomiasis (Schlafkrankheit)

  • Übertragung von Trypanosoma brucei gambiense und rhodesiense durch blutsaugende Tsetse-Fliegen
  • 70.000.000 unter Risiko lebende Menschen sowie jährlich vermutlich 15.000 Infektionsfälle
  • typische Symptome sind eine fortschreitende ZNS-Schädigung mit Kopfschmerzen, Delirium und Koma
  • Erkrankung verläuft unbehandelt tödlich

Taeniasis/Zysticercosis (Bandwurminfektionen)

  • Taeniasis
    • Bandwurmerkrankung ausgelöst durch Taenia saginata (Rinderbandwurm), Taenia solium (Schweinebandwurm) und Taenia asiatica (Asiatischer Bandwurm)
    • Übertragung erfolgt oral, meist über die Nahrung oder Wasser
    • typische Symptome: Wechsel zwischen Obstipation & Diarrhoe, ggf. Bauchschmerzen, Heißhunger/Appetitlosigkeit, Pruitus, Eosinophilie, Ileus, Embolien sowie ggf. Appendizitis, Cholezystitis oder Pankreatitis
  • Zysticercose (Infektion mit Schweinebandwurm)
    • parasitäre Erkrankung, verursacht durch Schmutzinfektion mit Larven des Schweinebandwurms Taenia solium
    • Auftreten v.a. in Madagaskar, Reunion, Lateinamerika, Haiti, aber auch Spanien, Portugal und Mitteleuropa
    • Zystizerken greifen v.a. das Gehirn an und versursachen dort einen erhöhten Hirndruck mit neurologischen Ausfälle und/oder zerebralen Krampfanfälle (Auge, Muskel oder Unterhautgewebe andere typische Befallsorte)
    • Therapie medikamentös mit Albendazol oder Praziquantel oder chirurgisch möglich

Vergiftung durch Schlangenbisse oder Insektengift

  • jährlich erkranken etwa 1,8 – 2,7 Millionen Menschen ernsthaft an Schlangenbissverletzung
  • ca. 95.000 Tote und etwa 300.000 Menschen mit chr. Behinderung jährlich
  • typische Symptome sind allergische Reaktionen, Gerinnungsstörungen, Atemwegseinschränkungen, Lähmungen durch Nervengifte (Neurotoxine), Infektionen der Bisswunde, Hautnekrosen mit Narbenbildung/Kontrakturen, Erblindung (bei Speischlangen)
  • Der Zusammenhang zwischen Armut und Vernachlässigten Tropenkrankheiten ist bei Schlangenbissvergiftungen besonders augenfällig. Im Gegensatz zu vielen anderen schweren Erkrankungen gibt es hochwirksame Behandlungsmöglichkeiten: nämlich Gegengifte. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO wären die meisten Todesfälle vollständig vermeidbar, wenn sichere und wirksame Schlangenantivenome besser verfügbar und zugänglich wären. Mit ihnen können die meisten Symptome infolge von Schlangenbissen verhindert oder rückgängig gemacht werden. Sie sind in der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgeführt und sollten Teil jeder medizinischen Grundversorgung bei Schlangenbissen sein.
  • Die WHO schätzt, dass jedes Jahr etwa 5,4 Mio. mal Menschen von Schlangen gebissen und davon in 2,7 Mio. Fällen vergiftet werden. Bis zu 140.000 der Opfer sterben an den Folgen der Schlangenbisse, etwa dreimal so viele werden versehrt.
  • Schlangenbisse können zu Blutungen und Lähmungen führen, die Atmung behindern, Gewebeschäden, Nierenversagen, bleibende Behinderungen und Amputationen von Gliedmaßen verursachen. Hinzu kommen oftmals Stigmatisierung, gesellschaftliche Ausgrenzung und in der Folge psychische Erkrankungen.

Quellen

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